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Lieber Morris:
Lieber Carnap:
Da der Brief von Morris vieles mitteilt, was von Euch gemeinsam kommt, will [ich] Euch beiden antworten. Ich will auch unter den Nr. antworten, die der Brief enthält:
1. Enzyklopädie. Ich habe an Zilsel geschrieben und hoffe bald Antwort zu haben. Er hat sich mit historischen Fragen, vor allem im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen über den Geniebegriff, beschäftigt und kennt außer Physik auch Sozialwissenschaften. Ich ziehe ihn als „Wissenschafter“ebenso wie Ihr vor. Ich wollte nur bei meiner Anfrage Eure Entschließung nicht beeinflussen. Kraft hat aber auch seine Meriten und wäre verwendbar.
Ich habe Santillana noch nicht geschrieben, weil ich auf die Entscheidung über den zweiten Mitarbeiter wartete. Es ist gut, daß Morris geschrieben hat – sonst wäre es fast unhöflich von uns, das wir uns nicht melden. Sobald ich von Zilsel einen Brief habe, schreibe ich Santillana ausführlich. Santillana möchte entsprechend dem Gespräch, das ich mit ihm in Paris führte, daß zwei getrennte Artikel geschrieben werden.
Der Titel BEHAVIORISTICS kann in den nächsten Druck des Prospekts kommen. Das ist nicht so wichtig.
Hoffentlich schreibt Russell bald. Ich schrieb ihm eben wegen des Cambridge Kongreß und mahnte ihn hinsichtlich des Beitrags für die Enzyklopädie. Mein Artikel ist ja auf Kürzungen eingerichtet. Auch kann man ja das erste Heft, das ja als Propagandaheft dienen wird, ein wenig stärker machen‚
Es wäre mir lieb gewesen, wenn Ihr mir geschrieben hättet, was Ihr Dewey schreibt, weil ich dann auch einiges angefügt hätte. Ich habe in Hinblick darauf, daß Dewey uns eine Art Einführung schrieb, die außer dem Plan liegt, darauf verzichten wollen, einzelne Änderungen zu erbitten. So wäre das gut in einem gegangen. Ich würde, wenn nicht „Gefahr“im Verzug ist, vorschlagen, daß Ihr mir in ähnlichen Fällen schreibt, damit man sozusagen einheitlich vorgehen kann, denn jetzt kann ich natürlich nicht nachträglich mich bemerkbar machen. Vielleicht schickt Ihr mir die Kopie Eures Briefes an Dewey, damit ich weiß, worauf sich die Änderung bezieht.
Ich glaube, daß Whitehead und Einstein sich etwas fremd in unserer Gesellschaft fühlen. Ich bin aber natürlich, wenn Sie mit uns sein wollen, nur dafür. Wir wollen nicht zu sektenhaft
Was Bd. III der Enzyklopädie anlangt und die Anregung von Morris, betreffend „General Science“usw., möchte ich grundsätzlich folgendes sagen:
LEIBNIZ ist ein schwerer Metaphysiker und alles, was er an allgemeinen Anregungen gibt, ist mit äußerster Vorsicht zu behandeln. Ich hebe die Verdienste von Leibniz immer hervor, aber ich unterstreiche auch seine Metaphysik, die nicht nur außerhalb seines Panlogismus auftritt: Er hatte immer den Wunsch, eine logische Kombinatorik zu schaffen, die antizipierend wirkt, also nicht nur dazu hilft, die Wissenschaften zu ordnen und zu verknüpfen. Couturat, den ich schon um all dessentwillen schätze, was er für Logistik propagandistisch getan hat, für Weltsprache usw., vor allem aber auch dafür, daß er dies herrliche Leibnizbuch geschrieben hat, das besonders für uns so wertvoll ist, ist ein Metaphysiker nach mehr als einer Richtung. Ich möchte sagen, sein Leibnizbuch macht einem besonders klar, wo überall die metaphysischen Bestrebungen von Leibniz sitzen. Gerade die „SCIENCIA
Ich habe sehr gebeten, daß CARNAP mit Morris sein Pamphlet bespricht, weil er als benachbarter Mitarbeiter am meisten zuständig ist. Ich möchte nicht zusehr meinen eigenen Standpunkt innerhalb der Enzyklopädie verwirklichen, ich bin sehr froh, daß ich die Gesamtgestaltung so weit beeinflussen kann. Ich sehe die Enzyklopädie als PLATTFORM an, die wir sozusagen zu verwalten haben. Aber, da nun hinsichtlich Bd. III die Frage aufgeworfen ist, die auch Heft II betriff, will ich mich ausführlicher dazu äußern. Ich würde als Titel von Bd. III vorschlagen UNIFIED SCIENCE, sofern dieser Band die Hilfsmittel, Vorbereitungen usw. der UNIFICATION zu behandeln hat. Daher paßt dort gut hinein die Entwicklung des Enzyklopädiegedankens (ich bin dafür, daß man die umfassenden historischen Betrachtungen hierher verlegt, die der Einzelwissenschaften zu den einzelnen Disziplinen, das hat vor allem den Vorteil, daß die von uns wohl bevorzugte historisch-kritische Darstellung, wie sie MACH pflegte, sich besser mit den logischen Analysen verknüpft. Doch hätte ich nichts dagegen, wenn in einer späteren Schicht der Enzyklopädie ein eigenes Fach für Geschichte der wissenschaftlichen Attitude geschaffen würde.
