Es ist gut, daß Du mal ausführlich geschrieben hast. Nun enthüllen sich die Irrtümer, auf denen Deine ganze Einstellung beruht. Du überlegst, ob ich aus Naivität oder aus raffinierter Böswilligkeit Dir das große Unrecht zufüge. Dieses Unrecht existiert aber nur in Deiner Einbildung.
Zunächst einige faktische Richtigstellungen: (Abkürzungen:
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| N-S | Neuraths | Aufsatz | über | SoziologieBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 |
| C-M | Carnaps | “ | “ | MetaphysikB1931@„Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“, Erkenntnis 2, 1931, 219–241 |
| C-Ph | “ | “ | “ | physikalische SpracheB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 |
| C-Ps | “ | “ | “ | PsychologieB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142)1N-S: Neurath, „Soziologie im Physikalismus“; C-M: Carnap, „Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“; C-Ph: Carnap, „Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“; C-Ps: Carnap, „Psychologie in physikalischer Sprache“. |
1. Es war niemals geplant, N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 mit C-MB1931@„Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“, Erkenntnis 2, 1931, 219–241 zusammen zu veröffentlichen; diese beiden haben ja inhaltlich gar nichts miteinander zu tun. (Vielleicht verwechselst Du denaHsl. Einschub. jetzt gedruckten C-MB1931@„Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“, Erkenntnis 2, 1931, 219–241 mit C-PsB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142?) Vielmehr sollte ursprünglich N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 mit C-PsB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142, zu dem er sachlich in Parallele steht, zusammen erscheinen.
2. Es war niemals geplant, daß C-PhB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 später als N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 erscheinen sollte. Vielmehr sollte C-PhB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 entweder gleichzeitig oder vor N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 und C-PsB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142 erscheinen.
3. Die vorgenommene Veränderung im Veröffentlichungsplan unserer drei Aufsätze ist nicht eine Benachteiligung, sondern im Gegenteil eine Bevorzugung von Dir gegenüber mir. Diese Änderung hat ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph im Herbst vorgeschlagen. Sie besteht darin, dass C-PsB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142 auf Band III verschoben wird; anstatt nun, dem früheren Plan entsprechend, N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 ebenfalls zu verschieben, hat ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph ihn doch schon für Band II bestimmt.1Zum früheren Plan einer gemeinsamen Publikation von Carnap, „Psychologie in physikalischer Sprache“, und Neurath, „Soziologie im Physikalismus“, vgl. oben, Brief Nr. . C-PsB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–142 erscheint jetzt, anstatt gleichzeitig mit N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431, 2 oder 3 Hefte später als dieser.
4. Diese Änderung im Veröffentlichungsplan ist nicht ohne Dein Wissen geschehen, sondern im Gegenteil mit Deiner ausdrücklichen Zustimmung. Ich finde in meinen Briefen an ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph vom 26. 9. 31. aus Wien den Satz: „Neurath ist mit der von Ihnen vorgeschlagenen EinordnungbHsl. Einschub. seines AufsatzesBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 einverstanden.“
5. N-SBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 erscheint jetzt nicht später als C-PhB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465, sondern im gleichen Heft. (Solltest Du mit „hinter“ gemeint haben „im gleichen Heft an späterer Stelle“, so scheint mir diese Frage ziemlich gleichgültig; es ist mir auch nicht bekannt, welche Reihenfolge ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph hier beabsichtigt hat; ich habe aber jetzt an ihn geschrieben, daß er Deinen AufsatzBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 vor meinen stellen soll).
6. „Bemerkenswert, daß andere Leute zitiert“. So viel ich sehe, nur FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank.
