\brief{Otto Neurath an Rudolf Carnap, 5. November 1932\labelcn{1932-11-05-Neurath-an-Carnap}}{November 1932} \anrede{Lieber Carnap!} \haupttext{Ich komme auf der Durchreise nach Amsterdam am 9. November um 14 Uhr 30 nach Prag. Ich hoffe, Ihr erwartet mich auf dem Bahnhof (Wilson). Es trifft sich gut, daß aus buchhändlerischem Interesse nicht das Erscheinen der Schriftenreihe\II{\einheitswissenschaftschriftenreihe} vor Weihnachten wünschenswert wäre, wie ich dachte, sondern erst im Januar nach dem Weihnachtsgeschäft (die Ungeduld hatte sehr realistische Gründe), so daß Ihr, \uline{was mir doch sehr erwünscht ist}, das Manuskript\IW{\neuratheinheitswissenschaftbuch} in Ruhe lesen könnt.\fnE{Neurath, \textit{Einheitswissenschaft und Psychologie}.} Ich sende es vor meinem Kommen. Die Sammlung\II{\einheitswissenschaftschriftenreihe} soll auch ein finanzieller Erfolg sein und Arbeiten ermöglichen helfen. Z.\,B. Übersetzung der psychoanalytischen Terminologie usw. Es wird zur Zusammenarbeit mit Heinz Hartmann\IN{\hartmannheinz} usw. kommen. Gestern sprach ich über seine Einladung im psychoanalytischen Seminar\fnE{Vermutlich am Lehrinstitut der \textit{Wiener Psychoanalytischen Vereinigung}, dort lehrte Hartmann ab 1930 und hielt 1932 ein Seminar mit dem Titel ,,Grundprobleme der Psychoanalyse``.}\II{} in der Diskussion, die Bernfeld\IN{\bernfeld} einleitete. Da wir beim Verkauf von 500 Exemplaren schon ca. 150,- Schilling Honorar zahlen, sind gute Möglichkeiten, junge Kräfte zu gewinnen, die sorgsame Vorstudien machen können. Es kommt zunächst meine\IW{\neuratheinheitswissenschaftbuch} und Hahns\IN{\hahnhans} Arbeit\IW{\hahnlmn} heraus, Neider\IN{\neider} meint, sehr ,,gängig`` wäre eine Arbeit von Frank\IN{\frankphilipp} ,,Die Bedeutung der modernen Physik für das wissenschaftliche Denken``\IW{\frankende} oder so. Vielleicht wird Frank\IN{\frankphilipp} darüber in Wien sprechen und wir\fnA{Hsl. Einschub} nehmen den Vortrag stenographisch auf. Dann brauchen wir von Dir was über \uline{Die Syntax der Wissenschaften}\IC{\aufgabederlogik}.\fnE{Diese Arbeiten erschienen als: Hahn,\textit{ Mathematik, Logik und Naturerkennen}; Frank, \textit{Das Ende der mechanistischen Physik}; Carnap, \textit{Die Aufgabe der Wissenschaftslogik}.} Ich hoffe auf einen Gicklhornbeitrag\IN{\gicklhorn}\fnA{\original{Gikelhornbeitrag}}. Einiges andere gab ich Dir an. Da Hahn\IN{\hahnhans} die Mitherausgeberschaft annahm, wirst Du es wohl auch können, zumal Du ja in der ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} recht abscheuliche Sachen zu decken gewohnt bist. Ich halte jede Zusammenarbeit für wichtig, jede Isolierung für bedenklich und freue mich, daß nicht ein nichtiger Anlaß diesen neuen Anfang stört. Es gelte also: \uline{Immer} werden die Manuskripte vorgelegt, \uline{immer} ist Einstimmigkeit nötig. \neueseite Daß wir vier zusammen etwas machen, ist sehr wichtig. Bei der Sammlung\II{\einheitswissenschaftschriftenreihe} ist an allgemeinere Orientierung gedacht, mehr für Akademiker, also nicht primitiv populär, aber auch nicht spezialwissenschaftlich. Gratuliere zur schwedischen Reise. \gesperrt{Gruß}} \grussformel{\gesperrt{Dein}\\Nth} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/825409}{RC 029-12-11}; Briefkopf: gedr. \original{Mundaneum Wien, Abteilung Einheitswissenschaft} mit näheren Angaben, msl. \original{Herrn Prof. Carnap\,/\,Prag N Motol Pod Homolkou CSR} und \original{Wien am 5.~November 1932}.}