\brief{Heinrich Behmann an Rudolf Carnap, 21. März 1932}{März 1932} %Halle (Saale), Moltkestr. 5. %21. März 1932. \anrede{Lieber Herr Carnap,} \haupttext{zunächst möchte ich Ihnen herzlich danken 1. für die Überlassung Ihres MS\IC{\logischesyntax} und 2. für die Geduld, mit der Sie die Erledigung abgewartet haben. Diese Zeit des Schwankens zwischen Winter und Frühling hat mich immer noch nicht die rechte geistige Frische wiedergewinnen lassen; so gelingt es mir nur langsam, mit den noch zu erledigenden Angelegenheiten fertig zu werden. Im großen und ganzen kann ich sagen, daß ich Ihre Arbeit\IC{\logischesyntax} bewundernswert finde. Einerseits haben Sie die durch ihren hochgetriebenen Formalismus so schwierig zu verstehenden polnischen Untersuchungen zur Semantik auf eine genießbare -- jedenfalls weit genießbarere -- Form gebracht und andererseits und vor allem die dringlichsten philosophischen Fragen unseres Gebietes in erfreulicher und überraschender Weise geklärt. Ganz besonders begrüße ich, daß Sie den mangels einer exakten Darstellung bisher schwierig zu beurteilenden und zu verwertenden Ergebnisse Herrn Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} zu der bis dahin schmerzlich entbehrten strengen symbolischen Einkleidung verholfen haben. Vielleicht wäre es angebracht, noch etwas deutlicher und ausführlicher den Zusammenhang Ihrer Ergebnisse mit denen Herrn Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} klarzulegen, z.\,B. auch, inwieweit Sie sie zum Leitfaden genommen, unabhängig bestätigt haben oder wie Sie im einzelnen zu ihnen stehen. Vielleicht könnten Sie dies zu einer Anweisung für den Leser ausgestalten, in welcher Art er die Arbeiten\IW{} Herrn Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} als Ergänzung der Ihrigen heranziehen kann. Ich habe wie sonst die Bemerkungen, die mir beim Lesen einfielen, mit Bleistift an den Rand geschrieben. Die Formeln, namentlich die umfangreicheren, habe ich nicht in den Einzelheiten geprüft, sondern meist nur auf ihre grundsätzlich wesentlichen Besonderheiten hin angesehen. Sachlich stimme ich so vollständig mit Ihnen überein, daß eigentlich nur ein Punkt mir nicht recht sympathisch ist, nämlich die künstliche Zuordnung der Zeichen und Zeichenkomplexe zu den natürlichen Zahlen, also die Arithmetisierung der Metalogik. Denn was Sie für Ihre Absicht in Wirklichkeit brauchen, ist ja weder die lineare Ordnung der Zeichen, also die Größerbeziehung unter den zugeordneten Zahlen, noch arithmetische Verknüpfungszusammenhänge dieser Zahlen (abgesehen von den primitiven in der Definition der fraglichen Zuordnung enthaltenen), sondern nichts weiter als neue Zeichen, die den logischen Zeichen (bzw. Komplexen von solchen) eineindeutig \neueseite{} zugeordnet sind. Bei Herrn Gödel\IN{\goedel} ist die Arithmetisierung, also die Zuordnung gerade zu den natürlichen Zahlen, sachlich erfordert und damit gerechtfertigt.\blockade{hsl. 42; Bedeutung?} Dagegen scheint sie mir in Ihrem Fall eine zwar durchführbare, aber eben doch der inneren Nötigung und eben damit Berechtigung entbehrende Verkünstlichung und Belastung des Systems zu sein. Soviel ich wenigstens sehe, würde alles wesentliche erreicht, wenn man jedem logischen Zeichen das gleiche Zeichen in anderer Farbe zuordnete oder das gleiche Zeichen unterstrichen. Wir können diesen Zusammenhang immerhin noch als ,,Zustandsgröße`` auffassen, nur daß wir darauf verzichten, ihren möglichen Werten eine lineare Anordnung zuzuerteilen. Man könnte einfach sagen: die Unterstreichung eines Zeichens bedeutet ,,Gliedzahl von``, die zusammenhängende [Unterstreichung] mehrerer Zeichen ,,Reihenzahl von``, während ,,Reihenreihenzahl von`` durch geeignete Doppelunterstreichung ($\underline{- - -}$) angedeutet werden könnte. In den Erläuterungen könnte $RZ$ und $GZ$ (\blockade{?