\brief{Rudolf Carnap an Otto Neurath, 14. September 1936}{September 1936}

\anrede{Lieber Neurath!}

\haupttext{
Soeben kommt Dein Brief v. 1.~Sept. Vor einigen Tagen erfuhr ich durch Feigl,
der einige Wochen hier war, von Deinem Herkommen. Schade, daß Du nicht
früher geschrieben hast, daß Du über Quebec kommst, und
überhaupt, daß Du herkommst. Ich hätte Dich sonst eingeladen, hier
Deine Reise zu unterbrechen und einige Tage bei uns zu wohnen. Besser noch, Du
wärest einige Tage früher hergekommen. Da waren zur Harvard-Conferenz
sehr viele Leute aus allen Gebieten hier versammelt, und ich hätte Dich mit
denen, die Dich interessieren, bekannt machen können. Auch der Direktor der
amerik\ekl{anischen} Rockefeller Foundation war hier. Ich hoffe sehr, Du kommst noch her solange wir noch hier sind. Am 20. vormittags wollen wir abfahren. Durch den Festklimbim in Anspruch genommen bin ich 16. nachm\ekl{ittags}, 17. mittags und nachm\ekl{ittags}, 18. vorm\ekl{ittags} und mittags. Falls Du nicht herkommen kannst, schreib mir Genaueres über Deine Vorträge, welche Titel, ob Du Texte vorbereitet hast oder frei
sprechen willst, wie gut Dein Englisch ist, ob Du nach den Vorträgen auch
Diskussionen machen kannst u. willst, usw. Auf Deinen Brief hin hat Feigl hier
schon mit seinem Dean gesprochen; er wird Dir sehr wahrscheinlich 1 oder 2
Vorträge arrangieren können (\$ 75).

Das MS von Næss würde mich sehr interessieren; kannst Du es mir einmal
schicken?

\glqq Testability\grqq\  noch nicht erschienen. Ich habe, Deinem Rat folgend, die
absoluten Begriffe \glqq Verifikation\grqq\  und \glqq Falsifikation\grqq\  ganz ausgeschaltet.

\cutcn{Bin einverstanden mit Kaila und Dubislav im internationalen Komitee\fnA{\original{Kommittee}}.

Hermann hat mir 50 Sonderdrucke des einen Pariser Vortrages geschickt. Ich nehme
an, daß ich auch noch je 50 von den beiden andern bekommen werde.

Besten Dank für Sonderdruck der Diskussion mit Petzäll; hat mich lebhaft
interessiert.

Heute Nachricht von Hempel. Es geht ihm erheblich besser, er darf wieder
anfangen zu arbeiten, wird aber noch schnell müde.\smallskip

  




\begin{tabularx}{\textwidth}{lrl}
	\uline{Adresse:}&bis 23.: & Hotel London, London, Ont., Canada, \\
	& dann: & \,\textkritikl RUDOLF CARNAP\\
	& & \,\,\,\,\,\,Faculty Exchange\\
	& & University of Chicago\\
	& & \,\,\,\,\,\,\,\,\,CHICAGO, ILL.\textkritikr\fnAmark{}\\
\end{tabularx}\fnAtext{Einschub per Stempel.}}





Herzliche Grüße,}

\grussformel{Dein\\R. Carnap}

\ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/846423}{ON 220 (Dsl. RC 102-52-19)}; Briefkopf: msl. \original{(bis 19.~Sept.:) Cambridge Mass., den 14.~Sept. 1936\,/\,7 Francis Avenue\,/\,Tel.: Kirkland 1473}.}