\brief{Rudolf Carnap an Felix Kaufmann, 16. Jänner 1934}{Jänner 1934} %Prag, den 16.Januar 1934. \anrede{Lieber Herr \textit{Kaufmann},} \haupttext{endlich ist etwas Schwung in den Gang meiner Stipendiumsangelegenheit gekommen. Gestern erhielt ich einen Brief, daß Dr. Miller\IN{\millerdr}, mit dem Sie in Paris gesprochen haben, am Abend nach Prag käme. Ich habe ihn auch gleich gestern gesprochen. Meine Hoffnungen waren nach Erhalt seines Briefes, von dem ich Ihnen schrieb, auf ein Promille gesunken; gestern sind sie wieder auf ein Prozent gestiegen. Vielleicht war der Hauptpunkt, der ihm erst durch das Gespräch mit mir klar zu werden schien, der, daß ich ein Special Fellowship anstrebe; obwohl das in allen meinen Brief betont war, und meines Wissens auch in einigen Gutachten, scheint er diesen Punkt bisher übersehen zu haben. Das Wichtige daran ist, daß für diese Sorte von Stipendien die Altersgrenze von 35 (die bei den gewöhnlichen Stipendien sehr streng eingehalten zu werden scheint) nicht festgesetzt ist. Aber er sagt, daß in den letzten 4-5 Jahren höchstens 10 Special Fellowships verteilt worden sind! Zu meinem Unglück haben sie auch im Dezember die Weisung erhalten, daß sie, aufgrund der gekürzten Gelder, zwei Fächer bevorzugen sollen, nämlich Biologie und Physik, dagegen die bisher gleich begünstigten Fächer Mathematik, Chemie u. dgl. mehr in den Hintergrund treten lassen sollen. Meine Chance ist also auch im Fall der Zurechnung meines Gebietes zur Mathematik jetzt besonders klein. Erfreulich aber ist, daß er mir versprochen hat, daß ich von dem Mann (Dr. Tisdale\IN{\tisdale}, der im Herbst in China war), der anscheinend die endgültige Entscheidung hat, bis 1.\,Februar endgültigen Bescheid bekommen soll. So wollen wir also unser Fünklein Hoffnung bis zum 1.\,Februar noch glimmen lassen. Es scheint mir, daß Ihre Vorsprache im Herbst, und die Gutachten, zu denen Sie mir rieten, doch mit Anlaß zu seinem baldigen Herkommen waren. Nehmen Sie nochmals meinen herzlichsten Dank! Miller\IN{\millerdr} sagte, daß er in einigen Tagen (ich glaube, am 19. u. 20.) in Wien sein würde, und dort mit Hahn\IN{\hahnhans} und Menger\IN{\menger} sprechen wolle. Ich schreibe daraufhin jetzt an die beiden, und bitte sie, Miller\IN{\millerdr} auf die Zugehörigkeit meiner Arbeit zur Mathematik aufmerksam zu machen. Es scheint ihm gestern auch einigen Eindruck gemacht zu haben, daß ich ursprünglich Physiker war; da Physik jetzt das begünstigte Fach ist und der entscheidende Dr. Tisdale\IN{\tisdale} auch Physiker ist, will ich noch Frank\IN{\frankphilipp} und Ehrenhaft\IN{\ehrenhaft} bitten, über die Beziehungen meiner Arbeit zur Physik Gutachten zu schreiben. Damit habe ich dann wohl alles getan, was in meinen Kräften steht. Wenn ich endgültigen Bescheid habe, gebe ich Ihnen gleich Nachricht. Lautet er negativ, will ich mich mit allen in Frage kommenden Leuten wegen Gastvorlesungen in Verbindung setzen. Gestern ist die gekürzte ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} wieder an Springer\II{\springerverlag} abgegangen. Schade, daß nochmals eine Verzögerung eintrat. Bitte grüßen Sie Ihre Frau\IN{\kaufmannfrau} herzlich von uns beiden. Und Ihnen mit nochmaligem Dank die besten Grüße von} \grussformel{Ihrem\\ R. Carnap} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/808392}{FK 008180 (Dsl. RC 028-21-23)}; gestempelt \original{Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag XVII. \,/\, N. Motol, Pod Homolkou}, msl. \original{Prag, den 16.\,Januar 1934}.}