} als Sonderfall von $RZ$ betrachtet) durch Anführungszeichen von abweichender Gestalt ersetzt werden. Z.\,B.: ,,reihe$(s,t)$`` bezeichnet die ,,Reihe``, deren ,,Glieder`` $s$ und $t$ sind. $\underline{(}(x)$\blockade{ist das so gemeint?} könnte geschrieben werden für: an der Stelle $x$ steht eine Linksklammer. 23.\,März. Ich muß allerdings gestehen, daß ich mir nicht -- oder jedenfalls im Augenblick nicht mehr, da die Durcharbeitung schon eine Reihe von Wochen zurückliegt -- ganz klar darüber bin, inwieweit etwa die obige Arithmetieiserung für den Nachweis Ihrer These, daß die Metalogik in der Modellsprache ausgedrückt werden kann, notwendig ist. In diesem Fall wäre einerseits zu sagen, daß dann die Ausschaltung der Arithmetisierung jedenfalls im normalen, d.\,h. nicht gerade auf den Nachweis dieser These gerichteten, Aufbau der Metalogik erwünscht wäre, andererseits aber, daß, wenn die Hereinziehung dieses künstlichen Übersetzungszusammenhanges wirklich unvermeidlich sein sollte, die These nur in einem trivialen Sinne gültig und ohne sachlichen Inhalt wäre. Denn es ist ja trivialerweise richtig, daß man irgendeinen Sachverhalt in irgendeiner Sprache ausdrücken kann, sobald man ,,verabredete`` Sprache zuläßt. Ob die Festlegung des Übersetzungszusammenhanges auf einer halben Seite gegeben werden kann oder einen dickleibigen Code umfaßt, ist grundsätzlich gleichgültig. Ich betone, daß das eben Gesagte nur bedingterweise gilt; wenn Ihre These -- wie ich bis so weit noch glaube -- sachlich vertretbar ist, würde die Vermeidung der Arithmetisierung ihr zweifellos zugute kommen, da man andernfalls einwenden müßte, es sei nicht sicher, ob die Metalogik innerhalb des eigentlichen oder aber nur eines verabredeten, also künstlichen Gebrauches der Modellsprache ihren Ausdruck findet. Übrigens muß ich, wie ich nachträglich merke, meine auf S.\,1 gegebene grundsätzliche Zustimmung auch bezüglich Ihrer anderen in der Einleitung aufgestellten These einschränken: daß die formale Logik sich nicht auf gedankli\neueseite{}che Gehalte, sondern allein auf syntaktische Formen bezieht. Nach meiner Ansicht gilt nur, daß, weil die Gehalte durch die sprachliche Formulierung -- grundsätzlich wenigstens -- eindeutig festgelegt sind, also in dieser sozusagen ,,darin stecken``, alles Operieren mit diesen Gehalten -- nicht nur das formallogische! -- sich durch ein zugeordnetes Operieren mit den sprachlichen Substraten ersetzen läßt. So etwa, wie man, statt -- was ja nicht möglich ist -- im Geist eines Menschen einen bestimmten Gedanken unmittelbar zu bewirken, sozusagen synthetisch aufzubauen, aufgrund eines verwickelten Zuordnungszusammenhanges die eigenen Stimmbänder schwingen läßt oder auf Grund eines weiteren hinter den ersten geschalteten derartigen Zusammenhanges mit der Feder Kurven auf dem Papier erzeugt oder die Hebel einer Maschine bewegt. Wie mir scheint, spielt der der formalistischen Auffassung der Mathematik zugrunde liegende Denkfehler hier herein. Im einfachsten Fall, dem des Zahlenrechnens, würde er sich so