Heinrich Behmann an Rudolf Carnap, 7. Februar 1933 Februar 1933

Lieber Herr Carnap‚

verzeihen Sie bitte, daß ich Ihre Semantik IIB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 immer noch nicht zurückgeschickt hatte. Ich hatte Ihnen ja meine Ansichten über einzelne Punkte mitteilen wollen; aber leider fühle ich mich in der trüben Jahreszeit dazu kaum imstande, da die nötige Konzentration mir nur ausnahmsweise gelingt. Es wäre gewiß sehr zu begrüßen, wenn Sie das BuchB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 auf eine Form bringen könnten, die an den Leser nicht ganz die hohen Ansprüche stellt. Vor allem halte ich Ihre Ausführungen über Aussagengehalt und Wahrscheinlichkeit für außerordentlich wertvoll. Es wäre vielleicht eine dankbare Aufgabe, diesen Teil der Gesamttheorie, damit er eine größere Wirkung hat, in einem Aufsatz für sich zusammen nur mit den zum Verständnis notwendigen Voraussetzungen, wenn möglich, in leichterem Stil, darzustellen. Mir scheint das namentlich wegen der immer noch nicht abgeschlossenen Diskussion über die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung sehr wichtig.

Die Verzögerung der Rücksendung kam zum Teil daher, weil ich gern mein MS „Sind die mathematischen Urteile analytisch oder synthetisch?“BBehmann, Heinrich!Sind die mathematischen Urteile analytisch oder synthetisch? MS 1933 für Erkenntnis fertigstellen und Ihnen zur Durchsicht beifügen wollte. Es handelt sich um einen Vortrag, den ich in der Kantgesellschaft in KielIKantgesellschaft in Kiel und hier vor einigen Jahren gehalten habe. Dem Wesen der Veranstaltung nach mußte es mir mehr auf Verständlichkeit als auf die strenge Durchführung in allen Einzelheiten ankommen; so darf man bei der Beurteilung in der letzten Hinsicht wohl nicht zu anspruchsvoll sein. Ich möchte sie bitten, das MSBBehmann, Heinrich!Sind die mathematischen Urteile analytisch oder synthetisch? MS 1933 für Erkenntnis– falls Sie nicht, was ich kaum annehme, wesentliche Änderungen für wünschenswert halten – an Herrn ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph, ab 1921 verh. mit Elisabeth Reichenbach, ab 1946 verh. mit Maria Reichenbach zum Abdruck in der „Erkenntnis“IErkenntnis, Zeitschrift weiterzuleiten. Falls es möglich ist, wäre es ja sehr schön, wenn der Aufsatz mit dem von ScholzPScholz, Heinrich, 1884–1956, dt. Philosoph über das gleiche Thema in nahe Verbindung käme.

Ich lege noch einen Durchschlag eines von mir im mathematischen KolloquiumIMathematisches Kolloquium von Karl Menger gehaltenen Vortrages über „Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung“BBehmann, Heinrich!„Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung“, Vortrag, gehalten im Mathematischen Koloquium bei, der für Sie im Zusammenhang mit dem erwähnten Abschnitt Ihrer Semantik IIB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 einiges Interesse haben wird. (Er bleibt zu Ihrer Verfügung.)

Für Ihre Anfrage bezüglich der Zusendung von Sonderdrucken danke ich Ihnen; wollen Sie für Ihre Versendungsliste notieren, daß ich Bezieher der ErkenntnisIErkenntnis, Zeitschrift bin und daher auf den immer knappen Vorrat an Sonderabdrucken keinen Anspruch mache. Wäre es nicht zweckmäßig, eine Liste der Bezieher einem Heft lose beizufügen oder wenigstens an die Mitarbeiter zu verteilen? Damit würde doch der Nutzeffekt der SA wesentlich vergrößert. 🕮

Die beabsichtigtenden Absatz als „typo“ ignoriert Bemerkungen allgemeinerer Natur zur Semantik IIB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934– Einzelheiten habe ich ja am Rande vermerkt – denke ich Ihnen zu schreiben, sobald es mir einigermaßen möglich ist. Das Schlußkapitel hat mir Herr GödelPGödel, Kurt, 1906–1978, öst.-am. Mathematiker geschickt; ich werde es auf jeden Fall in Kürze durchsehen.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr
Heinrich Behmann

Brief, msl., 2 Seiten, RC 028-06-03 (Dsl. RC 115-10-21); Briefkopf: msl. Halle, Moltkestr. 5  /  7. Februar 1933.


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