Rudolf Carnap an Otto Neurath, 19. Juli 1939 Juli 1939

Lieber Neurath:

Monograph Series: Wenn diese Reihe auch in gewissem Sinne die alte Sammlung „Einheitswissenschaft“ fortsetzt, so meine ich, sollten wir uns doch nicht irgendwie in dem Umfang der neuen Hefte durch die alte Sammlung binden lassen. Ich habe Bedenken, daß wir nicht bei 70 Seiten schon Doppelhefte beginnen sollen, sondern möchte auf meinen früheren Vorschlag zurückkommen, 50 bis 80 Seiten als Normalumfang eines Einzelheftes anzusehen. Eventuell sogar ein wenig mehr, sodaß z. B. Gomperz noch ein Einfachheft sein würde. Morris ist auch dieser Ansicht, wie er Dir ja schrieb. Hefte unter 50 Seiten sollten wir im allgemeinen überhaupt lieber nicht veröffentlichen. Ich möchte auch vorschlagen, den Titel der alten Sammlung nicht so in den Vordergrund zu rücken, also auch nicht dreisprachig zu machen, sondern die alte stillschweigend in die neue Sammlung aufgehen zu lassen und der neuen Sammlung nur den einen Namen in englischer Sprache zu geben.

Zilsel fragt an, ob er als Vortragender auch den Kongreßbeitrag von $ 5.00 zahlen muß. In der Regel ist das natürlich der Fall, aber könnten wir vielleicht für Emigranten und andere Leute, die noch keine Stellung haben, erlauben, daß sie den Studentenbeitrag von $ 1.50 zahlen?

Journal: Im „Journal of Symbolic Logic“ hat Stockum eine Anzeige des Journal in deutscher Sprache, obwohl das JSL hauptsächlich in Amerika verbreitet wird. Bitte, rege an, daß er in englischen Zeitschriften in englischer Sprache anzeigt und daß er ferner auch die University of Chicago Press als Agent für das Journal angibt.

Einige wissenschaftliche Zeitschriften veröffentlichen zu jedem Aufsatz eine kurze Inhaltsangabe von wenigen enggedruckten Zeilen bis höchstens etwa eine Viertelseite bei längeren Aufsätzen, die direkt unter dem Titel stehen. Das wird von allen Lesern als sehr angenehm empfunden. Ich möchte vorschlagen, daß wir von allen Autoren ein solches Abstract in beliebiger Sprache verlangen, das wir aber dann nur in Englisch veröffentlichen.

Abstract für Kongreß: Ich will meinen Vortrag nennen: „Science and Analysis of Language“. Ich schicke das Abstract gleichzeitig. Es ist ja leider sehr spät, aber ich hoffe, es kann doch noch bis zum Kongreß gedruckt werden. Soeben habe ich ein Abstract von Goldstein bekommen (ohne Titel), 🕮 das ich gleichzeitig mitschicke. Vielleicht siehst Du es Dir auch von dem Gesichtspunkte aus an, ob Goldstein für das Biologieheft der Enc[yklopedia] in Betracht kommt. Mir kam diese Idee; ein flüchtiger Blick in die ersten Seiten dieses Ms., wo er die Unmöglichkeit betont, mit der analytischen Methode wie in der Physik auch in der Biologie durchzukommen, macht mich ein wenig bedenklich.

Für die Bibliothek Deines Institutes bestelle ich jetzt bei Kegan Paul ein Exemplar von „Logical Syntax“.

Heinz macht in einem Brief geheimnisvolle Anspielungen, die mir nicht ganz klar sind. Er bedankt sich für eine Serie von Sonderdrucken und schreibt, daß er für solche immer dankbar ist, da er schlecht Bücher vom Ausland beziehen kann. Ich habe ihm aber in der letzten Zeit höchstens einen Sonderdruck geschickt. Ist das vielleicht eine Anspielung darauf, daß er von mir die ganze Reihe der Enc[yclopedia] etwa geschickt haben möchte, vielleicht in Verrechnung gegen ein dort erschienenes Buch, das ich mir von ihm habe schicken lassen? Oder bekommt er die Encyclopedia ohnehin als früherer Stifter?

Wann kommt die erste Nummer des Journals heraus?

Wann kommst Du herüber und was ist zunächst Deine Adresse?

Wir sind bis 24. August in Chicago.

Semantik-Hefte sollen erst im Herbst geschrieben werden.

Mit herzlichen Grüßen‚

Dein
Carnap

Brief, msl., 2 Seiten, ON 222 (Dsl. RC 102-53-09); Briefkopf: gedr. Rudolf Carnap\,/\,Department of Philosophy\,/\,University of Chicago und Chicago, Illinois, msl. ergänzt durch 19. Juli 1939.


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