darstellen: Das schriftliche Zahlenrechnen besteht im Hinschreiben endlicher Folgen der Zifferzeichen von 0 bis 9, wobei gewiße Zifferfolgen (Figurenfolgen) gegeben sind, ebenso zwischen derartige Folgen zu setzende Figuren wie $+, -$ usw., und gewiße weitere Folgen aufgrund bestimmter, endlich vieler Hinschreibvorschriften hinzugefügt werden. Ist die Aufgabe formuliert, so kann man, ohne das Geringste von Zahlen und ihren Verknüpfungen zu wissen, ja ohne eine Ahnung zu haben, daß das vorliegende Zeichenspiel irgendetwas mit Zahlen zu tun hat, aufgrund der Hinschreibregeln die Rechnung durchführen. (Derartiges geschieht auf einer höheren Stufe tatsächliche in der Praxis der Analyse von Schwingungsvorgängen; der Rechnungsvorgang ist auf ein festes Schema gebracht, sodaß der Rechner nur die ihm gegebenen Zahlen in das Schema einzusetzen hat und dann gemäß den Vorschriften zu verfahren hat und gar keine Ahnung zu haben braucht, \uline{was} er eigentlich rechnet.) Nun sagt man: da alle Zusammenhänge des Zahlenrechnens so formulierbar sind -- und ,,infolgedessen`` auch so von Rechts wegen formuliert werden sollen --, daß sie von hingeschriebenen und hinzuschreibenden Zifferreihen handeln, so stellen die Ziffernreihen und ihre vorschriftgemäßen Beziehungen eben die einzige in den fraglichen Zusammenhang eingehende Realität dar; die ,,Zahlen`` \uline{sind} also die Ziffernfolgen aus den Elementen 0 bis 9 und nichts außer diesen. So wird es ja von vielen aufgefaßt, aber die weitere Durchführung geht dann nicht ohne Verstöße gegen die primitivsten Denkgesetze ab. Wenn einem irgendwo ein Homomorphismus (in einer Richtung eindeutige Zuordnung) oder gar ein Isomorphismus begegnet, ist man, statt einfach diesen Zusammenhang festzustellen, leicht geneigt, die beiden Systeme zu ,,identifizieren``. (Nelson\IN{\nelsonleonard} schrieb einmal treffend von der ,,Vernichtung -- nämlich der sachlichen Unterschiede beider Systeme -- durch Ignorierung``.) Ich halte die ,,Identifizierung`` (zu erklären als Übersteigerung von Occams\IN{\occam} ,,razor``) für \neueseite{} eine der bedenklichsten und verheerendsten Praktiken beim philosophischen Arbeiten. Man kann hier auch an das Prinzip der Identität des Ununterscheidbaren denken; dies setzt bekanntlich die Ununterscheidbarkeit schlechthin voraus, nicht etwa die Nichtunterscheidbarkeit mit vorgegebenen Mitteln. Daß man etwa mit der Übersteigerung dieser Prinzipien Ernst machen könnte, indem man jederzeit isomorphe Systeme als identisch, d.\,h. als eines betrachtet, ist selbstverständlich ausgeschlossen -- es könnte ja sonst nicht einmal zwei paar Stiefel geben. Der sachliche Wert Ihrer Untersuchung, wie ich ihn eingangs gekennzeichnet habe, ist nach meiner Ansicht unabhängig davon, ob von ihr aus auf Ihre These geschlossen werden darf; ich möchte sogar sagen, daß diese gerade in ihrer -- wie ich sagen muß -- Überspitzung und wegen ihres zweifellos paradoxen Charakters eine gewiße nicht unwillkommene Spannung beim Leser hervorruft, die ihm möglicherweise die Energie für die weitere Durcharbeitung leichter aufbringen läßt. Ich kann es also nicht einmal für in \uline{jeder} Beziehung erwünscht erklären, daß Sie jene von mir selbst abgelehnte Formulierung durch eine hinreichend vorsichtige ersetzen und damit vielleicht weiter greifende Umbauten innerhalb Ihrer Abhandlungen nötig machen. Heute kam Ihre mir sehr willkommene Formulierung des Problems der