Rudolf Carnap an Friedrich Bachmann, 27. Juli 1934 Juli 1934

Sehr geehrter Herr Dr. Bachmann!

Haben Sie herzlichen Dank für die Zusendung Ihrer DissertationB und des Vortrages über die ExtremalaxiomeB1936@(gemeinsam mit Friedrich Bachmann) „Über Extremalaxiome“, Erkenntnis 6, 1936, 166–188. Ich habe beide Schriften mit lebhaftem Interesse gelesen, und an Ihren schönen und klaren Darstellungen Freude gehabt.

In meinen früheren Untersuchungen hatte ich mir die Verwendung der Extr[emal]-Axiome ein wenig anders gedacht, als Sie sie vornehmen. Meine Untersuchungen basierten auf einer allgemeinen Einteilung der verschiedenen Arten von Strukturen und daraufhin der verschiedenen Arten von ASen. Leider habe ich jetzt und wohl auch in absehbarer Zeit keine Möglichkeit, mich mit diesen Fragen wieder näher zu beschäftigen und die früheren Überlegungen für die Veröffentlichung auszuarbeiten. Wenn Sie Zeit und Lust hätten, möchte ich Ihnen mein ganzes Material mitteilen, und Sie könnten es zu einer Veröffentlichung unter unser beider Namen ausarbeiten. Allerdings wäre dabei ein Hindernis: meine Notizen sind nicht getippt, sondern nur stenographiert. Daher kann ich sie Ihnen nicht schicken. Wenn Sie aber im Wintersemester (von jetzt bis Mitte Okt. habe ich keine Zeit dazu) einmal für einige Tage oder etwas länger herkommen könnten, könnten wir alles durchsprechen.

Haben Sie vielleicht Lust, meine soeben erschienene „Logische Syntax“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 irgendwo zu besprechen? Rez.-Exemplare sind an folgende mathem[atischen] Zeitschriften gegangen: Jahresber[icht] D[eu]t[sche] Math[ematiker]-Ver[einigung]I; Unterr[ichts]-Bl[ätter] f[ür] Math[ematik] u. Nat[urwissenschaften]I; Zentralbl[att] f[ür] Math[ematik]I; Monatshefte f[ür] Math[ematik] u. Phys[ik]I; ferner an verschied[ene] philos[ophische] Zeitschriften.

Auf ein Versehen im Vortrag § 5, Anfang, möchte ich Sie aufmerksam machen: ein polym. AS muß nicht notwendig unvergleichbare Modelle besitzen; es kann ja z. B. 2 Strukturen haben, von denen die eine eine Teilstruktur der andern ist.

Noch ein grundsätzlicher Punkt: ein Extr[emal]-Ax. muß nicht gerade diejenigen Aussagenformen enthalten, die den Rest des AS bilden, sondern kann auch irgendwie abweichende, ja ganz beliebige enthalten. Extr[emal]-Ax. sind ebenso gut beliebig in andre ASe verschiebbar, wie alle übrigen Arten von Axiomen.

Mit freundlichen Grüßen
ksl.

Brief, msl. Dsl., 1 Seite, RC 028-02-02; Briefkopf: msl. Prag, den 27. Juli 1934.


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