\brief{Rudolf Carnap an W.V.O. Quine, 04. June 1933}{Juni 1933} %Prof. Dr. Rudolf Carnap %Prag XVII. %N. Motol, Pod Homolkou %Prag, den 4.Juni 1933. \anrede{Lieber Herr Dr. \textit{Quine}!} \haupttext{Besten Dank für Ihren ausführlichen Brief aus Warschau. Wir haben uns gefreut, zu hören, daß Sie beide eine so schöne und interessante Reise gehabt haben. Das Unglück Ihrer Frau\IN{\quinefrau} hat uns sehr leid getan. Ich weiß aus meiner Erfahrung in Wien im Dezember, wie unangenehm es ist, in einer fremden Stadt ins Hospital zu müssen. Wir hoffen aber, daß der Fuß inzwischen wieder vollständig heil ist, sodaß Sie beide auf Ihrer weiteren Reise unbehindert sind. Ich freute mich auch sehr, zu hören, daß der Warschauer Aufenthalt für Sie so fruchtbar gewesen ist. Die Menschen dort sind ja außerordentlich freundlich und hilfreich, mehr als in einem andern Land Europas. Und sie machen ausgezeichnete Arbeiten. Hat Tarski\IN{\tarski} Ihnen gesagt, ob seine große Arbeit polnisch oder deutsch erscheinen wird? Ich hoffe sehr, das letztere. Im Mai bekam ich Nachricht von Lewis\IN{\lewis}, daß er an die Rockefeller-Stiftung\II{\rockefellerstiftung} geschrieben hat. Ich habe dann auch noch selbst dorthin geschrieben. Man hat mir geantwortet, daß die Reisepläne so besetzt sind, daß der Vertreter vor dem späten Sommer oder frühen Herbst nicht herkommen kann, daß man aber diesen notwendigen Besuch so bald als möglich machen will. Ich schließe hieraus, daß man der Ansicht ist, daß das Stipendium für mich wenigstens nicht ganz unmöglich ist; ferner, daß ich es zwar nicht mehr für diesen Herbst bekommen kann, aber vielleicht dann doch nicht bis zum Herbst 1934 warten muß. Jedenfalls sehe ich nun der weiteren Entwicklung dieser Angelegenheit mit Ruhe entgegen. Für das freundliche Anerbieten Ihrer Hilfe herzlichen Dank! Sollte es später einmal erforderlich sein, so werde ich es gern annehmen. Solange aber die Aussicht auf das Rockef[eller]\II{\rockefellerstiftung}-Stipendium noch nicht ganz verschwunden ist, will ich keine direkten Schritte wegen einer Stellung in Amerika unternehmen. Denn ich denke mir: wenn ich zunächst ein Jahr mit R[ockefeller]\II{\rockefellerstiftung}-Stipendium drüben sein kann, die Sprache gut lernen kann, Vorträge halte, und vielleicht auch eine engl[ische] Übersetzung meines Buches\IC{\logischesyntaxenglisch} inzwischen erscheinen würde, so würde mir das alles die Erlangung einer Professur wesentlich erleichtern. Malisoff\IN{\malisoff} schreibt mir soeben, daß das erste Heft der neuen Zeitschrift\II{\philosophyofscience} Okt.-Nov. erscheinen soll. Unter den Herausgebern sind Lewis\IN{\lewis}, Bridgman\IN{\bridgman}, Whitehead\IN{\whitehead}, Cohen\IN{\cohen}. Ich soll Herausgeber für Europa sein. Es liegen schon Manuskripte\IW{} vor von Feigl\IN{\feigl}, Blumberg\IN{\blumberg}, Haldane\IN{\haldane}, Reiser\IN{}, Watson\IN{\watsonjohn}, Bell\IN{}, Struik\IN{}. Ich hoffe, Sie werden auch bald unter den Mitarbeitern auftreten! Vorgestern ist Hempel\IN{\hempel} abgereist. Wir haben viel über Wahrscheinlichkeit, Induktion, Protokollsätze diskutiert. Ihnen und Ihrer Frau\IN{\quinefrau} herzliche Grüße von uns beiden, und beste Wünsche für ein gute Überfahrt!} \grussformel{Ihr\\ R. Carnap} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/854794}{WQ}: Briefkopf: gedr. \original{Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\, Prag XVII. \,/\, N. Motol, Pod Homolkou}, msl. \original{Prag, den 4.\, Juni 1933}.}