Wir hoffen sehr, Dich nach dem 9. Jan. hier zu sehen! FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank wird jetzt in Wien sein, verabrede mit ihm!
Soeben schreibt mir Urania-BratislavaIUrania Pressburg: sie können sich nicht nach Brünn richten, wünschen auf jeden Fall 4. April. Falls Brünner Vortrag nicht zeitlich nahe, wollen sie 700 Kč zahlen. Ich sage jetzt zu. Sie wünschen doch das alte Thema „Von Gott und Seele“B1934@„Von Gott und Seele“, Vortrag gehalten in Brünn, April 1934.1Zu diesem Vortragsthema siehe oben, Brief Nr. , zum Vortrag TB 4. 4. 1934.
Du fragst nach einem Vortrag im MachvereinIVerein Ernst Mach für 6. April. Das Datum paßt mir gut. Ich möchte am liebsten darüber sprechen, daß Wissenschaftslogik Syntax ist (also Thema vielleicht „Über Wissenschaftslogik“, „Über die Probleme der Wissenschaftslogik“, „Wissenschaftslogik und Syntax“, „Wissenschaft und Syntax“, „Was ist Wissenschaftslogik“ oder ähnlich). Bitte, wenn möglich, Honorar so, daß es mir einige Tage Aufenthalt in Wien finanziert; also mindestens 20 S (möglichst aber mehr), dazu 20 Exemplare „Wissenschaftliche Weltauffassung“BVerein Ernst Mach!1929@Wissenschaftliche Weltauffassung. Der Wiener Kreis, Wien, 1929. Lieber wäre es mir, wenn ich nicht ganz populär sprechen müßte, sondern etwas wissenschaftlicher, vor geladenem Kreis (wie FraenkelaFränkelPFraenkel, Abraham, 1891–1965, dt.-israel. Mathematiker und BehmannPBehmann, Heinrich, 1891–1970, dt. Mathematiker). Leider habe ich versäumt, mir von FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank seine Wiener Adresse geben zu lassen. Bitte schicke oder gib ihm beiliegendes Blatt oder lies es ihm telefonisch vor.
Falls aus dem geplanten Vortragszyklus in Brünn etwas wird, wäre es vielleicht besser, anstatt des früher geplanten Themas „Die Philosophie – Opium für die Gebildeten“ das Thema „Die Philosophie als Feind der Wissenschaft“ zu nehmen.2Vgl. dazu oben, Brief Nr. . In Brünn habe ich vor einem Jahr den Vortrag „Überwindung der Metaphysik“B1932@„Die Überwindung der Metaphysik und das Weltbild der modernen Philosophie“, Vortrag am 10.12.1932 in der VHS in Brünn gehalten; und das erste Thema ist dem vielleicht zu nah.
Zu Deinen Andeutungen über meine Entwicklung. Im ganzen richtig. Meine „Syntax“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 hat historisch zwei Wurzeln: 1. WittgensteinPWittgenstein, Ludwig, 1889–1951, öst.-brit. Philosoph, 2. Metamathematik (TarskiPTarski, Alfred, 1901–1983, poln.-am. Mathematiker und Logiker, GödelPGödel, Kurt, 1906–1978, öst.-am. Mathematiker). Ob weniger Architektur? Da müssen wir sehen, was Du zu meinem BuchB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 sagen wirst. Vielleicht in gewissem Sinn ja: weniger dogmatisch („Toleranzprinzip der Syntax“). – Entwicklung des ZirkelsISchlick-Zirkel, Wiener Kreis. Darüber möchte ich sehr gern mal mit Dir sprechen, der Du ja mehr historischen Blick hast als ich. Ich sehe hauptsächlich drei Phasen: 1. 1925–30, im Mittelpunkt: WittgensteinsPWittgenstein, Ludwig, 1889–1951, öst.-brit. Philosoph TractatusBWittgenstein, Ludwig!1921@Logisch-philosophische Abhandlung, Leipzig, 1921, nebenbei: mein AufbauB1928@Der logische Aufbau der Welt, Berlin-Schlachtensee, 1928. Auffassung, die alles sehr vereinfacht; Gefahr des Dogmatismus. Ablehnung der Metaphysik durch ein zu stark vereinfachtes Schema. Alle Schwierigkeiten scheinen gelöst. Der Drache ist getötet, jetzt braucht nur noch ein wenig durch Erläuterungen geklärtbHsl. Korrektur von erklärt. zu werden. 2. Die neue Phase kommt aus zwei Neuerwerbungen: 2a. (Hauptsächlich seit 1929?) Physikalismus, Einheitswissenschaft; Brücken zwischencHsl. Einschub. den 🕮{}Fächern; die Aufmerksamkeit geht nicht nur auf Physik, sondern weiter: auf Psychologie und Soziologie. 2b. SyntaxB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 hauptsächlich seit 1931 (mein erster Entwurf: Jan. 1930; starker Einfluß durch TarskisPTarski, Alfred, 1901–1983, poln.-am. Mathematiker und Logiker Vorträge in Wien, Februar 1930, mißachtet von SchlickPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick und WaismannPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann). Allmählich wird uns immer klarer: alle unsere Probleme sind syntaktische Probleme. Dient zur Bekräftigung der These der Einheitswissenschaft. Nicht: alles ist gelöst, sondern eine Menge neuer Aufgaben, die in Angriff zu nehmen sind.
Wir beide wünschen Euch gute Feiertage. InaPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap läßt fragen, ob Du sehr enttäuscht warst über ihre Notizen. Seit mein BuchB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 abgeschickt ist, fühle ich mich in richtiger Ferienstimmung. Ich habe schon eifrig in den Basicbüchern gelesen. Ich hätte nie geglaubt, daß sich mit so einfachen Mitteln eine Teilsprache mit so reichen Möglichkeiten herausheben läßt. Von Logik hat OgdenPOgden, Charles Kay, 1889–1957, brit. Linguist und Philosoph allerdings nicht viel Ahnungen.
Sehr herzliche Grüße