Felix Kaufmann an Rudolf Carnap, 5. Dezember 1934 Dezember 1934

Lieber Herr Carnap!

Ich habe mich sehr gefreut, von Ihnen zu hören, daß Ihr Aufenthalt in England im großen und ganzen wunschgemäß verlaufen ist, wenn Sie auch leider (ebenso wie ich) vor lauter Besprechungen nicht recht zum Genuß der Stadt kamen. Übrigens hat mir inzwischen ein sonst recht kritischer Ohrenzeuge erzählt, daß er bei einem Ihrer VorträgeB1934@Philosophy and Logical Syntax, London, 1935 war und daß Sie ein für einen Ausländer sehr gutes Englisch gesprochen haben. Hoffentlich waren Sie und Ihre FrauPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap nach der Heimkehr nicht ebenso kaputt wie es bei mir im Vorjahre der Fall war.

Ich nehme an, daß Sie öfters mit Professor NagelPNagel, Ernest, 1901–1985, am. Philosoph, verh. mit Edith Nagel zusammenkommen und zweifle nicht daran, daß Sie von den Unterredungen mit ihm viel Freude haben werden, denn mir hat er ganz besonders gut gefallen. Da ich mir nicht recht klar über seine Adresse bin, so möchte ich Sie bitten, ihm bei Gelegenheit das beiliegende Briefchen zu übergeben.–

Nun habe ich noch folgende Bitte, die aber nur bedingt für den Fall gilt, als Sie für die nächsten sechs Wochen nicht allzu sehr mit Arbeit belastet oder allzu sehr ruhebedürftig sind. Ich habe den allgemeinen wissenschaftstheoretischen Teil meines BuchesBKaufmann, Felix!Methodenlehre der Sozialwissenschaften, Wien Springer 1936 in den letzten Wochen vollkommen umgearbeitet und es würde mich sehr interessieren, Ihr Urteil darüber zu hören. Im Laufe der nächsten Woche dürfte er fertig getippt sein und ich möchte Ihnen dann ein Exemplar zur Lektüre senden. –🕮

Es hätte Zeit, wenn ich das Exemplar in der dritten Jännerwoche zurückbekäme, da ich am zweiten Teil noch so viel zu arbeiten habe, daß mit einer Drucklegung vor Feber nicht gerechnet werden kann.

Ich bin schon wieder recht urlaubsreif und wir wollen von Weihnachten bis Neujahr nach Mittersill skilaufen fahren. Unser KindPKaufmann, Hansi, Sohn von Felix Kaufmann soll während der Zeit bei den Großeltern in Mährisch-Schönberg sein.

Noch eine Frage fällt mir gerade ein:

Ich habe seinerzeit gehört, daß die ordentlichen Teilnehmer am Prager PhilosophenkongreßIInternationaler Kongress für Philosophie@8. Internationaler Kongress für Philosophie, Prag, 2.-7.IX.1934 ein gebundenes Exemplar der gesamten KongreßvorträgeB zugeschickt bekommen sollen. Bisher habe ich aber nichts dergleichen erhalten. Ist die Zusendung noch zu erwarten oder wurde indessen anders beschlossen?

Bitte schreiben Sie mir gelegentlich ein paar Zeilen, wie es Ihnen und Ihrer FrauPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap geht und mit welchen Arbeiten Sie derzeit befaßt sind.

Viele herzliche Grüße von uns beiden‚

Ihr
Felix Kaufmann

1 Beilage

Brief, msl., 2 Seiten, RC 028-21-04 (Dsl. FK 008203-008204); Briefkopf: msl. Dr. Felix Kaufmann  /  Wien, XIX.  /  Döblinger Hauptstr. 90  /  Wien, 5. Dezember 1934  /  Herrn  /  Professor Dr. Rudolf Carnap  /  Prag.


Processed with \(\mathsf{valep\TeX}\), Version 0.1, May 2024.