Ich bin nach wie vor für „THEORY OF BEHAVIOR AND ACHIEVEMENT“, aber will gern nochmals Literatur durchsehen. Schade, daß BrunswikPBrunswik, Egon, 1903–1955, öst.-am. Psychologe, seit 1937 verh. mit Else Frenkel-Brunswik zu konziliant war. Sonst hätte ich schon früher die Begründung der Terminologie begründet. Ich habe Bücher nach 1930 vor mir, in denen brav von Seele und Leib (PSYCHOLOGY and PHYSIOLOGY) die Rede ist usw., das wird durch den Terminus Theory of Achievement and Behavior sehr erschwert. Ich glaube, daß BrunswikPBrunswik, Egon, 1903–1955, öst.-am. Psychologe, seit 1937 verh. mit Else Frenkel-Brunswik die Situation zu rosig sieht. Moderne Bibliographen haben die MENTAL SCIENCES in USA als Gruppe in Vorschlag gebracht. Ich tendiere dahin, SOCIAL BEHAVIOR (was nicht mit Sozialpsychologie zusammenfällt) zu betonen, ebenso SOCIAL ACHIEVEMENT (was auch nicht mit Sozialpsychologie zusammenfällt). Warum willst Du da ein „Bremser“sein, um Deinen Terminus auf Dich anzuwenden!
ScholzPScholz, Heinrich, 1884–1956, dt. Philosoph greift mit seiner Metaphysik immer mehr um sich. Du hast wohl sein: DIE MATHEMATISCHE LOGIK UND METAPHYSIK in der Hand gehabt. In Deutschland empfindet man es bereits sonderbar, daß er quasi als unser Vertreter auftritt. Seine sonstige Haltung ist, sagen wir, „sonderbar“. Z. B. verlangte er, einen „Fassadenvortrag“in Cambridge zu halten‚ das hat ihm StebbingPStebbing, Susan, 1885–1943, brit. Philosophin nach Beratung mit mir um des Friedens willen zugestanden, obgleich wir ja gar keine Fassadenvorträge hatten (45 Minuten mindestens usw.). Dann aber wollte er Garantien haben, daß der Kongreß jenen Grad von Internationalität habe, daß er und seine Behörde es verantworten könnten, daß die Gruppe von Münster dort erscheine usw. usw. Ich habe ganz liebevoll gesagt, daß es ein schöner internationaler Kongreß sein werde, ob er den Anforderungen, die da gestellt würden, genüge, könne man schwer sagen usw. usw. Nun, er hat vorsichtshalber wegen Nicht-Erhaltens der Garantien abgesagt. (Es war sehr netter Kongreß und auffallend international, FRECHETPFréchet, Maurice, 1878–1973, fr. Mathematiker und HADAMARDPHadamard, Jacques, 1865–1963, fr. Mathematiker kamen zum ersten Mal.) Wir haben, wie ich schrieb, JØRGENSENPJörgensen, Jörgen@Jørgensen, Jørgen, 1894–1969, dän. Philosoph zum Vorsitzenden des Symbolikkomitees gewählt. Wir sollten BERNAYSPBernays, Paul, 1888–1977, dt.-schweiz. Mathematiker und QUINEPQuine, Willard Van Orman, 1908–2000, am. Philosoph zu 🕮 Vizevorsitzenden machen (für Amerika und Europa). Ich schrieb so ausführlich, weil Du, glaube ich, drüben weniger fühlst, wie sehr SCHOLZPScholz, Heinrich, 1884–1956, dt. Philosoph sich von uns abzugrenzen sucht und wie „hoheitsvoll“er sich verhält, wenn er mitteilt, daß unser Kongreß nicht zulänglich sei und es besser wäre, alle vier Jahre einen Kongreß zu haben, wie die Mathematiker usw. usw., wo dann wirklich wichtige Dinge besprochen würden usw. Er ist ganz fern von unserer „intimen“Verknüpftheit, die sich als wertvoll erweist.
Mein CAMBRIDGE Vortrag. Ich glaube, Du siehst da eine prinzipielle Sache nicht. Ich trete dafür ein, die Systematisierung in kleineren Einheiten zu beginnen und so weit irgend möglich auszudehnen. Aber ich finde es nicht gut, etwa Physikalische Wissenschaften abzutrennen und dann zu ihnen die Geologie zu rechnen, in der Pflanzen und Tiere vorkommen. Ich weiß nicht, ob man die KOSMOLOGIE heute schon unterteilen kann, wie Du etwa andeutest. Systematisierung muß nicht Pyramidismus sein – letzteres halte ich für eine voreilige Antizipation und nicht für ein Systematisierungsprinzip. Was meinst Du dazu?