Namengebung. Ohne bereits zu einer bestimmten Entscheidung gekommen zu sein, will ich doch Ihre Punkte der Reihe nach besprechen; vielleicht wird sich beim Schreiben eine annehmbare Lösung ergeben. Das Wort Metalogik will auch mir nicht recht gefallen. Zwar sehe ich in seiner Unbekanntheit kein Hindernis, sondern beinahe einen Vorteil (in Anbetracht des Hinzukommenden Untertitels). Metaphysik ist ,,über der`` oder ,,die Physik``, also Philosophie oder Theorie der Physik (ich meine natürlich den ursprünglichen, nicht den heutigen Wortsinn), Metamathematik philosophische Theorie der Mathematik. Von hier aus gesehen ist aber Metalogik für das von Ihnen Gemeinte schief, zum mindesten zu eng, da es sich ja nicht um philosophische Theorie der Logik selbst, als Sachgebiet, sondern der Sprache handelt, mag diese nun eine zur Darstellung der Logik dienende oder eine andere sein. Was Sie meinen, müßte in Analogie ,,Meta-Sprache`` heißen; doch weiß ich hieraus leider kein griechisches Wort zu machen. Das Wort Metalogik möchte ich lieber der wirklichen Theorie (also Axiomatik usw.) der formalen Logik vorbehalten, daher nicht anderweitig verbrauchen. Es bleibt so wohl nur übrig, als Haupttitel eine knappe, aber ausreichend kennzeichnende deutsche Umschreibung des Begriffes ,,Meta-Sprache`` zu nehmen. In diesem Sinne würde ich dem Vorschlag ,,Logik der Sprache`` den Vorzug geben, den man ja fast als ,,logie der Sprache`` verstehen kann. 26.\,März. Inzwischen habe ich überlegt, daß es für den von Ihnen behan\neueseite{}delten Stoff ein die Sache gut treffendes und einigermaßen anerkanntes Wert bereits gibt, nämlich ,,Semantik`` als ,,Lehre von der Darstellung durch Zeichen``. Zeichendarstellung ist sogar mehr als Sprache im üblichen Sinne (als gesprochene oder sprechbare Sprache -- woran der Leser natürlich zunächst denkt, wenn dieses Wort im Titel vorkommt), sondern gerade das, was Sie mit ,,Sprache`` meinen. Ich würde daher als Haupttitel ,,Semantik`` oder, falls dies zu allgemein erscheinen sollte, eine dies Wort enthaltende Verbindung, etwa ,,Probleme der Semantik``, vorschlagen; allerdings erscheint das einfache Wort ,,Semantik`` schlagkräftiger. Im Sinne dieses Vorschlags kann überall im Text ,,Metalogik`` durch ,,Semantik``, ,,metalogisch`` durch ,,semantisch`` ersetzt werden, während es technisch so gut wie unmöglich sein würde, eine im Titel verwendete Umschreibung von Metalogik überall, wo ,,Metalogik`` vorkommt, nachzubilden. Ein Wort von der gleichen Kürze und Handlichkeit wie Metalogik ist also sicher unentbehrlich. Daß hier für eine neue und noch wenig gewürdigte Sache ein noch wenig geläufiges Wort tritt, scheint mir, wie ich schon erwähnte, eher ein Vorzug als ein Mangel. Als Untertitel möchte ich hinzufügen: ,,Eine mathematische Analyse der syntaktischen Formen``. Hierin würde liegen, daß die Methode die mathematische ist (wie in der Geometrie), das vom Laienstandpunkt zu enge Wort ,,Sprache``, das zu leicht an Philologisches denken lassen würde, wäre explizit vermieden, aber doch durch ,,syntaktisch`` hinreichend angedeutet. Nun zu den weiteren Bezeichnungsfragen. ,,Qualität`` und ,,Prädikat`` gefallen mir allerdings nicht recht, weil man bei diesen Worten dem Sprachgebrauch nach Einstelligkeit voraussetzt und es daher für den Leser eine etwas harte Zumutung ist, diese Wörter durchweg wesentlich anders als üblich lesen zu sollen. Ich sage ,,Begriff`` statt ,,Qualität`` (=,,Eigenschaft oder Beziehung``). Falls einem ,,Begriff`` allzu vorbelastet erscheinen sollte -- was ich nicht anerkenne --, könnte man ,,Intension`` (entsprechend dem bekannten ,,intensional``) verwenden.