Neurath an Carnap, Wien, 7. Juli 1932 Otto Neurath an Rudolf Carnap, 7. Juli 1932 Juli 1932

Lieber Carnap!

Ich fahre wohl erst um den 23. nach Moskau. FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl erzählte mir, Du fändest meinen ArtikelBNeurath, Otto!1932@„Protokollsätze“, Erkenntnis 3, 1932/33, 204-214 für ErkenntnisleserIErkenntnis, Zeitschrift nicht verständlich.1Neurath, „Protokollsätze“.

Um lange Auseinandersetzungen darüber zu vermeiden, was „verständlich“ ist, an wen man als Leser denken soll, habe ich den ArtikelBNeurath, Otto!1932@„Protokollsätze“, Erkenntnis 3, 1932/33, 204-214 nochmals umgeschrieben. Und um ganz sicher zu gehn, habe ich Satz für Satz mit FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl und NeiderPNeider, Heinrich, 1907–1990, öst. Verleger durchgesprochen. Außerdem befragte ich einen jungen begeisterten Physikalisten – HollitscherPHollitscher, Walter, 1911–1986, öst.-dt. Philosoph– er teilte mir telephonisch mit, daß er die Fassung, welche Du jetzt in der Hand hast, durchaus verständlich finde, bis auf einige Sätze, die vielleicht noch eindringlicher gefaßt werden könnten.

Damit, daß der ArtikelBNeurath, Otto!1932@„Protokollsätze“, Erkenntnis 3, 1932/33, 204-214 nun verständlich ist, ist nicht gesagt, daß ihm z. B. FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl zustimmt. Ihm ist recht ungemütlich dabei. Gefühlsregungen treten auf, die sich in Abwehr äußern. NeiderPNeider, Heinrich, 1907–1990, öst. Verleger dagegen scheint im wesentlichen überzeugt, daß in der angedeuteten Richtung die Linie der weiteren Entwicklung liegt.

Ich glaube, bei Dir ist die Tendenz sehr stark, doch irgendwie eine Asymmetrie einzuführen und zu Elementarsätzen zu kommen, kurzum, zu irgendwelchen tragenden Säulen. Ich spreche metaphorisch, wenn auch nicht metaphysisch. In der von mir versuchten Darstellung ist sozusagen jedes Element grundsätzlich veränderbar. Ich halte im Rahmen Deiner Darstellung meine Bemerkungen nicht 🕮{}für störend. Man kann das sicherlich einbauen und kann auf die Suche nach der „ersten Sprache“ verzichten.

Was nun den Druck anlangt, so bitte ich Dich für baldiges Erscheinen zu sorgen. Es ist üblich, daß Bemerkungen zu einem Aufsatz rasch herauskommen. Du mußt eben mit ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph darüber verhandeln. Wenn Du von vornherein die Sache auf sich beruhen läßt, wird diese Bemerkung möglicherweise solange hinausgezögert, bis Dein nächster AufsatzB erscheint, was nicht sinnvoll ist, weil Du vielleicht auf meine Bemerkungen irgendwie reagierend dort Änderungen vornimmst, so daß meine Bemerkung wieder schief herauskommt. Sei also lieb und verzögere den Abdruck nicht weiter. FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl meinte: wer von den ErkenntnislesernIErkenntnis, Zeitschrift den CarnapaufsatzB verstanden hat, der versteht wohl auch diesen. So sehr ich immer bereit bin, auf Anregungen einzugehn, es muß schließlich irgendeinmal möglich sein, auch etwas vielleicht nicht ganz Vollkommenes zu drucken, wenn der Autor die Verantwortung dafür trägt.

Ich freue mich auf die Fortsetzung der Aussprachen. Ich freue mich auf die „logische Syntax“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934. Mit viel Spaß hörte ich von HempelsPHempel, Carl Gustav, 1905–1997, dt.-am. Philosoph, verh. mit Eva Hempel Bericht über Deinen Vorstoß nach Berlin und über die Reaktion einzelner metaphysischer Zöpfe2Vgl. dazu unten, Brief Nr. .– was übrigens zeigt, wie die dortige Gesellschaft für empirische (wissenschaftliche) PhilosophieIGesellschaft für wiss. Philosophie, Berlin sonst geartet sein muß – hoffentlich kommt bald ein gedruckter Bericht.

Ich schrieb an ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph mitfolgenden Brief.3Neurath an Reichenbach, 7. Juli 1932, (RC 029-12-42).

Grüß InaPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap.

Alles Beste

Dein
ON

Die1Hsl. Einschub.Unterzeichneten FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl, NeiderPNeider, Heinrich, 1907–1990, öst. Verleger sind der Meinung, daß die vorliegende Formulierung der Bemerkungen von NeurathaHsl. Ersetzung von kennen.zu Carnaps AufsatzB von ErkenntnislesernIErkenntnis, Zeitschrift, die sich für diese Probleme überhaupt interessieren und den Carnapschen AufsatzB verstehenbText dieser Nachbemerkung auf eigenem Blatt, Signaturen handschriftlich., verstanden werden können.

Herbert Feigl
H. Neider

Brief, msl., 2 Seiten, RC 029-12-41; Briefkopf: msl. Wien. XII. Arndtstraße 1. Stiege 17 und 7. Juli, ergänzt durch hsl. 32. Der hier als Anhang wiedergegebene Text findet sich auf einem separaten Blatt unter RC 029-12-43. Der Text ist msl. abgefaßt und von Feigl und Neider hsl. signiert; am Blatt oben hsl. 7. 7. 32.


Processed with \(\mathsf{valep\TeX}\), Version 0.1, May 2024.