\brief{Felix Kaufmann an Rudolf Carnap, 16. Oktober 1935}{Oktober 1935} \anrede{Lieber Herr Carnap!} \haupttext{Vorgestern habe ich mit viel Interesse bei einer Zusammenkunft mit Herrn Neider\IN{\neider} dessen Bericht über den Pariser Kongreß\II{\pariserkongress} gehört und auch von ihm erfahren, daß Sie schon Ende Dezember nach Amerika fahren dürften. Diese Mitteilung bestärkt mich in meiner Absicht, im November anläßlich der Vorträge von Husserl\IN{\husserl} auf ein paar Tage nach Prag zu kommen, denn sonst würde ich Sie vielleicht vor Ihrer Reise gar nicht mehr sehen. Ich nehme an, daß für philosophische Zusammenkünfte in Prag kein konformes Verbot besteht, wie es seinerzeit in Rom für die Besuche beim Papst und beim König von Italien in Kraft war. Ich werde also wohl Husserl\IN{\husserl} und Carnap\IN{\carnap} sehen dürfen. Ich hoffe am 14. \unl{} nach Prag fahren zu können und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich wissen ließen, ob Sie voraussichtlich an diesem und den folgenden Tagen in Prag sein und etwas Zeit für mich haben werden. Hoffentlich kann ich Ihnen dann schon mein Buch\IW{} mitbringen, dessen Erscheinen sich dadurch verzögert, daß ich vor Fertigstellung der Abschlußarbeiten noch einen dringlich gewordenen Aufsatz über das gleiche Thema\IW{} für die Sociological Review\II{\sociologicalrev} zu schreiben hatte. Auch die Anzeige\IW{} der ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} für die Sociological Review\II{\sociologicalrev} hoffe ich noch vor der Prager Reise fertig zu haben. Bei uns geht alles gut. Der Urlaub in \unl{} war sehr gelungen, doch haben Else\IN{\kaufmannfrau} und ich lebhaft bedauert, daß aus dem beabsichtigten Beisammensein nichts geworden ist. Dann war ich noch fünf Tage \neueseite{} in Genf und zwei Tage in Bern. Kelsen\IN{\kelsen} sagte mir, daß er sich sehr für Ihre Arbeiten interessiere und sich darauf freue, Sie entweder in Prag (falls er heuer schon dort liest) oder in Harvard\II{\harvard} kennenzulernen und bat mich um einen Ihrer Aufsätze. Ich habe ihm Ihren Aufsatz ,,On the Character of Philosophic problems``\IC{\problemederphilosophieaufsatz} geliehen. Ich freue mich herzlich darauf, Sie und Ihre Frau\IN{\ina} zu sehen; ob Else\IN{\kaufmannfrau} mitkommt ist noch ungewiß. Viele liebe Grüße von uns beiden, Ihnen und Ihrer Frau\IN{\ina} \grussformel{Ihr\\{} [Felix Kaufmann]}} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 2 Seiten, FK 008218-008219; Briefkopf: msl. \original{Dr.Felix Kaufmann \,/\, Wien, XIX. ,Döblinger Hauptstr. 90 \,/\, Wien, 16.\,Oktober 1935 \,/\, Herrn \,/\, Professor \,/\, Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag}.}