\brief{Carl Gustav Hempel an Rudolf Carnap, 23. November 1935}{November 1935} %Brüssel, den 23.XI.1935. \anrede{Lieber Carnap!} \haupttext{Wir kommen mit einer großen Bitte: Springer\II{\springerverlag} hat unser MS\IW{} abgelehnt, da ihm das Risiko zu groß erscheine. Auf ein Angebot zu Risikobeteiligung schickte er dann ebenfalls eine (höfliche) Absage: er veröffentliche grundsätzlich nur Werke, bei denen er das Risiko selbst tragen könne. -- Diese Angabe trifft allerdings, nach einem Fall, den Frau Kaufmann\IN{\kaufmannfrau} Eva\IN{\hempelfrau} und mir erzählt hat, nicht zu. Vielleicht übt Berlin einen Druck auf Springer\IN{\springerjulius} aus gegen Veröffentlichung der Arbeiten nichtarischer Verfasser (ein Symptom: Julius Springer\IN{\springerjulius} hat kürzlich als Nichtarier aus einem Berliner Verlag ausscheiden müssen und konnte nicht einmal in den Wiener Zweig des Unternehmens übergehen). Nun hatte sich zwar Neider\IN{\neider} bereit erklärt, gegen Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung unserer Broschüre\IW{} zu übernehmen, aber wir fürchten u.\,a., daß die Kulturpolitik in Österreich sich in ähnlicher Richtung entwickeln wird wie in Deutschland. Daher hat O.\blockade{Ergänzung} \IN{} das MS\IW{} zunächst Sijthoff\II{} angeboten, mit dessen Direktor van Looy\IN{\looy} er letzten Mittwoch persönlich in Leiden verhandelt hat. Nach dieser Rücksprache erscheinen O.\IN{\oppenheim} die Chancen der Annahme als nicht ungünstig, jedoch hat van Looy\IN{\looy}, da er uns nicht kennt, um Referenzen gebeten. Daraufhin hat O.\IN{\oppenheim} Dich und Rbch [Reichenbach]\IN{\reichenbach} genannt. Van Looy\IN{\looy} würde großen Wert darauf legen, einige Zeilen von Dir, sozusagen zu unserer Einführung bei ihm, zu erhalten. Wir wären Dir daher sehr dankbar, wenn Du uns den Gefallen tun wolltest, ihm kurz einiges über uns und das MS\IW{} mitzuteilen (nach Möglichkeit bald, da der Verleger einen schnellen Bescheid versprochen hat); u.\,a. vielleicht folgende Punkte, die ihn buchhändlerisch interessieren könnten: 1) Von jedem der beiden Vf. [Verfasser] liegen schon andere Veröffentlichungen vor; 2) Ich Dein Schüler; 3) Mein Pariser Vortrag\IW{} über das Thema der Broschüre hat Interesse gefunden; 4) Vielleicht kurz Deinen Eindruck von der Arbeit, und, falls dies auch Deine Ansicht, Hinweis, daß die Schrift sowohl bei ,,Philosophen`` als auch bei Einzelwissenschaftlern Interesse finden wird, daß also Aussicht auf größeren Leserkreis besteht. Besonders mit Rücksicht auf Neider\IN{\neider} bitten wir Dich, die Angelegenheit noch ganz vertraulich zu behandeln. Neurath\IN{\neurath} schickte mir kürzlich das MS seines Vortrags ,,Mensch und Gesellschaft in der Wissenschaft``\IW{\neurathvortragpariseins}; ich soll es an Dich weiterleiten und Dich bitten, es ihm mit Randbemerkungen möglichst bald zurückzuschicken. Es geht morgen an Dich ab. Unsere Wohnungssuche ist jetzt ihrem seeligen Ende nahe: das 30. Appartement, das Eva\IN{\hempelfrau} besah, erfüllt so ziemlich alle unsere Ansprüche und entspricht andererseits auch unserm Portemonnaie (750 fsb pro Monat incl. Heizung, Aufzug, Concierge etc,); 4 Zimmer + installiertem Bad + Küche (letztere beide gekachelt), nach vorn \neueseite{} eine sehr kleine, nach hinten eine größere Terrasse, alles im 6. Stock eines Hochhauses mit herrlicher Aussicht. Allerdings in Forest, ziemlich weit ab von O\IN{\oppenheim}; aber wozu sollen wir schließlich 200 fsb per Monat mehr bezahlen, um in seinem chicken Quartier zu wohnen? In aller Eile sehr viele herzliche Grüße von uns beiden an Ina\IN{\ina} und Dich!} \grussformel{Deine\\ Lanten.} \briefanhang{\textkritik{Auch O. lässt vielmals grüßen. \uline{Adresse}: A. W. Sijthoff's Uitgeversmaatschappij z.\,Hd. Herrn Direktor \uline{van Looy}. N. V. Leiden Doezastraat 1.}\fnA{Hsl.}} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/848300}{RC 102-14-36}; Briefkopf: msl. \original{Brüssel, den 23.\,XI.\,1935}.}