Ich habe gegen General Science die weitest gehenden Bedenken. Was soll ihr Gegenstand sein? Dasselbe bedenkliche Gefühl tritt bei mir auf, wenn von science of science die Rede ist. Ich würde nicht so pedantisch sein, den Terminus nun überall zu verfolgen, aber ich glaube nicht, daß man ihn als Namen einer Disziplin verwenden kann. Es ist ja Logic of Science nur mit einer gewissen Vorsicht verwendbar – ich schreibe lieber Logical Analysis of Scientific Statements, aber man kann die Gesamtheit solcher Analysen Logic of Science nennen, aber das ist keine Sonderdisziplin mit eigenen Sätzen wie etwa Logische Syntax der Sprache. Da ich in mir Pedanterie bekämpfe, sehe ich auch ganz gut ein, daß man unter Theory of Signs sehr nützliche Dinge zusam
Wenn ich unbefangen davon höre, wie gut es wäre, alles, was sich auf Zeichen bezieht, einmal zusammenzufassen, so könnte ich nur sagen: ist das aber nützlich und erfreulich. Und ich würde so für mich überlegen, was man da treiben kann: Da gibts einmal vieles zu sagen über die Verknüpfung von Zeichen, Person, Ding. Und zwar kann man da allerlei konkret-historisches vorbringen, aber vielleicht auch einiges über allgemeine Formulierungen, in denen alle drei Größen gleichzeitig auftreten, z. B. Protokollsatz-Formulierung, die ja darauf abzielte, die ISOLIERTHEIT zu überwinden, in der manchmal Aussager und Aussage usw. auftreten. Diese beiden Zweige der Erörterung könnte man trennen. In beiden treten alle drei Elemente zusammen auf. Dann könnte man natürlich betrachten, wie Person und Zeichen zusammenhängen. Da gibts verschiedenes zu sagen, z. B. wie Zeichen wirken, z. B. auch das Problem, wie Emotionelles sich einschleicht, wenn man etwas Sachliches sagen will, aber auch, wie man dazu kommt, Zeichen zu formulieren, Pasigraphie usw. als menschliche Aktivität. Da gäbe es allerlei. Aber nicht einfach gruppierbar. Schließlich ist klar, daß man Beziehungen Zeichen – andere Gegenstände als Zeichen betrachten kann. Das kann konkret-historisch geschehen, aber auch sehr formalisiert, vgl. Tarski, wobei unklar bleibt, wie das alles zusammenhängt. Mindestens könnte man offen lassen, wie sich alles später mal zusammenfügen wird. Schließlich kommt die Verknüpfung von Zeichen mit Zeichen. Da gibts historisch-konkrete Zeichenuntersuchungen, dann aber auch deskriptive Syntax und dgl., schließlich das Problem „möglicher“Sprachen und schließlich das Problem beliebiger Zeichenkombinationen (Calculus). Das führt zu Schachspielfragen und dgl. Während man hier mit Erfolg sozusagen freie Kombinationen studieren mag, wird man das kaum mit Erfolg, wenn man die Beziehung Mensch-Zeichen studiert. Kurzum, ich würde innerhalb dieses Gebietes genau so wie innerhalb der Enzyklopädie den Standpunkt des ENZYKLOPÄDISMUS aufrecht erhalten, was man schön klar formulieren kann, formuliere man klar, was nicht, deute man an, und ob eine Architektur mit Dreigliederung herauskommt oder nicht, kann uns nicht kümmern. Das