da Sie mit der Fertigstellung der englischen ÜbersetzungB Ihrer „Mengenlehre“BFraenkel, Abraham!1928@Einleitung in die Mengenlehre, 3. Aufl., Berlin, 1928 beschäftigt sind, möchte ich Ihnen einige Bemerkungen zur Definition von „Auswahlmenge“ schreiben. Es gibt 2 Definitionen:
D1. Eine Menge, die mit jeder Elementmenge von \(M\) genau ein Element gemein hat.
D2. Der Vorbereich eines Selektors für \(M\) (d. h. einer einmehrdeutigen Relation, durch die jeder Elementmenge von \(M\) genau eines ihrer Elemente zugeordnet wird.) (Hierbei kann verschiedenen Elementmengen dasselbe Element zugeordnet werden.)
Wenn die Elementmengen von \(M\) paarweise fremd sind, stimmen D1 und D2 überein; sonst nicht notwendig.
1.) Ich kam auf diese Frage dadurch, daß ich brieflich aufmerksam gemacht wurde, daß auf S. 59 meiner „Logistik“B1929@Abriß der Logistik. Mit besonderer Berücksichtigung der Relationstheorie und ihrer Anwendungen, Wien, 1929 eine Unstimmigkeit besteht; dort ist nämlich zunächst D1 aufgestellt; dann aber hinter L 24 \(\cdot \) 10 eine Behauptung aufgestellt („Die Klasse…ist…“; und vorher schon: „DsymbolR ist – von x. k. kappa?“), die nicht zu D1, sondern nur zu D2 passt. Ich muß also entweder D1 oder diese Behauptung fallen lassen; mir scheint, das erstere ist vorzuziehen, d. h. ich würde (in Übereinstimmung mit RussellPRussell, Bertrand, 1872–1970, brit. Philosoph, in zweiter Ehe verh. mit Dora Russell, ab 1936 verh. mit Patricia Russell, Princ. Math.BRussell, Bertrand, und Alfred North Whitehead!1910@Principia Mathematica, Cambridge UK, 1910–1913, 2. Aufl., 1925–1927 I, S. 479) jetzt lieber D2 aufstellen.
2.) In Ihrer „Mengenlehre“BFraenkel, Abraham!1928@Einleitung in die Mengenlehre, 3. Aufl., Berlin, 1928 besteht eine kleine analoge Unstimmigkeit. S. 283 wird D1 aufgestellt, S. 299 D2 angedeutet (nicht ganz scharf formuliert). Da auf die Änderung aufmerksam gemacht wird, so wäre das in Ordnung (wenn es auch vielleicht pädagogisch zweckmäßig wäre, entweder die eine oder die andere Definition überall durchzuführen). Aber S. 289 Mitte wird eine Behauptung aufgestellt, die für die bis dahin allein aufgestellte Definition D1 nicht zutrifft, nämlich, daß die Voraussetzung der Elementefremdheit nicht notwendig sei. Wenn der Wortlaut von Axiom VI, S. 283, festgehalten wird und darin nur gestrichen wird „und überdies paarweise elementefremd sind“, so wird das Axiom offenbar falsch. Kommen z. B. unter den Elementmengen vor: {a}, {b}, {a‚b‚…}, so gibt es offenbar keine Menge, die mit jeder Elementmenge genau ein Element gemein hat.** (Nachträglich bemerke ich, daß Sie in „Zehn Vorlesungen” S. 81 selbst schon richtig angeben, daß das Axiom „dann allerdings anders formuliert werden muß”.)
Wenn wir nun übereinkommen, nur eine Definition aufzustellen, welche möchten Sie vorziehen? Ich neige, wie gesagt, zu D2; dann wäre der Satz aufzustellen: sind die Elementmengen von \(M\) paarweise elementfremd, so hat eine Auswahlmenge mit jeder Elementmenge genau 🕮 ein Element gemein. Dann wäre VI so zu formulieren: „\(M\) sei…mindestens je ein …paarweise elementfremd sind; dann existiert mindestens eine Auswahlmenge von \(M\)“. Und daraufhin wäre auf den genannten Satz zu verweisen. Und dann kann S. 289 richtig gesagt werden, daß die zweite Voraussetzung nicht erforderlich ist. –
Ich halte in diesem Semester eine 3-Stündige Vorlesung „Einführung in die Mengenlehre, mit besonderer Berücksichtigung ihrer logischen Probleme“. Da ist mir Ihr ausgezeichnetes BuchBFraenkel, Abraham!1928@Einleitung in die Mengenlehre, 3. Aufl., Berlin, 1928 die unentbehrliche Grundlage. Ich werde in meinem Seminar hauptsächlich Ihre Axiomatik besprechen.
Aus meiner „Syntax“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 mußte ich leider, nachdem ich das fertige MS (im Dezember 33) zum Druck eingeschickt hatte, einige Kapitel herausnehmen, da der vereinbarte Umfang überschritten war. Eines davon ist, etwas umgearbeitet, jetzt in den MonatsheftenIMonatshefte für Mathematik und Physik, Zeitschrift gedruckt; Sie werden in den nächsten Tagen einen Sonderdruck bekommen („Die Antinomien…“ vgl. SyntaxB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 S. 263). Dieser AufsatzB1934@„Die Antinomien und die Unvollständigkeit der Mathematik“, Monatshefte für Mathematik 41 (1), 1934, 263-284 stellt eine Ergänzung zu SyntaxB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934§ 60 dar.