Ich sehe – auf die Enzyklopädie werde ich besonders eingehen in Brief an Dich und Morris –, daß Du ENZYKLOPÄDISMUS als „Bremse“auffaßt, während ich darin das MAXIMUM an Systematisierung und Synthese sehe, das wir haben. Ich fürchte sehr, daß Du einen „Idealtypus“, oder wie man so was nennt, der Systematisierung vor Augen hast. Der MOTOR ist – so meine ich – die ORGANIZATION OF HUMAN KNOWLEDGE. Das beginnt mit Vereinigen, Aufzählen, Vereinheitlichen und auch Systematisieren. Ich kann aus Geschichte der Wissenschaften Serien von Beispielen bringen, wie kleinere Einheiten Erfolg sicherten und das antizipierende Systematisieren und Deduzieren schlimm waren.
CAMBRIDGE verlief ausgezeichnet‚cKsl. Kongreß. weil man so gemütlich beisammen war. Schade, daß so wenig Kontakt mit englischer Wissenschaft besteht. Aber die Cambridger Schule ist nicht beliebt bei den Wissenschaftern. Das wird man allmählich bessern. BlackPBlack, Max, 1909–1988, brit.-am. Philosoph, der doch noch vor einem Jahr gegen uns recht bissige Kritik gerichtet hat, scheint jetzt milder gestimmt zu sein. AyerPAyer, Alfred Jules, 1910–1989, brit. Philosoph sehr nett – leider nicht „wissenschaftlich“gerichtet, wenn er auch von HumePHume, David, 1711–1776, brit. Philosoph, LockePLocke, John, 1632–1704, brit. Philosoph usw. kommt, daher uns so nahestehend. Aber SCIENTIFIC COLLABORATION ist doch für uns so wichtig. KOKOSZYŃSKAPKokoszynska@Kokoszyńska-Lutman, Maria, 1905–1981, poln. Logikerin hat uns wieder recht kräftig angefallen, der polnische „Ontologismus“sitzt ihr stark im Blut, das kommt, via TwardowskiPTwardowski, Kazimierz, 1866–1938, poln. Philosoph, würde ich glauben, von BRENTANOPBrentano, Franz, 1838–1917, dt.-öst. Philosoph her. Man siehts bei KotarbińskiPKotarbiński, Tadeusz, 1886–1981, poln. Philosoph und in gewissem Ausmaß bei allen, anders geartet bei ŁukasiewiczPLukasiewicz, Jan@Łukasiewicz, Jan, 1878–1956, poln. Philosoph, sogar bei AjdukiewiczPAjdukiewicz, Kazimierz, 1890–1963, poln. Philosoph. Und jetzt muß immer die SEMANTIK als Sturmbock herhalten, um unsere Gesamtbestrebung zu demolieren. Sehr interessant und ganz meinen Erwartungen entsprechend. Auch bei SCHOLZPScholz, Heinrich, 1884–1956, dt. Philosoph wirken sich die unglückseligen Formulierungen aus, die vor allem durch TarskiPTarski, Alfred, 1901–1983, poln.-am. Mathematiker und Logiker und KokozyńksaPKokoszynska@Kokoszyńska-Lutman, Maria, 1905–1981, poln. Logikerin nach vorn gebracht wurden – das wird durch die Sauberkeit des KALKULS nicht wieder gut gemacht und durch keine Definition. So ists eben in der Welt. Na ja. Wichtig war der Kontakt in den Wahrscheinlichkeitsdiskussionen. HEMPELPHempel, Carl Gustav, 1905–1997, dt.-am. Philosoph, verh. mit Eva Hempel immer sehr gut. WAISMANNPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann versucht jetzt etwas mit uns Fühlung zu haben, andererseits drückt er seine Verehrung für WittgensteinPWittgenstein, Ludwig, 1889–1951, öst.-brit. Philosoph aus, den MoorePMoore, George Edward, 1873–1958, brit. Philosoph als seinen Nachfolger wünschen soll – relata refero. WittgensteinPWittgenstein, Ludwig, 1889–1951, öst.-brit. Philosoph scheint die ewigen Grundsätze des Traktatus sehr stark unseren Ideen angepaßt zu haben, was aber schwer feststellbar ist, weil ja die Braun- und Blaubücher sekret sind. Z. B. darf niemand eins der StebbingPStebbing, Susan, 1885–1943, brit. Philosophin zeigen …Na ja. Über RussellsPRussell, Bertrand, 1872–1970, brit. Philosoph Attacken erfuhren wir einiges durch AyerPAyer, Alfred Jules, 1910–1989, brit. Philosoph. GomperzPGomperz, Heinrich, 1873–1942, öst.-am. Philosoph, verh. mit Adele Gomperz wohl empiristisch bestrebt, doch immer etwas kantig uns gegenüber. Signifiker lebhaft beteiligt. Aber schwer zu formulieren, was sie wollen.
Bitte schick mir für UNITY OF SCIENCE FORUM über ein allgemein interessierendes Thema etwa 3 Seiten, vor allem aber bestell diese Publikation, sie kostet so wenig und sollte uns als monatliches Organ dienlich werden. 8 Seiten jedesmal ist wenig, aber doch förderlich. Bitte möglichst für die OKTOBER Nummer!