ist eine kantianische Neigung, die selbst wieder älteren Ursprungs ist. Wenn man so eine Dreigliederung festlegt, besteht die Gefahr, daß man alles, was man antrifft, unterbringen will und daß man bestimmte vielleicht fruchtbare Dinge vernachlässigt, weil sie gerade nicht ins Schema passen, z. B. alles, wo alle drei Elemente zusammen auftreten und bald dies, bald jenes mehr hervortritt. Ich hätte daher von vornherein Hemmungen, wenn ich Pamphlet II lese, würde aber, wenn CARNAP z. B. von seiner Seite gar keine Bedenken hat, ungern als Herausgeber die anderen Herausgeber drängen, den Mitarbeiter Morris zusehr zu stören. Wenn freilich CARNAP als „Nachbar-Mitarbeiter“Bedenken vorbringt, die sich in dieser Richtung bewegen, würde ich die Mitherausgeber einladen, sich in dieser Richtung mit Pamphlet II zu beschäftigen.
Ich glaube, daß man UNIFIED SCIENCE ungefähr verständlich machen kann – es ist ja sogar im Titel der Enzyklopädie, aber ich weiß nicht, ob Semiotic heute schon genügend umrissen ist, um als Bandtitel zu dienen. Wenn wir UNIFIED SCIENCE als Titel haben, dann können wir behandeln:
Übersicht über die Ergebnisse der eigenen Enzyklopädie hinsichtlich der Verknüpfung, dazu dann eventuell die Klassifikation der Wissenschaften und dgl., Geschichte der Enzyklopädien usw.,
Bd. VI der Enzyklopädie, einschließend all die wissenschaftlichen Aktivitäten, die sonst nicht behandelt werden, scheint mir nützlich. Der Begriff „angewandte Wissenschaften“ist wohl nicht erschöpfend, denn Geologie, Soziologie usw. wären auch in gewissem Sinne angewandte Wissenschaften. Eigentlich sind alle Wissenschaften angewandte, soweit es sich nicht um Calculus handelt. Das ist z. B. alles noch nicht ganz geklärt und ich möchte meinen, daß man alles möglichst offen läßt. Alle Klassifikationen der Wissenschaften, Einteilungen usw. haben sich so rasch überlebt. Ich habe in der letzten Zeit große Wälzer daraufhin durchgesehn. Besser ganz bescheiden alles aneinander anreihen, als eine antizipierende Klassifikation versuchen, die bald gesprengt wird. Ich habe z. B. nachgesehn, wie die Einteilung der Mathematik sich in den letzten 100 Jahren geändert hat. Und solcher Beispiele gibts viele. Niels Bohr betonte sosehr in Kopenhagen, wie wichtig es gerade ist, sich nicht terminologisch und formulierend zu binden, er sagte das in Hinblick auf die Lebensprobleme, es gilt aber allgemein.
Da ich nun einmal in diese Frage eingegangen bin, möchte ich vielleicht zur Ergänzung beifügen, wie das Buch, das ich über UNIFIED SCIENCE plane, angelegt ist (falls Morris glaubt, daß die PRESS daran Interesse hat, sende ich ohnehin genauen Plan).
Es beginnt damit, daß an einen wissenschaftlichen Laien gedacht wird, der sich über die Gesamtheit unseres Wissens und die Art, wie es erworben, verteidigt, geändert usw. wird, orientieren will. Da jeder nur auf engem Gebiet „Fachmann“ist, stellt es eigentlich die Zusammenfassung der Laien-Teile dar, so daß es für jeden paßt.
