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Lieber Morris!
Eben kam Ihr lieber langer Brief datiert vom 14. Februar, nach Ihrer Besprechung mit Carnap. Ich bin noch da, weil die Nachfahren der Azteken bis jetzt kein Geld und keine Dokumente geschickt haben. Heute telegrafiere ich. Im ganzen wäre ich nicht so unglücklich, wenn die Arbeit in Mexico erst im Herbst begänne und ich Zeit und Kraft jetzt für alles andere parat hätte.
1. Ich bin deshalb dafür, daß wir die Versendung der Prospekte und die Propaganda in den Zeitungen beschleunigen, damit wir die Minimalsubskribentenziffer von 250 vor dem Pariser Kongreß Juli 1937 in Händen haben, und auch sonst allerlei Reaktionen. Ich nehme an, daß unser Editorial Office im Haag allerlei Zuschriften bekommen wird, Zustimmungen, Anregungen usw., die wir in Paris vorlegen könnten. Kurzum, vor Juli 1937 soll die Enzyklopädie schon zur Debatte stehen. Kaempfferts Artikel in der Times ist wohl sehr nützlich.
2. Aus dem gleichen Grunde sollten wir die Liste der Mitarbeiter rasch beisammen haben.
a) Ich war bei Dewey und erklärte ihm alles ausführlich, Er war sehr erfreut über den ganzen Plan, sagte nur, er wisse nicht genau, ob was er schreibe uns zusagen werde. Aber ich betonte, und das begrüßte er sehr, es sei so wichtig, die „common platform“des Empirismus zu zeigen. Er schreibt 25 Seiten über „Empirical Axiology“, so daß wir in diesem Pamphlet noch für andere kurze Sachen Platz haben. Er ist ins „Advisory Committee“ eingetreten und auch ins Internationale Kongreßkomitee.
b) Lenzen hat zugesagt für Pamphlet und Advisory Committee.
c) Tolman hat zugesagt für Advisory Committee.
3. Ich habe nichts dagegen, nur 18 Pamphlete herauszubringen. Mein persönlicher Wunsch wäre, diese 18 Pamphlete möglichst systematisch zu gliedern, aber wir müssen eben mit der gegebenen Situation rechnen und sehen, wie wir die uns nahestehenden Wissenschafter verwenden.
Wir wissen noch nicht, wer Mathematik macht. Wäre es möglich, daß wir Heft 5 und 6 zusammenziehen „Calculus and Sciences“und darin Logik, Mathematik und was sonst dazu gehört, durch Lewis allein behandeln lassen? Ich würde, wenn Sie beide einverstanden sind, ihm sofort schreiben.
Im zweiten Band würden die Hefte 15 und 16 zusammengezogen werden. Wir könnten etwa 3 Autoren in diesem einen Heft schreiben lassen: Dewey über Empirical Axiology, und zwei andere.
Ob Arne Næss schon so weit ist, über Calculus mit Weitblick zu schreiben? Aber wir könnten ja das Heft Calculus teilen, z. B. 50 Seiten Lewis: Logic and Mathematics; 25 Seiten Arne Næss: Calculus and Sciences, falls Næss nicht mit Brunswik das Psychologieheft macht.
Wie denken Sie beide über solche Teilung? In späteren Bänden werden ja öfter mehrere Autoren zu derselben Sache sich äußern, vielleicht sogar im selben Pamphlet.
4. Ich glaube nicht, daß das Format, das ich anrege, den Preis erhöhen muß. Schreiben Sie mir bald darüber und auch, ob der Prospekt in Format und Ausstattung der Enzyklopädie erscheinen soll. Ich werde Sie in Hinkunft mit solchen
Ich hoffe, bald Ihren englischen Entwurf für den Prospekt zu bekommen.
5. Ich hatte den Eindruck, daß Sie die Tendenz hatten, sehr weitherzig bei der Aufstellung des Advisory Committee zu sein. Das beste ist, wir besprechen möglichst gemeinsam, wer alles hineinkommen soll. Ich dachte an etwa 40–50 Mitglieder. Ich würde meinen, daß wir prominente Leute einladen sollen, dann auch solche, die sich sehr für uns interessieren und uns behilflich sein können, und schließlich grundsätzlich Vertreter der jüngeren Gruppe in unserer Bewegung, wie etwa Hempel, damit deutlich wird, daß wir eine Enzyklopädie der Werdenden machen. Ich warte sehr auf Vorschläge.
6. Im allgemeinen frage ich nur grundsätzlich an, ob einzelne Personen in Hinkunft an der Enzyklopädie mitarbeiten wollen. Ich selbst bin immer dagegen, sich zusehr die Hände zu binden.
Malisoff ist sehr interessiert, an der Enyklopädie mitzuarbeiten. Ich weiß nicht, wie weit seine Ideen mit unseren in Einklang zu bringen sind. Er zeigte mir reichliches Material zur Geschichte der Klassifikation der Wissenschaften. Vielleicht kann man in einem späteren Bande ihn für so eine Arbeit heranziehen. Er zeigte mir auch seine eigenen Skizzen zu einer kompletten Übersicht über die Wissenschaften. Ich habe darüber noch kein Urteil. Er beschäftigt sich ja viel mit dem Auffinden möglicher Problemstellungen, sozusagen mit einem Mendeljeffschen periodischen System der Probleme.
7. Die Symposium-Idee möchte ich gern realisieren, um neue Menschen zu erproben, Aussprachen zu ermöglichen. Ich werde sehn, was sich im Rahmen der Philosophy of Science machen läßt, eventuell kann man eine eigene Abteilung bekommen. Was meinen Sie dazu? In der „Erkenntnis“würde das, glaube ich, so wie die Weltgeschichte jetzt läuft, schwieriger sein.
8. Ich bin mit Ihnen ganz einig, daß wir den Kongreß 1939 nicht auf gewisse Proportionen der Gegenstände festlegen, ich schrieb nur nieder, was wir vorläufig und unverbindlich zusammen besprochen hatten. Ich würde nur meinen, man solle Biologie, Psychologie, Sozialwissenschaften nicht durch Physik, Mathematik, Logik in den Hintergrund drängen lassen.
9. Ich weiß zu wenig über Hook, um selbst etwas vorzuschlagen. Ich will mich vor allem nach Ihren Ratschlägen richten.
Über Irving hoffe ich von Ihnen zu hören.
Können Sie mir die Adresse von Karl Menger mitteilen?
Gute Grüße‚
wie immer Ihr
Otto Neurath
Brief, Dsl., 2 Seiten, RC 102-51-68; Briefkopf: msl. Air-Mail, 15. Februar 1937, Professor Charles W. Morris\,/\,University of Chicago, University Exchange, hsl. Gute Grüße an Euch beide\,/\,ON; ohne Signatur.