\fnC{\blockade{?}} Ich bin im allgemeinen mehr dafür, lieber ein treffendes neues Wort zu gebrauchen als ein bekanntes mit erheblich umgebogener Bedeutung. ,,Prädikate`` sind, soviel ich sehe, Begriffe von Zahlen -- wofür man sprachlich nicht gut ,,Zahlbegriffe`` sagen kann, eher schon ,,Zahlenbegriffe`` oder ,,numerische Intensionen``. Auf jeden Fall ist die Zufügung von ,,Zahlen-,, oder ,,numerisch``\fnC{\blockade{?}} mir sympathischer als der undurchsichtige \blockade{Übergang} von ,,Qualität`` zu ,,Prädikat``. Jedenfalls ist es bei der Willkür der Namengebung mir nicht immer gelungen, im Sinne zu behalten, daß Qualität der weitere und Prädikat der engere Begriff ist, da eben die Wörter selbst nichts darüber verraten, ob es so oder umgekehrt ist. (Auch ,,Zahlintension`` kommt für ,,Prädikat`` in Frage.) Gegen ,,Funktor`` ist kaum Ernstliches zu sagen. An sich kommt man ja mit ,,Funktionszeichen`` aus; doch mag ,,Funktor``, wenn auch anfangs ungewohnt, auf \neueseite{} die Dauer handlicher sein. Jedenfalls ist es frei von Mißverständlichkeit. ,,Tautologisch`` möchte ich durch ,,analytisch`` ersetzen\blockade{hier und an anderen Stellen ein\,/\,vor dem Punkt Streichung? Aber dann käme ja ein Beistrich, kein slash}. Eben dies ist es ja, was Kant\IN{\kant} bei dem Wort ,,analytisch`` vorgeschwebt hat, wenn er es auch mißverständlich definiert hat. Die kontradiktorischen Sätze mit zu den analytischen zu \blockade{rechnen}, würde zweifellos dem Wortsinn widersprechen. Die Vierteilung ,,analytisch wahr -- synthetisch wahr -- synthetisch falsch -- analytisch falsch`` wäre an sich ideal, scheitert aber wohl an dem entgegenstehenden Sprachgebrauch, d.\,h. am Wortsinn von ,,analytisch``. Für ,,deskriptiv`` wüßte ich nichts besseres; der einzige, aber wohl nicht ernstliche Mangel ist, daß Russell\IN{\russell} ,,description`` für Kennzeichnung verwendet. ,,Reale Formel`` würde ich nicht empfehlen (man würde im ersten Augenblick an die Realität der Formel selbst denken); ,,formale Formel`` ist klanglich unmöglich. Zu ,,konkret -- abstrakt`` finde ich im Augenblick nicht die Belegstelle; gegebenenfalls komme ich darauf zurück. 29.\,März. Noch ein paar Kleinigkeiten, die ich mir notiert hatte. Sie schreiben ,,\'{e}in`` für das betonte ,,ein``. Die Unterscheidung ist natürlich sehr erwünscht, aber in dieser Gestalt wohl nicht geeignet, in den allgemeinen Gebrauch überzugehen, da sie in deutscher Schrift nicht durchführbar ist. Ich bin dafür, daß man darauf zurückkommt, das Wort in diesem Fall groß zu schreiben. Dies ist längst üblich (ich glaube schon bei Luther), aber anscheinend in Vergessenheit geraten. Diese Unterscheidung versagt nur am Satzanfang, wo ja auch der Akzent versagt (da man wohl nicht ,,\'{E}in`` schreiben wird), und scheint mir natürlicher und gefälliger. Anscheinend unterscheiden Sie ,,Negation`` als Knüpfung und ,,Negat`` als Knüpfungsergebnis. Ich habe von dieser Unterscheidung (entsprechend ,,Addition -- Summe``) abgesehen, der Gleichförmigkeit halber, da man sie bei Disjunktion usw. doch nicht nachmachen kann. Die Wortfügung ,,Unterschschied zwischen`` ist mir ungewohnt; ich habe meist mit Bleistift ,,Unterschied von`` daraus gemacht. Allerdings kann man sowohl ,,Ich unterscheide $a$ von $b$`` als auch ,,Ich unterscheide zwischen $a$ und $b$`` sagen; ,,Unterschied zwischen`` ist also wohl nicht als unrichtig zu bezeichnen. Statt ,,logistische Sprache`` schlage ich vor ,,Kalkülsprache``, ,,symbolische Sprache`` oder ,,Symbolsprache``, da man sonst denken würde, daß die fragliche Sprache wesentlich \uline{Logisches} \uline{darstellen} solle. Außerdem habe ich S.