\brief{Rudolf Carnap an Felix Kaufmann, 22. März 1935}{März 1935} %, den 22.März 1935. \anrede{Lieber Herr Kaufmann,} \haupttext{herzlichen Dank für Ihren Brief vom 23.\,Jan. und 2 vom März. Ich habe auf Ihren Januarbrief hin an Popper\IN{\popper} geschrieben, und ihm gesagt, daß sein Buch\IW{\popperldf} schon von allerhand Leuten lebhaft diskutiert wird, und daß ich es in der ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} besprechen\IC{\rezensionpopper} werde. Ich freue mich sehr, daß Sie meine ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} in der ,,Sociological Review``\II{\sociologicalrev} besprechen werden. Springer\IN{\springerjulius} schrieb mir vor einigen Wochen, daß er keine Rezensionsexemplare mehr geben könne. Ich finde das natürlich töricht von ihm, weil jede Besprechung doch den Absatz einiger Exemplare bringt, aber ich kann ihn leider nicht umstimmen. Mit Utitz\IN{\utitz} treffe ich sehr selten zusammen. Offiziell weiß ich über den ,,Cercle philosophique``\II{\cercle} gar nichts, habe auch kein Programm gesehen. Aber als Gomperz\IN{\gomperz} zu einem Vortrag hier war, war Ina\IN{\ina} bei einer Einladung Utitz'\IN{\utitz} Tischnachbarin. Und da hat er Ina\IN{\ina} Folgendes erzählt. Mitglieder des Cercle\II{\cercle} können nur Phänomenologen werden. Der Cercle\II{\cercle} ist gegründet im Einverständnis mit Husserl\IN{\husserl} und will auch künftig dessen Werke und Werke der Mitglieder herausbringen. Er veranstaltet eine Art Seminar, in dem nur über das ,,Wesen des Geistes`` diskutiert wird. Die Zahl der Mitglieder in der ČSR ist auf 30 beschränkt -- denn mehr gscheite Köpfe gebe es ohnedies nicht. Auf den Beitritt auswärtiger bekannter Männer scheint Utitz\IN{\utitz} großen Wert zu legen. Er hat Ina\IN{\ina} auch gesagt, daß er Sie zum Beitritt aufgefordert hat. Weiteres weiß ich leider nicht. Auf die Bilderausstellung von Frau Schmidl\IN{\schmidl} hat uns schon Frank\IN{\frankphilipp} aufmerksam gemacht, mit dessen Bruder die Dame befreundet zu sein scheint. Hoffentlich bringen Ihnen die Skitage gute Erholung! Wir waren in der ersten Hälfte des März skilaufen, und es war sehr schön. Nachher hatten wir leider Pech: Ina\IN{\ina} hat sich auf der Rückkehr in der Bahn den rechten Daumen gequetscht -- das ist eine schmerzhafte und langwierige Sache. Und noch dazu bekam ich einige Tage später Grippe, die ich aber jetzt beinahe ganz überwunden habe. Da ist die Skierholung ziemlich draufgegangen. Ina\IN{\ina} träumt aber davon, im April nochmals zu fahren. Ihrer lieben Frau\IN{\kaufmannfrau} sehr herzliche Grüße von uns beiden. Ich möchte sehr gerne wieder einmal nach Wien kommen, weiß aber noch nicht, wann es dazu kommt. Die Harvard-Univ[ersität]\II{\harvard} hat mich eingeladen, bei ihrer 300jahrfeier\II{\tercentenary} im August 1936 einen Vortrag\IC{} zu halten, mit sehr gutem Honorar. Vielleicht findet sich im Anschluß daran noch etwas. Ich habe mich sehr über diese Einladung gefreut. Mit den besten und herzlichsten Grüßen von uns beiden,} \grussformel{Ihr\\ R. Carnap} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/869996}{FK 008208 (Dsl. RC 028-20-04)}; Briefkopf: gestempelt \original{Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag XVII. \,/\, Pod Homolkou 146}, msl. \original{den 22.\,März 1934}.}