Es zeigt sich, daß ein Laie mit wissenschaftlicher Attitude zu einer breiten Auffassung gelangen kann, wenn er nicht von Leuten wie JEANS, EDDINGTON, BAVINK, JORDAN usw. gestört wird, oder SPANN, von HEIDEGGER usw. gar nicht zu reden. Es läßt sich gut demonstrieren, wie verschiedenartige Fragen man aufwerfen und beantworten kann, wie manche davon verknüpfbar sind, bei anderen man nicht recht weiß, ob sie verknüpfbar sind. Manche Fragen lassen sich gut gruppieren, andere stehen mehr isoliert, bei manchen weiß man nicht recht, ob man sich mit ihnen erfolgreich beschäftigen kann oder nicht. Und dann wird gezeigt, wie schön man mithilfe dieser Art von Skeptizismus vorwärts kommt. Eine Unmenge ist recht plausibel und die Reste stecken an bestimmten Stellen. Man spürt, daß man einen vielgestaltigen ausgedehnten Boden des Wissens hat, der an allen Stellen korrigierbar ist, aber immerhin eine weite Fläche deckt, auf der man herumlaufen kann. Dann gibts allerlei Zutaten, Sonderbarkeiten, Verknüpfungen usw., vieles sieht aus wie Ansatz zu einer weitgehenden Systematik, aber vieles ist auch ganz dagegen. Und das bleibt offen.
Der umfassend gebildete Laie kann sich über die Geschichte der wissenschaftlichen Attitude orientieren. Es werden Beispiele gebracht, die das erklären, insbesondere wichtig, daß Menschen etwas propagieren, z. B. Francis Bacon, auch wenn sie an sich weder genau wissen, um was es geht, noch besonderes Verständnis dafür haben, wer leistungsfähig ist, dann daß Menschen eine gute Auswahl der Ideen treffen, die sie verbreiten, z. B.
Nun kommt hinzu, was Mathematik und Logik helfen können, und wohin sie uns führen. Skeptische Haltung gegenüber aller Art von Architektur usw. MOSAIK-Idee ausgeführt an Hand von Beispielen. Immer vom Laien aus gesehn. Und dann mag sich der Laie sagen, was er vom Wissenschafter erwartet, was die Wissenschaft als Ausgestaltung dieses Gesamtbilds eines wissenschaftlich eingestellten Laien bedeutet. Die umfassende Haltung des täglichen Lebens wird so unwillkürlich zum Ausgangspunkt der strengeren wissenschaftlichen Ergänzung, die von Einzelwissenschaftern gleistet wird, viele zusammen leisten, was möglich ist – Enzyklopädismus.
Ich würde zweifeln, daß man auf diese Weise zu einer Theory of Signs mit Architektur kommt, wohl aber kommt man zu schönen Betrachtungen über Zeichen, und zwar kann man viel Reicheres darüber sagen als gewöhnlich geschieht. Da scheint mir die Idee von Morris, Pragmatismus, Logizismus usw. zu verbinden, sehr fruchtbar – aber, ich würde sagen, nur nicht zu systematisch, solange wir so im Anfang sind und fürchten müssen, daß wir metaphysische Ideen wie die der Scientia Generalis auf uns wirken lassen – jeder von uns. Aber es ist ein Unterschied, ob man all das auf sich wirken läßt, oder ob man es schon systematisiert, wo man in unserem Zeitalter erst am Anfang ist. Man kann doch all die schönen Dinge sagen, ohne ARCHITEKTUR.
Ich hoffe, daß das ungefähr ein Stimmungsbild gibt. So eine Darstellung der UNIFIED SCIENCE vom wissenschaftlich interessierten Laien her führt einerseits zur Enzyklopädie, die wir jetzt bauen, andererseits zum ISOTYPE THESAURUS, dessen Plan ich fertig ausarbeite, sobald ich das Manuskript meines Buchs über den modernen Menschen fertig habe. Es liegt übrigens viel für den Plan des Thesaurus schon vor.
Ich habe, wie ich letztes Mal schrieb, bereits alle Autoren verständigt, daß die Enzyklopädie sicher erscheint. Ich möchte diesen feierlichen Moment nicht vorübergehen lassen, ohne Euch beiden herzlich für die Hilfe zu danken, die Ihr geleistet habt, insbesondere für die Loyalität, mit der das geschehen ist. Ich würde wünschen, daß ich in Kooperation anderen gegenüber so nett bin, wie Ihr es mit mir gewesen seid. Ich bin sehr froh, daß dieser Lieblingswunsch, der mich seit so langem beschäftigt hat, nun in einer so schönen Arbeitsgemeinschaft realisiert wird.
