\brief{Hans Reichenbach an Rudolf Carnap, 14. Jänner 1934}{Jänner 1934} %14.1.34. %Istanbul-Madiköy %Mühürdarcaddesi %Nazli Hanim Ap. %Herrn Prof. Dr.Rudolf Carnap %Prag \anrede{Lieber Carnap,} \haupttext{Ihr Brief vom 6.\,1. hat sich mit meinem vom 5.\,1. gekreuzt. Heute schicke ich Ihnen zwei Durchschläge von Briefen, die bei Ihnen bleiben können, zu Ihrer Orientierung. Die Sache mit Dubislav\IN{\dubislav} hat vor allem deshalb noch Schwierigkeiten, weil er von Meiner\II{\meinerverlag} ein sehr hohes Honorar gefordert hat, das die Zs.\II{\erkenntnis} unmöglich tragen kann. Auch geht es mit dem Vetorecht nicht so einfach. Ich habe ihm schon mündlich und schriftlich zugesagt, daß wir natürlich unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen nichts bringen werden, was er nicht für gut hält. Aber wir können ihm nicht gut ein absolutes Vetorecht im formellen Sinne übertragen, da wir die Zs.\II{\erkenntnis} damit sozusagen aus der Hand geben würden, und an jemand, der in Deutschland sitzt und [sich] in einer vollständig abhängigen Lage [befindet]. Wir könnten, da er leider sehr auf dem formellen besteht, höchstens ausmachen, daß er zwar ein Vetorecht hat, daß wir aber seine Mitwirkung von Heft zu Heft kündigen können. Auf diese Weise ist er davor geschützt, daß unter seinem Namen als Mitherausgeber etwas erscheint, was er nicht billigt, andrerseits geben wir die Zs.\II{\erkenntnis} nicht aus der Hand. Ich korrespondiere deswegen noch mit Meiner\IN{\meinerfelix}; es steht noch nicht fest, ob D[ubislav]\IN{\dubislav} überhaupt notwendig ist, oder ob es vielleicht auch ganz ohne einen in Deutschland ansässigen Herausgeber geht. Übrigens scheint es, als ob D[ubislav]\IN{\dubislav} sich auch aus Gründen seines Fortkommens etwas \neueseite{} vor einer zu engen Kopplung mit der Erkenntnis\II{\erkenntnis} scheut, wenigstens schrieb er in diesem Sinne an Meiner. Es ist heute ja nicht leicht, Klarheit zu erhalten, da man in Briefen sehr vorsichtig sein muß. Ich halte D[ubislav]\IN{\dubislav} für menschlich absolut zuverlässig, aber er ist natürlich in einer abhängigen Lage, und da läßt sich nichts voraussagen über etwaige Konzessionen, die er ev[entuell] plötzlich für nötig hält. Der Bericht von Klatt\IN{\klattfritz} macht in der Tat einen ziemlich gleichgeschalteten Eindruck. Ich möchte das in der Hauptsache für Tarnung halten. Noch im letzten Sommer (1932) war er scharfer Gegner der Nazis. Aber man weiß heute nie, was in Deutschland los ist. Es gibt da merkwürdige Wandlungen bei manchen Leuten, die so halb und halb die Nazis bejahen möchten, weil sie sich von dem Erfolg imponieren lassen. Rüstow\IN{\ruestow}, der hier als Professor für Wirtschaftsgeographie [tätig] ist, ist der Mann vom Lügner. Er wohnt nahe bei mir und macht einen guten Eindruck. Ich werde ihn öfter sehen. Sie fragen nach der Art der Übersetzung meiner Vorlesungen. Der Dolmetscher, der mein Assistent ist, übersetzt Satz für Satz. Das macht den Vortrag recht schwerfällig, aber anders ging es nicht, da es sonst für den Dolmetscher zu schwer ist. Mit den besten Grüßen} \grussformel{Ihr\\{}[Hans Reichenbach]} \ebericht{Brief, msl. Dsl. ,2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/848558}{HR 013-41-26}, Briefkopf: msl. \original{14.\,1.\,34 \,/\, Istanbul-Madiköy \,/\, Mühürdarcaddesi \,/\,Nazli Hanim Ap. \,/\, Herrn Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag}.}