Otto Neurath an Louis Rougier, Philipp Frank, Rudolf Carnap, 16. August 1934 August 1934

Herrn
Prof. L. Rougier
Prof. Ph. Frank
Prof. R. Carnap

Programmvorschlag für Paris.

I. Abteilung über Geschichte und Gegenwart von „Einheit der Wissenschaft“. In dieser Abteilung könnte alles gesammelt werden, was z. B. die Geschichte des Positivismus angeht, sowie aller Bestrebungen, die mit unseren verwandt sind. Aber hieher auch Geschichte der Logik, soweit sie für uns allgemein interessant ist. Aber auch alles, was die moderne Einstellung zur gleichartigen Behandlung aller Wissenschaften betrifft. „Physikalismus“ usw.

II. Erörterungen über Einzelwissenschaften, z. B. Vitalismusstreit. Psychologie, Soziologie usw. und ihre Eingliederung in die Wissenschaften. „Wissenschaftslogik“ mit spezieller Anwendung auf die einzelnen Disziplinen.

III. Induktion, Wahrscheinlichkeit, und die dazu gehörigen logischen Probleme, auch besondere Anwendung in Einzeldisziplinen. Vielleicht statistische Fragestellung in Physik und Soziologie usw. usw. Mehrdeutigkeit usw.

IV. Wissenschaftssoziologie. Welches sind die Bedingungen für das Entstehen und Wachsen der von uns vertretenen Anschauungsweise. Soziologisch-historische Analyse. Während in Abteilung I nur die histor[ische] Darstellung ohne solche Analyse zu erörtern wäre, also reine „Ideengeschichte“.

Im Sinne unserer VorbesprechungIVorkonferenz der internationalen Kongresse für Einheit der Wissenschaft, Prag, 31.VIII.-2.IX.1934 würde auf dem KongreßIKongressfuerEinheit@1. Kongreß für Einheit der Wissenschaft/Congrès International de Philosophie Scientifique, Paris, 16.-21.IX.1935 nur wissenschaftliche Darstellung vertreten sein. Eventuelle programmatische Zusammenkünfte und Erklärungen müßten im Sinne der bisherigen Erörterungen davon völlig getrennt werden.

Die Verhandlungen mit den Vortragenden wären so zu führen, daß der KongreßIKongressfuerEinheit@1. Kongreß für Einheit der Wissenschaft/Congrès International de Philosophie Scientifique, Paris, 16.-21.IX.1935 als Ganzes eine „Komposition“ hat und nicht nur eine Aneinanderreihung von Referaten bildet. Wenn man z. B. die geschichtliche Entwicklung überhaupt bringt, dann womöglich mit einer gewissen Vollständigkeit.

Das Ziel sollten weniger Diskussionen über Gegensätze als Betonung des Gemeinsamen sein. Die „antimetaphysischen“ Erörterungen wären daher aufzuteilen und nicht zu konzentrieren.

So wie der BerichtBBericht über die Prager Vorkonferenz in Heft 1 und dem Doppelheft 2/3 von Erkenntnis 5, 1935. über die Prager VorkonferenzIVorkonferenz der internationalen Kongresse für Einheit der Wissenschaft, Prag, 31.VIII.-2.IX.1934 eine Informationsquelle über unsere Bestrebungen sein soll, wobei nicht sehr ins Einzelne gegangen wird und es sich mehr um Beispiele handelt, soll der „Erste Internationale Kongreß“IKongressfuerEinheit@1. Kongreß für Einheit der Wissenschaft/Congrès International de Philosophie Scientifique, Paris, 16.-21.IX.1935 für einige Zeit als Standardpublikation in der wissenschaftlichen Welt „gefragt“ sein. Der KongreßberichtB wäre mit Bibliographien usw. auszustatten.

NEURATH 16.VIII.34

Brief, Dsl., 1 Seite, RC 029-10-37; Briefkopf: hsl. Carnap und 16.8.34; Signatur msl.


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