2. ISOTYPE THESAURUS
Bitte diese Sache sehr ernst im Auge zu behalten. Sie kann sehr wichtig werden. Kämpffert sagte mir, er könnte über die Enzyklopädie, wenn Erscheinen endgiltig gesichert ist, einen Artikel bringen, eventuell in Verbindung mit der Thesaurusidee, für die er sich sehr interessiert, wenn die Informationsabteilung
3. Institut. Das ist eine Sache, die man ernstlich ständig im Auge haben muß. Da es als juristischer Körper existiert und wir ständig mit dem Briefkopf Korrespondenz führen, gewöhnen sich die Menschen dran. Ich bin seit jeher der Meinung, daß man die stabilen Elemente eng verknüpfen muß:
Gruppe A: Institut, Enzyklopädie, Thesaurus
Gruppe B: Kongresse, Zeitschrift. Diese beiden sind weniger stabil, weil nicht so ganz in unserer Hand. Aber A und B zusammen sind eine sicherlich tragfähige Sache, wenn man sie dauernd im Blickfeld hat. Man spürt deutlich, wie viel stabiler wir jetzt dran sind als etwa vor 5 Jahren, trotz aller Störungen durch den Weltlauf.
Wir müssen einmal besprechen, wie man Keppel angehen kann in dieser Sache. Sehr nützlich kann Kaempffert sein, der sich sehr für alles interessiert.
Ich freue mich, daß wir einig sind in dem Punkt, daß der GROSSE PLAN, das OPUS MAGNUM, in großem Stil vorgeschlagen werden soll und nicht in kleinen Ausschnitten. Moholy-Nagy wird sicher anregende Pläne haben. Ich habe selbst im Bauhaus in Dessau mehrmals gesprochen, auch andere von uns. Aber ich glaube, daß das doch anderer Art ist. Hingegen würde ich gewissen Kontakt mit ihm begrüßen.
4. IV. Congress. Wie ich schrieb, genaue Daten sind 14. bis 19. Juli.
5. The new journal. Ich würde die kleinste Dimension als selbständige Sache vorziehen einer Verknüpfung
THEORIA hat jetzt eher Platzmangel. Kongreß kann dort nicht publiziert werden. Freymann scheint direkt das Behavior zu haben, nicht zu antworten.
Wenn REICHENBACH gegen den Titel UNITY OF SCIENCE ist, soll man ihm natürlich entgegenkommen. Aber sonst habe ich den Eindruck, ist es ein Glück, daß wir diesen Term gewählt haben. Ich treffe immer wieder Gelehrte an, die sich für solch eine INTEGRATION interessieren, gar nicht für Philosophie und dgl. und für keinen „ism“. „ISM“deutet eine Richtung an, deshalb schiene mir Scientific Empiricism nicht sehr geeignet. Es scheint mir gerade wichtig, daß Gelehrte verschiedener Wissenschaften sich verbinden, und der Kooperationsgedanke ist sehr gut, ebenso die Idee der Plattform, hingegen ist die Diskussion der „Foundation of Knowledge“geeignet, Spaltungen herbeizuführen, auch kann ein Gelehrter wunderbar schön erzählen, was er selbst Feines gemacht hat, ohne daß er über „Foundation of Knowledge“sprechen kann. UNITY OF SCIENCE wäre gut, weil wir von UNITY OF SCIENCE MOVEMENT sprechen. ER
Bin gegen GENERAL SCIENCE, siehe oben, ebenso Scientia Scientiarum, weil wir ja Artikel aus verschiedenen Disziplinen bringen und nur wenige, die sich mit allen Wissenschaften zusammen befassen. Wir wollen doch die logische Struktur der Wissenschaften entwickeln und verknüpfen. Dasselbe ist mit Science of Science. Der Terminus kommt in unserer Literatur kaum vor, ich sehe auch keinen Weg, ihn rasch einzuführen, selbst wenn ich nicht so große Bedenken gegen ihn hätte.
6. Harvard Congress. Sollte man nicht alle Amerikaner nehmen, die im Advisory Committee der Enzyklopädie sind? Ich glaube z. B., daß Kaempffert, der eine immer schönere Position einnimmt und uns so nahe steht, sicher viel Interessenten gewinnen könnte, vor allem unter Menschen, die mit Technik und Wissenschaft zu tun haben. Er schrieb mir, daß er, wenn Frank kommt, ein kleines Essen für Frank und eine Anzahl Interessenten geben will, um Frank einzuführen. Er ist z. B. über Frank sehr begeistert und würde sicherlich uns fördern. Ebenso käme dann auch HULL hinein, was nur gut wäre.
