\brief{Rudolf Carnap an Ernest Nagel, 9. April 1935}{April 1935} %Prag, den 9. April 1935. \anrede{Lieber Dr. Nagel!} \haupttext{Haben Sie herzlichen Dank für Ihren freundlichen Brief vom 16.\,März und die gute Hilfe für den Harvard\II{\harvard}-Dankbrief, der ausgezeichnet war, so daß ich ihn wörtlich abgeschrieben habe. (Die Veranstaltung ist sicherlich \uline{1936}; ich habe auch ein ausführlicheres gedrucktes Programm). Ich bin froh, daß es Ihnen gut geht in Rom, und daß Sie, wenn Sie auch von den Altertümern weniger Genuß haben, doch interessante Menschen gefunden haben. Menschen sind wichtiger als Steine. Ich bedaure aber, daß Sie in eine resignierte Stimmung versunken sind; that about ,,little intelligence`` may be an ,,old story`` for you, but by that it is not more true; es ist nur eine negative Autosuggestion, die Sie sobald als möglich und so gründlich als möglich abschaffen sollten! Es ist ein Komplex, der nur emotional begründet ist, aber sachlich nicht im geringsten. Bei uns ist der Daumen halbwegs wieder gut, und die Grippe ganz überwunden. Aber nun gibts Ärger mit der Übersetzung der ,,Syntax``\IC{\logischesyntaxenglisch}. Ich schicke Ihnen als Probe einige Blätter. Sie sehen, daß ich viel korrigieren muß. Die meisten Stellen sind allerdings nur solche, wo es sich um Fragen des geeigneten Ausdrucks handelt. Bei vielen aber (ich habe sie am linken Rand blau angestrichen) scheinen mir wirkliche Fehler und Mißverständnisse vorzuliegen. Ich glaubte zunächst, das sei nur auf zu eilige Arbeit zurückzuführen; allmählich aber komme ich zu der Meinung, daß die Gräfin Z[eppelin]\IN{\zeppelin} der schwierigen Aufgabe dieser Übersetzung wirklich nicht gewaschen ist. Gestern bekam ich einen Brief von Gätschenberger\IN{\gaetschenberger}, dem Autor der etwas eigenwilligen, aber interessanten Bücher ,,Symbola``\IW{} und ,,Zeichen``\IW{\gaetschenbergerzeichen}. Das letztere ist jetzt von der Gräfin Z[eppelin]\IN{\zeppelin} übersetzt worden, er hat das MS zur Durchsicht bekommen. Er schreibt, daß er entsetzt ist; er hat in den ersten Abschnitten schon hunderte von Fehlern gefunden, von denen er eine ganze Reihe angibt; er hat daraufhin von Ogden\IN{\ogden} verlangt, auf Drucklegung zu verzichten; dieser aber will nicht darauf eingehen. Er ist nicht imstande, das Ganze zu korrigieren, und fürchtet nun, daß der unsinnige Text gedruckt wird. Ich weiß nicht, ob Sie aus den wenigen Seiten, die ich schicke (ich habe jetzt nicht mehr hier) einen Eindruck gewinnen können. Wenn ja, wäre ich Ihnen für Ihr Urteil sehr dankbar. Ist die Übersetzung schlechter oder nicht als eine durchschnittliche Übersetzung eines schwierigen wiss[enschaftlichen] Buches? Sind vielleicht außer den von mir korrigierten Stellen noch Unklarheiten im Text, sodaß auch nach meiner Revision eine schlechte Übersetzung zum Druck gehen würde? Ich habe Ogden\IN{\ogden} geschrieben, daß nach meiner \neueseite{} Ansicht ein andrer Übersetzer genommen werden muß. Aber das will er nicht. Ich wäre Ihnen nun sehr dankbar für Ihren Rat, ob ich ihm nachgeben kann, oder ob es unumgänglich nötig ist, daß er einen andern Übersetzer nimmt (Prall\IN{\prall} oder Rosinger\IN{\rosinger}). Ogden\IN{\ogden} schreibt, daß Z[eppelin]\IN{\zeppelin} sehr gutes English schreibt; das mag sein, aber das genügt hier ja nicht. Ist Ihre Besprechung\IW{} meiner ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} schon gedruckt? Und haben Sie vielleicht einen Abdruck oder Korrekturabzug für mich? Mit herzlichen Grüßen von uns beiden, auch an your Lady\IN{\nagelfrau}, -- wir hoffen, Sie beide im Sommer zu sehen --} \grussformel{Ihr\\ \blockade{ksl.}} \briefanhang{Werden Sie auf der Reise nach England Hempel\IN{\hempel} und Neurath\IN{\neurath} besuchen? Vielleicht sind wir in den Tagen nach Ostern in Brüssel, bei H[empel]\IN{\hempel}, aber es ist noch unbestimmt.} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870401}{RC 029-05-11}; Briefkopf: msl. \original{Prag, den 9.\,April 1935}.}