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Lieber Neurath!
Besten Dank für den Rembrandt-Sonderdruck und viele Briefe; der letzte ist vom 2. November. In den nächsten Tagen reisen wir ab, über Berkeley (Brunswik, Næss, Tolman, Lenzen), Los Angeles (Reichenbach, Gomperz), dann lange Fahrt nach Chicago; etwa Weihnachten dort. Inzwischen wird einiges von Chicago nachgeschickt. Vor einiger Zeit waren Brunswiks und Næss hier, vor kurzem Frank einige Tage. Erstaunlich und erfreulich, daß selbst in diesem stillen Nest am Stillen Ozean so viel Kontakt mit der Welt existiert.
Auf Deinen Wunsch habe ich etwas für das FORUM geschrieben, schicke es gleichzeitig an Helmer, der wird es Dir korrigiert weiterschicken. „Empiricism and the Language of Science“. Es ist nicht speziell über bedingte Definition (Reduktion), weil das zu technisch wäre. Auf Anregung von Morris habe ich einen Auszug aus „Testability and Meaning“jetzt verwertet, den ich mal für einen Vortrag gemacht hatte.
Nagel schreibt, daß er den von Dir jetzt vorgeschlagenen Titel „Problems of Probability“nicht liebt. Könnten wir nicht seinen früheren Titel „Experience and Probability“beibehalten, von dem er sagt, daß Du ihn selbst vorgeschlagen habest oder, wie Morris vorschlägt, „Foundations of the Theory of Probability“? Dieser Titel hätte den Vorzug der Gleichartigkeit mit den übrigen.
Es ist natürlich gut, wenn das Erscheinen der Enzyklopädiehefte nach Möglichkeit beschleunigt wird. Ich möchte aber dringend anregen, daß die Eile auf keinen Fall auf Kosten der Qualität gehen darf. Du hast Woodger so gedrängt, gleich nach dem Schreiben seines Abstrakts auch schon den Text zu schreiben, daß er meine Bemerkungen (und vielleicht auch die anderer) überhaupt nicht mehr hat berücksichtigen können. Ferner sagte mir Frank, daß er gewisse Bedenken zur Arbeit von Lenzen habe und sehr gern Bemerkungen zum Manuskript gemacht haben würde, aber erst Gelegenheit hatte, als die Arbeit schon im Druck war, sodaß er keine größeren Änderungen mehr vorschlagen konnte.
Zur Sammlung „Einheitswissenschaft“: Ich würde es für sehr wichtig halten, daß der holländische Verleger Verbindung mit einem amerikanischen Verleger, vielleicht der University of Chicago Press aufnimmt, so wie die englischen Verleger es haben, ohne das würde der Absatz in Amerika ziemlich behindert sein, und ich würde ohne das starke Bedenken haben, ein größeres Buch in englischer Sprache in die Sammlung zu geben (Springer hat mir geschrieben, daß er die Neuauflage meiner „Logistik“außerhalb der Schlicksammlung als besonderes Buch herausbringen möchte, und das wird wohl am besten sein; die University of Chicago Press ist bereit, eine englische Übersetzung zu bringen; vielleicht ließe sich aber ein Arrangement mit der „Einheitswissenschaft“machen). Hast Du Waismann’s MS schon in Händen? Wenn
Eben sehe ich Deinen Brief über Nagel’s Titel. Ich verstehe Deine Gründe gegen „Foundations“, glaube aber nicht, daß es geradezu irreführend sein würde. Andrerseits würde „Problems“so klingen, als würden gewisse Spezialprobleme diskutiert, während in Wirklichkeit eine Übersicht über die Grundlagenfrage gegeben wird.
Da Enriques abgesagt hat, so ist zu erwägen, ob wir nicht den Satz auf der dritten Umschlagseite, den wir nur ihm zuliebe hingesetzt hatten, streichen sollten. (Ein Rezensent aus dem Nagelkreis – ich glaube, es war Gruen – hat schon Anstoß daran genommen, wie Du vermutlich gesehen hast.)
Ich nehme an, daß wir von Santillana noch ein etwas ausführlicheres Abstrakt bekommen, bevor er den Text schreibt?
Da man bei Łukasiewicz nie sicher ist, wann er liefert, und ob er überhaupt jemals liefert, so wäre es wohl ratsam, ihn erstens noch einmal zu erinnern und zu fragen, ob und wann er das MS liefern wird; und zweitens zu überlegen, wer das Heft übernehmen kann, falls er es nicht liefert. Falls er, was zu fürchten ist, auf Anfragen und Mahnbriefe überhaupt nicht antwortet, muß man ihm ein energisches Ultimatum schreiben, daß, wenn wir nicht eine bestimmte Zusage mit Terminangabe bekommen, wir einen andern Autor nehmen müssen.
Vergiß nicht, mein Enzyklopädie-MS an Woodger zu schicken, sobald Du es gelesen hast.
Zilsel ist, wie er Dir wohl geschrieben hat, in London angelangt und will dort das amerikanische Visum abwarten.
Zu Deinem Brief vom 3. Okt.: Krampf und Werkmeister haben mir nicht geschrieben; ich nehme an, die Sache hat sich erledigt.
Rezensionen in unserer Zeitschrift. Ich möchte vorschlagen, daß Du von Zeit zu Zeit einen Rundbrief mit Angabe aller eingegangenen Bücher an den Kreis der Mitarbeiter verschickst, damit diese anmelden können, was sie besprechen wollen. Mir sind folgende beiden Bücher zugegangen:
Mittasch, Alwin, Katalyse und Determinismus. Ein Beitrag zur Philosophie der Chemie, J. Springer, Berlin, 1938.
Watson, David Lindsay, Scientists are Human (No. 6 „Library of Science and Culture“, C. A. Watts & Co. Ltd., London, 1938.
Durchschlag dieses Briefes geht an Morris.
Mit herzlichen Grüßen an Dich und Mieze‚
Dein
Carnap
Brief, msl., 3 Seiten, ON 221 (Dsl. RC 102-54-01); Briefkopf: msl. Carmel, den 28. Nov. 1938.