\brief{Rudolf Carnap an Moritz Schlick, 13. November 1933}{November 1933} %Prag, den 13. November 1933. \anrede{Lieber Schlick!} \haupttext{Entschuldige, daß ich so lange nicht schrieb. Nun will ich Dir über alles berichten. Herzlichen Dank für Deine Grüße. Ich freue mich sehr, zu hören, daß Du einen schönen Sommer gehabt hast. Mir geht es gut. Wir waren damals nur kurz in Prebichl in Steiermark. Ich entschloß mich dann, noch nach Deutschland zu fahren. Ich hatte große Freude an den Kindern, die sich gut entwickeln; wir hatten eine nette Zeit zusammen in den oberbayrischen Bergen. Die Verständigung mit meiner früheren Frau\IN{\elisabeth} war leider durch die politischen Differenzen, die ja jetzt in alles hineinspielen, erheblich erschwert. Gramms\IN{\maue}\IN{\gramm} besuchte ich in Söcking, in der Nähe des Starnbergersees, wo sie jetzt ein nettes kleines Haus besitzen, in dem sie den ganzen Sommer und Herbst gewohnt haben. Es ging Maue\IN{\maue} gut, besser als voriges Jahr. Seit 11.\,August bin ich wieder in Prag. Die ruhige Ferienzeit habe ich für die ,,Syntax``\IC{\logischesyntax} ausgenutzt. Daß Springer\II{\springerverlag} die Umfangsgrenze von 15 auf 17 Bogen erhöht hat, wird er Dir geschrieben haben. Das neue Kapitel über allgemeine Syntax bedurfte noch gründlicher Umarbeitung. Jetzt bin ich endlich fertig damit und bin mit dem Fertigmachen des letzten Kapitels beschäftigt (dessen erste Formulierung Du früher gesehn hast). Ich wollte gern bis zum Beginn der Vorlesungen ganz fertig werden. Leider ist das nicht ganz gelungen. Jetzt ist das Tempo der Arbeit durch die Vorlesungen usw. etwas verzögert. Aber nun bin ich bald am Ende. Von im Ganzen 103 Paragraphen sind 97 fertig geschrieben, davon 83 auch schon abgetippt (Ina\IN{\ina} ist fleißig dabei). Der Rest wird wohl nächste Woche fertig sein. Dann will ich das Ganze nochmals durchlesen und korrigieren, damit möglichst wenig Druckfehler durch meine Schuld entstehen. Ich schätze also, daß ich das MS\IC{\logischesyntax} in etwa 3 Wochen an Springer\II{\springerverlag} schicken werde. Wir hatten im August einige Wochen Hempel\IN{\hempel} zu Besuch. Er hat ein Stipendium von Oppenheim\IN{\oppenheim} und arbeitet einige Dinge für ihn aus. Ich hatte erfreuliche Aussprachen mit ihm. Im Januar will er sein Doktorexamen machen, leider bei Maier\IN{} infolge R.s\IN{\reichenbach}\blockade{Reichenbach?} Weggehen. Felix Kaufmann\IN{\kaufmannfelix} war im Oktober in Paris und hat für mich bei Rockefeller\II{\rockefellerstiftung} interveniert. Hoffentlich kommt dadurch die Sache endlich in Gang. \neueseite{} Reichenbach\IN{\reichenbach} hat mir geschrieben (Adresse: Istanbul-Moda, Moda-Palas-Oteli). Ende September wurde ihm in B[erlin] die Lehrbefugnis entzogen. Seine Stelle in Istanbul ist gut bezahlt, aber er muß in 3 Jahren türkisch lernen und jetzt mit Hilfe eines Dolmetschers vortragen. Meiner\II{\meinerverlag} will die Erkenntnis\II{\erkenntnis} weiter herausbringen; bisher sind keine Schwierigkeiten entstanden. Wir müssen sehen, wie es weitergeht. Dubislav\IN{\dubislav} zeichnet nominell als Mitherausgeber, damit einer in Deutschland ist. Reichenbach\IN{\reichenbach} will die Geschäftsführung weiter in der Hand behalten. Ich habe Bedenken, da er bisher schon immer alles stark verzögert hat. Vorige Woche haben wir bei Franks\IN{\frankphilippfrau} \IN{\frankphilipp} v. Laue\IN{\laue} getroffen, der zu einem Vortrag hier war. Er ist sehr deprimiert über die Zustände drüben. Mit herzlichen Grüßen} \grussformel{Dein\\ \blockade{ksl.}} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870789}{RC 029-28-26}; Briefkopf: msl. \original{Prag, den 13.\,November 1933}.}