\brief{Felix Kaufmann an Rudolf Carnap, 27. Juni 1934}{Juni 1934} %27./VI. 34 \anrede{Lieber Herr Carnap!} \haupttext{Herzlichen Dank für Ihren Brief! Ich freue mich \uline{sehr}, daß Ihre ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} in den nächsten Tagen erscheint. Selbstverständlich werde ich sie sehr gerne besprechen\IW{}, ebenso wie die bei Gerold\II{\gerold} erscheinende Broschüre\IW{}. Da ich aber für reichsdeutsche Zeitschriften nicht schreiben möchte, fragt es sich wo. Ich habe zuerst an die Zeitschrift f. Nationalökonomie\II{} gedacht und mit dem Schriftleiter Dr. Morgenstern\IN{\morgenstern} deswegen gesprochen. Er will auch eine Besprechung\IW{} bringen, aber diese womöglich selber machen. Wenn er sich dazu nicht fähig fühlt, wird er mir sie geben. Darauf habe ich mit Springer\IN{\springerjulius} gesprochen, um die Liste der Zeitschriften zu erhalten, an die Rez. Exempl. gehen. Aber Frau Lange\IN{\langefrau} sagte mir, daß Sie diesbezüglich noch keine Vorschläge gemacht haben. Es steht gar nichts im Wege, daß ich für eine englische oder amerikan[ische] Zeitschrift rezensiere; das ist eine gute Sprachübung für mich und wegen der sprachlichen Überprüfung durch einen sprachkundigeren Gewährsmann würde ich dann schon Lange\IN{\langetoenjes} fragen. Ich will mich also, soweit es sich nicht um reichsdeutsche Zeitschriften handelt, ganz nach Ihrem Wunsche richten, nur weiß ich nicht ob eine Zeitschrift, die mich nicht kennt, mir die Rez. ohne anderweitige Intervention \blockade{?} wird. Vielleicht schreiben Sie mir darüber nächstens ein paar Worte. Als Zeitpunkt der Abfassung der Rez. käme der Oktober in Frage. Wenn ich einstweilen Leihexemplare Ihres Buches\IC{\logischesyntax} und kleinen Schriften\IC{} erhalten könnte, wäre ich sehr froh. Wegen meines Schwagers\IN{\weissbarth} machen Sie sich keine Skrupel. Die Kanzlei geht ausgezeichnet und ich bin sicher, daß er und Dr. Reiner\IN{\reineranwalt} Ihnen besonders gerne gefällig sind. Es ist besonders erfreulich, daß Sie die Einladung nach London\II{\universitaetlondon} erhalten haben; aber ein Aufenthalt in London ist kaum eine Erfahrung und deshalb wäre es sehr gut, wenn Sie doch im Sommer in die Berge gehen könnten. Ich möchte gerne, wenn mein Buch\IW{\kaufmannmethodensoz} bis dahin fertig ist, am 11.\,August mit Else\IN{\kaufmannfrau} nach Iselsberg (bei Lienz) fahren um ca. 3 Wochen dort zu bleiben und dann nach Prag fahren. Mit Prof. Smith\IN{\smith} aus Chicago war ich nicht zusammen, ich kenne ihn nicht. Wenn Prof. Morris\IN{\morris} kommt, will ich ihn besonders freund\neueseite{}lich aufnehmen und ihm so weit ich kann dienlich sein. Wenn Sie in England nicht privat wohnen, empfehle ich Ihnen aufs wärmste das Shelbourne Hotel Upper Bedford Place im Univ. Viertel. Kosten pro Person für Zimmer mit Badebenutzung und opulentestem Frühstück ca. 7 \textonehalf{} engl. \blockade{?} pro Tag, vielleicht auch etwas billiger. Auch eine besonders nette Dame für Perfektion im Englischen kann ich Ihnen empfehlen. Mrs. Irene Grant\IN{\grantirene}, die lange hier in Wien war und vorzüglich Deutsch spricht. Sie ist eine sehr gute Freundin von Dr. Karl Polany [sic]\IN{\polanyi}, weiß bestimmt von Ihnen und würde Ihnen wahrscheinlich für Konversation und allenfalls sprachliche Durchsicht Ihrer Vorträge gar nichts rechnen, da Sie an der Person u. Sache sehr interessiert wäre. Auch sonst werde ich Ihnen vielleicht in Prag noch manches Zweckdienliche f. London sagen können. Ich habe aus der zweiten Sendung d[es] Kongreßkomitees entnommen, daß die Vortragstexte eingesandt werden müssen; es ist aber kein Termin angegeben; ich habe angefragt ohne bisher Antwort erhalten zu haben. Bei uns geht alles gut; das Kind\IN{\kaufmannkind} ist wirklich sehr nett und fühlt sich außerordentlich wohl. Ich bin etwas überarbeitet, aber die Arbeit geht wunschgemäß vorwärts und ich hoffe bis Anfang August im Wesentlichen mit ihr fertig zu sein. Im Zusammenhange dieser Arbeit habe ich mich auch wieder mit Ihren Analysen zum Behaviorismusproblem in der Erkenntnis\II{\erkenntnis} befaßt und auch Hempels\IN{\hempel} sehr gute populärere Darstellung gelesen. Vielleicht darf ich Ihnen demnächst ausführlicher darüber schreiben. Mengers\IN{\menger} Buch\IW{\mengerbuch} war auch für mich eine Enttäuschung, obwohl ich von Anfang an skeptisch war. Die Arbeit ist wirklich sehr unwesentlich. Ihnen und Ihrer Frau\IN{\ina} die herzlichsten Grüße und Sommerwünsche. Bitte gönnen Sie sich wenn irgend möglich eine ordentliche Erholung. In der Nähe von Lienz im Glocknergebiet ist ein Ort Kals, der mir sehr warm empfohlen wurde, ca. 1500 m hoch, Pension ca. 7 Schilling. Wenn Sie dorthin kämen, möchten wir auch gerne für einige Zeit dort sein.} \grussformel{Ihr\\ Felix Kaufmann} \briefanhang{Auch Else\IN{\kaufmannfrau} schickt die freundlichsten Grüße} \ebericht{Brief, hsl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870030}{RC 028-21-11}; Briefkopf: hsl. \original{27\,/\,VI 34}.}