\brief{Rudolf Carnap an Moritz Schlick, 28. Februar 1934}{Februar 1934} %5Prag, den 28. Februar 1934. \anrede{Lieber Schlick,} \haupttext{die Rockefeller Foundation\II{\rockefellerstiftung} hat das Gesuch abgelehnt. Im Jan. war ein Vetreter hier (Dr. Miller\IN{\millerdr}, ein Biologe), der mir schon sagte, daß kaum Aussicht bestände; und jetzt habe ich die offizielle negative Antwort bekommen. Die Gründe sind folgende: die gewöhnlichen fellowships sind nur für Leute bis zu 35 Jahren. Für mich kam daher nur eine ,,special fellowship`` in Betracht. Diese werden sehr selten vergeben. Der Hauptgrund war, daß man der Meinung war, mein Arbeitsgebiet liege außerhalb des Programms der Foundation; es gibt keine fellowships für Philosophie und meine Arbeiten gehörten nicht eigentlich zur Mathematik. Außerdem sind die Mittel der Foundation\II{\rockefellerstiftung} jetzt sehr vermindert und anderweitig stark in Anspruch genommen. Es ist bedauerlich, daß man mir diesen Bescheid nicht schon ein Jahr früher mitgeteilt hat. Dann hätte ich damals schon anfangen können, mich nach andern Möglichkeiten umzusehen. Ich habe nach wie vor den dringenden Wunsch, für einige Zeit hinüberzukommen. Wenn ich einmal drüben bin, würde ich mich energisch nach Möglichkeiten umsehen, dort zu bleiben; aber das ist natürlich nur ein persönlicher Hintergedanke dabei. Soviel ich weiß, gibt es keine andere Stiftung ähnlicher Art wie die Rockefeller Foundation\II{\rockefellerstiftung}, bei der man ein Forschungsstipendium ansuchen kann? Es kämen also wohl nur Einladungen zu Gastvorlesungen in Betracht. Ich habe inzwischen mein Englisch erheblich verbessert und bin noch eifrig dabei. Vom Herbst ab könnte ich Vorlesungen in englischer Sprache halten. Ich möchte Dich nun um Auskunft und Rat bitten: was für Möglichkeiten bestehen, um Einladungen zu Vorlesungen für kürzere oder längere Zeit zu bekommen? Und was für Schritte kann ich in Richtung darauf unternehmen? (So etwas wie eine Austauschprofessur kommt wohl für mich nicht in Betracht?) Der Druck der ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} schreitet gut vorwärts. Er ist sorgfältig ausgeführt, es ist nur wenig zu korrigieren. Ogden\IN{\ogden} hat mir (ohne mein Zutun) geschrieben, daß er eine englische Übersetzung davon herausgeben möchte. Sobald er Bestimmtes über die Bedingungen schreibt, werde ich mich an Springer\IN{\springerjulius} wenden. Vielleicht ist es besser, wenn Du vorläufig zu Springer\IN{\springerjulius} noch nicht davon sprichst, da es noch nicht bestimmt ist. Ich bin natürlich sehr froh über die Aussicht, besonders auch im Hinblick auf die Amerika-Pläne. Kaila\IN{\kaila} schreibt, daß er sehr an der ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} interessiert ist und jetzt gerade Zeit hätte, sie zu studieren. Falls Du Dein Korrekturexemplar jetzt nicht brauchst, könntest Du es ihm vielleicht geben? Ich habe nämlich augenblicklich kein Korrekturexemplar verfügbar. Wenn ja, kannst Du Dich vielleicht telephonisch mit ihm verständigen? (Er wohnt Pension Atlanta, Währingerstr. 33). \neueseite{} Hast Du das erste Heft unserer neuen Zeitschrift ,,Philosophy of Science``\II{\philosophyofscience} gesehen, das im Jan. erschienen ist? Ich hoffe, es wird was Ordentliches draus. Schreibst Du mal einen Aufsatz dafür? Frank\IN{\frankphilipp} berichtet, daß die Bücher\IW{\waismannbuch}\IW{} von Waismann\IN{\waismann} und Wittgenstein\IN{\wittgenstein} nahezu fertig sind. Wie steht es damit? Wir waren jetzt acht Tage skilaufen im Riesengebirge. Wir hatten herrliche Tage, gerade während der großen Ereignisse in Wien. Ich komme wahrscheinlich in der Woche vor Ostern nach Wien. Ich würde mich freuen, Dich zu sehen. Oder bist Du dann schon verreist? Mit herzlichen Grüßen} \grussformel{\blockade{ksl.}} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870775}{MS 95/Carn-37 (Dsl. RC 029-28-24)}; Briefkopf: gestempelt \original{Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag XVII. \,/\, N. Motol, Pod. Homolkou}, msl. \original{Prag, den 28.\,Februar 1934}.}