Soeben bekomme ich Nachricht von JacobssonPJacobsson, Malte Ferdinand, 1885-1966, schwed. Philosoph, daß meine Vortragsreise nach Kopenhagen und Schweden, die er und JørgensenPJörgensen, Jörgen@Jørgensen, Jørgen, 1894–1969, dän. Philosoph arrangieren, für übernächste Woche angesetzt ist. Ich hatte Dezember gewünscht, aber das paßt ihnen nicht. So bin ich nun gerade nicht hier, wenn Du nach Prag kommst. Das bedaure ich sehr, besonders da gerade jetzt so viel zu besprechen wäre, mit Deinen neuen Plänen. Ich fahre am 11. nach Berlin, 12. nach Kopenhagen, komme auf der Rückreise 22. nach Berlin, 23. nach Prag. Es wäre sehr gut und erfreulich, wenn Du es ermöglichen könntest, am 8. oder 9. hier zu sein und alles mit FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank und mir zu besprechen, vielleicht auf Deiner Reise nach Amsterdam.
Dein Rundschreiben „Institut f. Einheitswissenschaft“ habe ich schon gestern mit FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank besprochen. Wir hatten beide etwas Bedenken, als Mitherausgeber der BroschürenreiheIEinheitswissenschaft, Schriftenreihe zu fungieren. Ich möchte zunächst doch genauer wissen, was daraus werden soll, bevor ich die Mitverantwortung übernehme. Besonders Deine eigene BroschüreBNeurath, Otto!1933@„Einheitswissenschaft und Psychologie“, = Einheitswissenschaft 1, 1933 macht mir Bedenken.1Neurath, Einheitswissenschaft und Psychologie. Wenn ich bei Deinen „Erkenntnis“IErkenntnis, Zeitschrift-AufsätzenBB die Herausgeber-Verantwortung übernommen habe, so nicht mit leichtem Herzen. Ich habs getan, erstens um der Freundschaft willen, und zweitens, weil in Deinen Sachen immer doch etwas Wichtiges steckt, wenn auch verborgen. Hätte ein Fremder dieselben Sachen geschickt, würde ich große Bedenken wegen der Aufnahme gehabt haben. Das dachte ich gestern, und nun kommt heute Dein Brief, aus dem hervorzugehen scheint, daß Du Deine BroschüreBNeurath, Otto!1933@„Einheitswissenschaft und Psychologie“, = Einheitswissenschaft 1, 1933 schon in Druck geben willst, bevor wir das MSBNeurath, Otto!1933@„Einheitswissenschaft und Psychologie“, = Einheitswissenschaft 1, 1933 zu sehen bekommen haben. Wenn das der Fall ist, zeichne ich jedenfalls nicht als Mitherausgeber. Der Einstimmigkeitsparagraph nützt da gar nichts. Denn etwas von Dir ablehnen werden wir natürlich doch nicht. Aber wenn ich das MSBNeurath, Otto!1933@„Einheitswissenschaft und Psychologie“, = Einheitswissenschaft 1, 1933 sehe, kann ich wenigstens noch etwas Einfluß ausüben, daß Du es besser ausarbeitest.
Sind die Broschüren populär oder wissenschaftlich gemeint; d. h. Verständlichkeitsniveau MachvereinIVerein Ernst Mach oder „Erkenntnis“IErkenntnis, Zeitschrift? Die Unbestimmtheit in diesem Punkt, oder Mischung, halte ich für schlecht, worüber wir früher schon gesprochen haben.
Trotz aller Bedenken muß ich Dir sagen, daß mir Deine Initiative und Dein wissenschaftsorganisatorisches Talent sehr gefallen. Hierin übertriffst Du uns andern erheblich. Aber warum so überstürzen? Sowohl den ganzen Plan als auch besonders Deine BroschüreBNeurath, Otto!1933@„Einheitswissenschaft und Psychologie“, = Einheitswissenschaft 1, 1933 mach doch in Ruhe! Und überlegs mit uns! Du sagst, daß Deine Aufsätze gut wirken. Aber andrerseits schaden sie auch, weil sie bei vielen, die sonst nichts oder wenig von uns wissen, den Eindruck erwecken, daß die ganze „Einheitswissenschaft“ und der ganze „Physikalismus“ aus ein paar kühn und geistreich, aber leichtfertig hingestellten Behauptungen besteht. Empirisch ist festgestellt, daß verschiedene Leute einen abschreckenden Eindruck bekommen haben. Ich will nicht behaupten, daß der Schaden größer als der Nutzen ist, aber bedenklich ists mir jedenfalls. 🕮
Eure Besprechungen zur Durchführung des Physikalismus in den Einzelwissenschaften sind sehr erfreulich. Schade, daß ich nicht mitmachen kann.
Deine beiden Kontradiktionen „Wien“ und „älter“ sind gleicher Art. Aber: ein empirisch falscher Satz ist für sich allein betrachtet logisch einwandfrei, er wird nur verworfen mit Rücksicht auf die andern Sätze; dagegen wird ein kontradiktorischer Satz schon für sich allein betrachtet verworfen, aus logischen (d. h. Sprachform-) Gründen, ohne daß man die andern Sätze berücksichtigen müßte. (Daß eine Kontradiktion aus zwei einander widersprechenden Teilen besteht, ist ein Spezialfall; „3 = 2“ ist auch eine Kontradiktion). Zur Terminologie: haben wir zwei einander widersprechende Sätze, so rede ich nicht von „Kontradiktion“, sondern sage: hier liegt ein „Widerspruch“ vor; werden die beiden zu einem Satz vereinigt (z. B. durch „und“ verknüpft), so ist dieser Satz „kontradiktorisch“ oder „eine Kontradiktion“. (Ich ziehe das Adjektiv vor; ich sage: „analytischer, kontradiktorischer, synthetischer Satz“ für „Tautologie, Kontradiktion, eigentliche Aussage“).
Korrektur-Abzug „Psychologie“B1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142 hab ich nicht mehr übrig;2Carnap, „Psychologie in physikalischer Sprache“. ich lasse Dir einen von MeinerIVerlag MeinerPMeiner, Felix, 1883–1965, dt. Verleger schicken.
Sollte ich in Deiner SammlungIEinheitswissenschaft, Schriftenreihe nicht Mitherausgeber werden, so bin ich doch zur Mitarbeit gern bereit.
Falls Du jetzt nicht nach Prag kommst, schreib ich Dir noch.
Herzlichen Gruß