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Lieber Neurath:
Ich freue mich, daß die Sache mit der Zeitschrift gut vorwärts geht. Ich möchte aber nicht, daß die sehr wichtige Frage des Titels jetzt in Eile beschlossen wird. Da es ja noch jedenfalls Wochen dauern wird, bis alles unter Dach und Fach ist, so denke ich, wir sollten die Frage noch in Ruhe durch-diskutieren. Ich möchte Dir vorschlagen, dem Organisations-Komitee nicht nur Deinen Titelvorschlag mitzuteilen, sondern alle bisher überhaupt zur Diskussion gestellten Titel, und dann Meinungsäußerungen und eventuell neue Vorschläge zu erbitten. Sollte jedoch die Situation so sein, daß es notwendig ist, jetzt einen Beschluß zu fassen, so ermächtige ich Dich hiemit auch im Namen von Morris, den Titel „Unity of Science“zu nehmen. Wie ist das mit der Sprache gemeint? Einmal stellst Du den deutschen Titel voran, ein andermal den englischen. Ist es überhaupt nötig, den Titel in allen drei Sprachen zu schreiben? Morris und ich meinen, daß wir doch wohl am besten täten, Englisch als Hauptsprache für die Zeitschrift zu betrachten. Die Beiträge werden sicher meist in englischer Sprache sein, auch die aus unserem eigenen Kreise. Und ich glaube, es wäre am einfachsten, dann auch das Titelblatt und die redaktionellen Bemerkungen auf der Innenseite des Umschlages in Englisch zu schreiben. Trotzdem kann der internationale Charakter der Zeitschrift betont werden. Er ist ja auch deutlich zum Ausdruck gebracht, durch die internationale Zusammensetzung des Herausgeber-Komitees. Ich glaube nicht, daß Reichenbach diesmal irgend etwas an Deinem Vorgehen kritisieren wird, nötigenfalls kann ich Dir aber gewiß ein „Wohlverhaltens-Zeugnis“ausstellen.
Am 14. Mai habe ich Dir geschickt:
Zilsel, Abstract in 2 Exemplaren – eines habe ich hier behalten. Ich habe selbst keine Bemerkungen dazu zu machen. Ich habe es an Morris weitergegeben. Ferner: Rougier, Abstract; kam von Zilsel zurück.
Mein Heft: Ich erwarte noch genauere Bemerkungen von Dir. Vielleicht hast Du recht, daß ich besser mit der unzerlegten Masse „Logik und Mathematik“ anfange, anstatt mit einer bestimmten Abgrenzung für die Logik.
Ich möchte auch sehr gerne Kurt Grelling helfen in Verbindung mit der Meiner-Sache. Aber das bedeutet doch wohl nicht, daß Du Morris’ früheren Vorschlag wieder aufgreifst, daß die Herausgeber die
Inhalt der Zeitschrift: Ich bin auch dafür, daß der Cambridger Kongreß 1938 in der Zeitschrift erscheint, ferner die Vorträge von Bernays, Behmann und Scholz zur Symbolik (Paris 1937). Bevor Du die 3 Vorträge zum Druck gibst, solltest Du vielleicht die Autoren noch fragen, ob sie mit der Veröffentlichung in der vorliegenden Fassung einverstanden sind. Dagegen scheint mir, daß mein Vorentwurf von 1937 nicht veröffentlicht werden sollte. Denn die Diskussion in Paris hat ja gezeigt, daß die Mehrheit der maßgebenden Leute der Auffassung ist, daß die Zeit noch nicht reif ist, um einen bestimmten Symbolik-Vorschlag anzunehmen. Ich habe damals aus der Aussprache den Eindruck gewonnen, daß diese Auffassung richtig ist.
Aus dem gleichen Grunde scheint mir, daß auch das Komitee zur Vereinheitlich"-ung der logischen Symbolik zunächst das frühere Ziel beiseite stellen muß und zunächst als Vorbereitung für eine spätere Vereinheitlichung die Veröffentlichung einer Übersicht der verschiedenen vorhandenen Systeme vornehmen sollte. Mir scheint, daß Scholz der geeignetste Mann hiefür ist, und er schien auch im vorigen Jahre bereit, ein Heft seiner Sammlung diesem Zweck zu widmen und zusammen mit seinen jüngeren Mitarbeitern ein solches Heft zusammenzustellen.
Ich will auf jeden Fall jetzt den Vorsitz in dem Komitee niederlegen, und mir scheint, daß Scholz der geeignetste ist, ihn zu übernehmen. Wenn Du einverstanden bist, möchte ich gerne selbst an Scholz schreiben, daß ich zurücktrete und ihn vorschlage, und die Komitee-Sitzung in Cambridge wird dann die Wahl durchzuführen haben.
Kann nicht Reichenbach auf jeden Fall als Herausgeber auf dem Titelblatt der Zeitschrift erscheinen, wenn der Verleger in Holland ist? Auch wenn sie in Leipzig gedruckt wird?
Mit besten Grüßen
Dein
Carnap
Brief, msl., 2 Seiten, ON 221 (Dsl. RC 102-54-21); Briefkopf: gedr. Rudolf Carnap\,/\,Department of Philosophy\,/\,University of Chicago und Chicago, Illinois, msl. ergänzt durch 26. Mai 1938.