Ich bin auch der Meinung, daß so wie bisher das Organizing Committee das Programm macht, natürlich wird Morris, der sich ja mit der Vorbereitung in USA besonders beschäftigt, vor allem Vorschläge zu machen haben. Ich hätte Bedenken dagegen, eine besondere Komiteeorganisation in USA für diesen Zweck zu machen, aber es steht doch nichts im Wege, bestimmte Mitglieder privat um Rat zu fragen. Prinzipiell sind die Kongresse so international wie nur möglich zu machen.
Ich würde es für empfehlenswert halten, wie wir es immer getan haben, als Kopf INTERNATIONAL INSTITUTE FOR THE UNITY OF SCIENCE zu verwenden, das ja als Head Office dauernd fungiert. Es ist, wie sich zeigt, sehr nützlich, eine dauernde Stelle zu haben. Noch nach Jahren, wenn der Kongreß längst vorbei ist, haben Leute Wünsche, wollen Drucke usw. haben. So wie wir jetzt die Enzyklopädiekomitees draufdrucken, könnte man auch das amerikanische und das organisierende Komitee draufdrucken und angeben, daß in USA die Kongreßadresse in Chicago ist. Das würde die Kontinuität betonen. Ich sende dieser Tage den Briefkopf, den wir jetzt für England verwenden. Stebbing legte kein Gewicht auf eigene englische Einrichtung und bat mich, von hier aus alles zu machen. Daher kommt keine Londoner Adresse drauf.
Die Einladungen für Redner wird man ja, soweit es sich um Europa handelt, teilweise wohl besser von hier aus aussenden. Es handelt sich ja oft um Verhandlungen im einzelnen. Aber wenn ein Grund ist, das von Chicago aus zu machen, habe ich auch nichts dagegen.
Die Kongresse 1940 und 41 sind wohl in Europa. 1940 vor dem Int[ernationalen] Philosophenkongreß, der in Groningen stattfindet (Holland), und 1941 wohl Warschau, wohin wir ja eine Einladung bekommen haben. Die müssen ohnehin wieder vom Institut aus gemacht werden.
Bis jetzt haben wir den Druck der Kongreßakte immer so organisiert, daß wir nur eine Anzahl bezahlen mußten, die wir für die Mitglieder brauchten, den Rest vertrieb dann der Verlag. Natürlich wäre es das beste, wir hätten unsere eigene Zeitschrift, dann könnten wir damit die Finanzen unterstützen. Wir behalten im Durchschnitt von den Kongressen immer ein wenig Geld übrig, das dann für den nächsten zur Verfügung steht. Manchmal gibts Defizit natürlich. Kopenhagen hatte eine schöne Subvention bekommen, für die Jørgensen gesorgt hatte.
Eine Rede von Sarton wäre sehr erfreulich. Ich bin immer sehr für historische Themen. Aber im ganzen bin ich nicht dafür, zu viele besonders ausgezeichnete Vorträge halten zu lassen, das ärgert immer die, welche nicht dazu aufgefordert sind. Ich bin daher mehr für die Technik, die wir 1935 in Paris hatten, und nicht für die Technik, welche die internationalen Philosophenkongresse anwenden.
7. International Committee. Ich nahm an, Hu Shih sei dauernd DEAN, so daß [das] als Titel verwendet wird, wie Professor oder Präsident. Ist er Professor? Oder wie ist das?
Ich wäre sehr für Russen. Aber in der jetzigen Lage wird sich kaum ein Russe finden, der mit Machisten zusammen sitzen will. Der Mexikaner ist nur der Sohn eines alten Positivisten, der selbst wohl schon zu alt ist, um noch an etwas teilzunehmen. Mehr eine historische Persönlichkeit.
Ich habe noch schrecklich viel zu tun, daher schließe ich, mit guten Grüßen
Otto Neurath
Brief, Dsl., 8 Seiten, RC 102-54-68; Briefkopf: gedr. International Institute for the Unity of Science mit näheren Angaben, hsl. Carnap, msl. 10. Januar 1938.