\brief{Karl Popper an Rudolf Carnap, 16. Jänner 1933}{Jänner 1933} %\{16.1.33 %\guilsinglleft{}?\guilsinglright{}\} \anrede{Sehr geehrter Herr Professor,} \haupttext{schon lange wollte ich Ihnen schreiben, da ich gerne wüßte, wie es Ihnen geht. Aber ich dachte mir immer, daß Sie Ihre Korrespondenz wohl gerade genug in Anspruch nehmen dürfte. Ich möchte Sie also bitten, mir auf diesen Brief nur zu antworten, wenn es Ihnen schon so weit gut geht, daß es Sie nicht anstrengt. Vor allem möchte ich Ihnen berichten, daß ich das Ms. des letzten Kapitels der ,,Semantik``\IC{\logischesyntax} noch nicht an Hempel\IN{\hempel} geschickt habe. Wenn es Ihnen recht ist, so möchte ich es gern noch einige Zeit behalten, da ich über einige Punkte mit Ihnen auch noch gerne korrespondieren würde. Was mein Buch\IW{\popperldf} betrifft, so stehen die Dinge so schlimm wie früher (wenn nicht schlimmer). \uline{Gomperz}\IN{\gomperz} hat versucht, durch einen langen und eingehenden Brief den Verlag \uline{Mohr}\II{\mohrverlag} in Tübingen zu gewinnen, aber vergeblich: Mohr\II{\mohrverlag} hat sofort abgelehnt. Über andere Verbindungen verfügt Gomperz\IN{\gomperz} nicht. \uline{Schlick}\IN{\schlick}, von dem also alles abhängt, will mir nächste Woche sein (jedenfalls entscheidendes) Urteil bekanntgeben. Ich habe (nach meinem Gespräch mit Ihnen) nicht viel Hoffnung, daß es positiv ausfallen wird. Trotzdem wäre ich natürlich froh, wenn jemand, auf dessen Urteil Schlick\IN{\schlick} etwas gibt, nochmals den Versuch machen würde, Schlick\IN{\schlick} klarzumachen, daß er durch die Ablehnung des Buches immerhin eine nicht unbedeutende Verantwortung auf sich nimmt; und jedenfalls eine weit schwerere, als durch die Empfehlung. Denn daß das Buch sich mit dem Großteil dessen, was heute gedruckt wird, ruhig messen kann, das wird auch ihm wohl nicht zweifelhaft sein; und ob es (über das hinausgehend) \uline{mehr} wert ist, darüber zu entscheiden sollte er eben der Öffentlichkeit umsomehr Gelegenheit geben, als die Meinung über diesen Punkt zumindest \uline{geteilt} sind (um das zu zeigen, lege ich eine \uline{auszugsweise Abschrift} des ziemlich langen Gomperzbriefes\IN{\gomperz} für Sie bei). \uline{Ohne Sie drängen zu wollen}, möchte ich durch diesen Brief anregen, daß Sie, wenn es Ihr Gesundheitszustand erlaubt und Sie es auch selbst für richtig halten, an Schlick\IN{\schlick} nochmals schriftlich herantreten. Ich kann mir schon denken, daß ein solcher Brief unter Umständen doch mehr Eindruck machen würde als z.\,B. eine mündliche Mitteilung, in der naturgemäß ja doch meist andere Themen im Vordergrund stehen würden. Ich möchte nochmals betonen, daß ich mit diesem Brief (nur, um in dieser doch nicht gleichgültigen Angelegenheit nichts zu versäumen) eine \uline{Anregung} geben und im übrigen auf Ihre Entschlüsse möglichst wenig Einfluß nehmen möchte. Ich hoffe sehr, daß es Ihnen schon besser und möglichst bald wieder ganz gut geht und grüße Sie herzlichst} \grussformel{Ihr\\ Karl Popper} \briefanhang{Wien, 16.\,Jänner 1933\\ \noindent{}XIII., Anton Langergasse 46.} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/871431}{RC 102-59-64}; Briefkopf: \blockade{ksl.}.}