\brief{Otto Neurath an Rudolf Carnap und Charles W. Morris, 7. September 1937}{September 1937} \anrede{Lieber Carnap, lieber Morris!} \haupttext{ Verzeiht, daß ich mein Programm ändern mußte, wir sehen uns also erst nach dem 20. Oktober. Ich schreibe bald genaues Datum. Da aber die Zeitschriftensache drängt, will ich nochmals kurz meine Meinung sagen. \begin{enumerate} \item Da die CAMBRIDGE-PRESS Verhandlungen gescheitert sind, könnt Ihr jetzt im Sinne der Pariser Beschlüsse mit der UNIVERSITY OF CHICAGO PRESS verhandeln. \item Im Sinne der Pariser Beschlüsse können CARNAP und REICHENBACH einen eventuellen Vertrag zeichnen, den sie als Treuhänder der Mitglieder des Organisationskomitees abschließen, CARNAP, FRANK, JØRGENSEN, NEURATH, REICHENBACH, ROUGIER, STEBBING. \item Die Zeitschrift besteht aus drei Abteilungen, von denen jede von einer Gruppe der Herausgeber redigiert wird, wie dies MORRIS schon der PRESS geschrieben hat. \item Ich finde den Vorschlag von Morris \glqq UNITY OF SCIENCE\grqq\ sehr gut. \item Mir leuchtet MEINERs Vorschlag sehr ein. Der neue Verlag druckt die ERKENNTNIS weiter (die Abonnenten haben ja schon bezahlt!!!), eventuell mit dem neuen Untertitel! So haben wir auch Zeit, die neue Zeitschrift vorzubereiten. \item Die neue Zeitschrift sollte dann eventuell \glqq Erkenntnis\grqq\ noch eine Zeitlang als Untertitel führen, damit die Kontinuität gewahrt bleibt, was für den ABSATZ nicht unwichtig ist. \item Ich nehme an, daß diese Zeitschrift eine ausgezeichnete Propaganda für die Enzyklopädie sein wird, daher wäre zu erwägen, sie im gleichen Format und gleichen Lettern herauszubringen. Man sollte -- jedenfalls im Anfang [--] den Gesamtumfang nicht ändern, damit die Kontinuität bleibt. Das sind immerhin einige hundert Abonnenten. \item Es wäre gut, für die drei Abteilungen etwas Geldmittel für redaktionelle Zwecke zur Verfügung zu bekommen, sonst geht alles so mühsam. \item In vielen Fällen würde es genügen, wenn die PRESS tut, was MEINER tat, der meiner Anregung folgend für die Kongreßhefte, bibliographische Arbeiten usw. \uline{Bücher} aus seinem Verlag als Honorar zur Verfügung stellte. \item Ich erwähne, daß NAGEL gesprächsweise meinte, ob man nicht die PHILOSOPHY OF SCIENCE zu unserem Organ machen könnte. Falls die Verhandlungen mit der PRESS nicht gelingen, scheint das ja erwägenswert. Vielleicht könnten uns ganze Hefte reserviert werden, oder die Abteilungen besonders abgetrennt werden. Ich sehe da nicht klar. Warten wir zunächst ab, was mit der PRESS erreicht wird. \item Ich bin noch immer sehr dafür, daß in CHICAGO Morris (eventuell mit Carnap) als MANAGING EDITOR fungiert, nicht wegen der mühseligen Arbeit, die muß anderweitig erledigt werden, sondern in Hinblick darauf, daß gewisse Raumfragen gelöst werden müssen, welche die Herausgebergruppen der drei Abteilungen nicht allein erledigen können. \end{enumerate} \noindent Ich persönlich finde die UNIVERSITY OF CHICAGO PRESS geeigneter als die CAMBRIDGE PRESS, weil wir in USA und speziell in CHICAGO soviele Menschen hinter uns haben, überall stoße ich auf lebhaftes Interesse für unsere Bewegung, ich glaube, HULL ist ein typischer Fall, aber nicht so in ENGLAND. Mit herzlichen Grüßen} \grussformel{Euer\\ON} \briefanhang{Lieber C[arnap],\\ich möchte mit Dir und Hempel nochmals über die „zweistelligen“ Prädikate in Hempels und Oppenheims Buch sprechen, worüber ich mit NAGEL eine lange Aussprache hatte. Meine These ist, daß man sehr wohl sagen kann, jedes gegebene Merkmal habe einen bestimmten Platz im Merkmalraum, wenn nur unser Katalog reich genug ist (wie im Bereich der Längen, so im Bereich der Farben, Härten usw.). Um die SKALA aufzubauen, benötigt man zweistellige Prädikate. Aber das kommt sozusagen hinzu. Das Merkmal hat längst seinen Namen, ehe man es „zweistellig“ einordnet. Das ist aber im metrischen nicht anders wie im nur topologischen Bereich. Gruß} \grussformel{ON} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/846208}{RC 102-51-15}; Briefkopf: msl. \original{7.~Sept. 1937\,/\,George Washington Hotel}.}