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Lieber Neurath!
Hiermit schicke ich Dir zwei Rezensionen (Cantor, Hilbert) für „Erkenntnis“. Ich habe schon seit Jahren ein schlechtes Gewissen darum. Mir liegt deshalb viel daran, daß sie noch in diesem Band der Erkenntnis erscheinen. Ich wäre Dir dankbar, wenn Du sie gleich zum Druck geben und dann in das letzte Heft einfügen würdest. Falls die Zeit schon drängt, laß die Korrektur an Hempel anstatt an mich schicken und bitte ihn, sie zu erledigen.
Vor einigen Tagen hab ich Dir mein Encyclopedia-MS geschickt. Ich war schon Mitte Sept. damit fertig, aber Ina war krank und konnte jetzt erst das Tippen beenden. Bitte vergiß nicht, es an Woodger zu schicken, sobald Du es gelesen hast. Wenn ich die Bemerkungen von Dir und Hempel dazu habe, werde ich es bearbeiten und dann das Englisch revidieren lassen. Willst Du es dann noch mal lesen, bevor es zum Druck gegeben wird? Es würde wohl Zeit sparen, wenn wir es gleich zum Druck geben; Du könntest ja, wenn nötig, noch bei der Korrektur Änderungsvorschläge machen.
Der Niedergang Europas ist schauerlich. Wir haben alles im Radio verfolgt. Ist es nicht zum Verzweifeln? Sie werden Spanien preisgeben, Palestina; sie werden Hitler groß und mächtig machen.
Eben las ich in der Zeitung, daß Beneš an unsre Univ[ersität] berufen worden ist und angenommen hat.
Nächstes Wochenende werden wir Brunswiks und Næssens hier haben. Mitte Nov. hoffen wir Frank hier zu haben. So sind wir hier in dem abgelegenen Nest am Pacific doch nicht von der Welt abgeschnitten. Ende Nov. werden wir abreisen, Anfang Dez. in Chicago sein.
An Zilsel (u. Familie) habe ich inzwischen Affidavit geschickt.
Herzliche Grüße
Dein
R. Carnap
Brief, msl., 1 Seite, ON 221 (Dsl. RC 102-54-05); Briefkopf: gedr. Rudolf Carnap\,/\,Department of Philosophy\,/\,University of Chicago und Chicago, Illinois, msl. Carmel, Cal., 20. Okt. 1938.