\,14 am Rande vermerkt, daß ich es zweckmäßiger finde, unter ,,Zeichen`` (eigentlich ,,Figur``) die fragliche Dingart (Gestalt) zu verstehen, nicht das einzelne ,,Ding`` (Exemplar). So würde ich auch sagen, daß in ,,können`` dreimal derselbe Buchstabe, derselbe Buchstabe in drei Exemplaren auftritt. (Es wäre mißlich, zwischen ,,derselbe Buchstabe`` und ,,der gleiche Buchstabe`` zu unterscheiden, da im normalen Sprachgebrauch (im Gegensatz allerdings zu dem mancher Philosophen) ,,derselbe`` und ,,der gleiche`` gleichbedeutend ist (dasselbe bedeutet!).) Vielleicht würde es \neueseite{} die Formeln etwas übersichtlicher machen, wenn Sie in $[x]n$, \blockade{symbol}n, $[Kx]n$ das $n$ als unteren Index schrieben (es sei denn, daß der Fall, daß für $n$ ein zusammengesetzter Ausdruck eintritt, wesentlich in Frage kommt; man könnte aber allgemein für derartige Fälle für $a_b$ als Ersatzschreibung $a(b)$ zur Verfügung stellen). Zu Ihrer These von der Alleinbezogenheit der Logik auf die syntaktischen Formen ist mir noch eingefallen: Sie schreiben auf S.\,5: ,,Und um die \uline{logische} Feststellung zu machen, daß aus ,,Piroten karulieren elatisch`` und ,,A ist ein Pirot`` der Satz ,,Akaruliert elatisch`` folgt, brauchen mir wiederum nur die Wortarten der einzelnen Wörter, nicht aber ihre Bedeutungen angegeben zu werden.`` Daß ich für diese Feststellung die Bedeutungen nicht brauche, ist richtig. Andererseits genügt mir aber nicht, zu wissen, daß ,,Pirot`` ein Substantiv, d.\,h. ein deklinierbares Wort, ,,karulieren`` ein Verbum, d.\,h. ein konjugierbares Wort ist usw., sondern es bedarf überdies der außer-grammatischen und außer-syntaktischen Feststellung, daß ,,Pirot`` usw. eine Bedeutung \uline{haben}, daß mit ihnen etwas gemeint ist, daß es sich also um mehr handelt als um bloße für die Anwendung der Grammatik und der Syntax brauchbare Buchstabenfolgen. Wenn aber, wie ich vermute, weder Sie noch sonst jemand mit diesen Worten eine Bedeutung verbindet, so gilt die Feststellung, daß aus den Sätzen (in Sinne der Grammatik) ,,P[iroten] k[arulieren] e[latisch]`` ind ,,A ist ein P[irot],`` der Satz ,,A k[aruliert] e[latisch]`` logisch \fnAmargin{???} folgt, eben \uline{nicht}; ebensowenig wie etwa gilt, daß aus dem Buchstaben $p$ und der Zeichenverbindung $p \supset q$ der Buchstabe $q$ logisch folgt.\fnC{Hsl. \original{Freilich ist dies keine exakte Analogie.}\blockade{dann Fußnote zu Fußnote mit gleichem Text oder zu Randnotiz **?}} Es handelt sich demnach bei der logischen Abfolge um etwas gegenüber der Grammatik bzw. Syntax Transzendentes. Damit habe ich wohl alle Punkte besprochen, die ich mir vorgenommen hatte. Sie schreiben mir wohl noch, ob ich das MS\IC{\logischesyntax} an Sie zurückschicken soll (was wegen der Randbemerkungen wohl das Richtigste wäre) oder wohin sonst. Es grüßt Sie} \grussformel{Ihr\\ Heinrich Behmann} \ebericht{Brief, msl., 7 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/871268}{RC 115-10-18}; Briefkopf: msl. \original{Halle (Saale), Moltkestr. 5 \,/\, 21.\,März 1932}.}