7. Inbezug auf die „dritte Antwort“ (Protokollsätze über Dinge) besitzt Du nicht die Priorität. Da ich nicht weißcHsl. Ersetzung von Ich habe nicht gewußt., wem sie zukommt, und es nicht für der Mühe wert haltedAm Seitenrand msl. Ersetzung von gehalten., deswegen Literaturstudien anzustellen, nenne ich niemanden. Die Literatur ist mir auch zum Teil unzugänglich, z. B. das polnische BuchB von KotarbińskiPKotarbiński, Tadeusz, 1886–1981, poln. Philosoph;2Kotarbiński, Elementy teorii poznania, logiki formalnej i metodologii nauk. er faßt, wie er mir mündlich erklärt hat‚2Während Carnaps Aufenthalt in Warschau Ende November/Anfang Dezember 1930; vgl. TB. alle Sätze, auch die psychologischen, als Sätze über Körper auf; wenn ich mich recht entsinne, nennt er das „Pansomatismus“; ich besitze nur eine kleine Note „Die Natur der inneren Erfahrung“B von 1922 von ihm, die die genannte Auffassung andeutet, als Resumé eines polnischen Vortrages.3Kotarbiński, „La nature de l’experience intérieure“.3Kotarbiński, Elementy teorii poznania, logiki formalnej i metodologii nauk (für eine englische Übersetzung siehe Literaturverzeichnis); bei der „kleinen Note“ handelt es sich um „La nature de l’experience intérieure“, eine kurze Zusammenfassung von Kotarbiński, „O istocie doświadczenia wewnętrznego“ (Abdruck im gleichen Heft, S. 294). Ich glaube aber, daß auch noch andere Leute in Betracht kommen. – Übrigens kommt an diesem Punkt ein Prioritätsstreit mit mir gar nicht in Frage, da ich ja die dritte Antwort nur referiere und ausdrücklich sage, daß ich selbst nicht Stellung nehme. 🕮
Nach dieser Richtigstellung einiger faktischer Irrtümer bleibt nun noch die Frage offen, in welcher inhaltlichen und historischen Beziehung die DarlegungeneHsl. Ersetzung von Grundlegung. meines neuen AufsatzesB zu Deinen vorhergegangenen schriftlichen und mündlichen Darlegungen stehe. Diese Frage ist nicht so leicht zu entscheiden, zumal für uns beide Nächstbeteiligten nicht. Ich versuche gegenüberzustellen, wie wir beide die Sache beurteilen:
1. Neuraths Beurteilung: Neurath hat „den Grundgedanken des -ArtikelsB präzise, wenn auch nicht mit allen Feinheiten, dargelegt“, „prägnant, nicht nur als Anregung“. Neurath „vertritt seit vielen Monaten – zunächst ohne Erfolg – seinen Standpunkt gegen den Carnapschen. Endlich nimmt Carnap“ in seinem neuen AufsatzB „ihn an“. Neuraths „Behauptungen sind von übernommen worden“.
2. Carnaps Beurteilung: Neurath hat gewisse Thesen aufgestellt, die sehr kühn und interessant waren; diese Thesen waren aber weder begründet, noch klar formuliert. Z. B. konnte man nicht herausbekommen, was eigentlich mit „Ballungen“ meinte4Der Terminus „Ballungen“, der in Neuraths Publikationen ab „Soziologie im Physikalismus“ (Abschnitt 2) eine zentrale Rolle spielt, wurde von diesem bereits früher – auch in Diskussionen mit Carnap – verwendet; vgl. Uebel, Empiricism at the Crossroads, 114–116, 223 und 233. und – was der Kernpunkt des ganzen Problems ist – wie er sich das Verhältnis der Protokollsätze („Ballungen“) zu den physikalischen Sätzen dachte.4Der Terminus „Ballungen“, der in Neuraths Publikationen ab „Soziologie im Physikalismus“ eine zentrale Rolle spielt, findet sich bereits in einem Manuskript von 1927, das in engem Zusammenhang mit Diskussionen zwischen Neurath, Carnap, WaismannPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann und wahrscheinlich auch Olga NeurathPNeurath, Olga, 1882–1937, geb. Hahn, auch Neuräthin und Peterl, öst. Philosophin und Mathematikerin, verh. mit Otto Neurath, Schwester von Hans Hahn und Louise Fraenkel-Hahn entstand; vgl. dazu oben, Brief Nr. . Die Folge davon war, daß man im ZirkelISchlick-Zirkel, Wiener Kreis Neuraths Behauptungen ablehnte, ja in wesentlichen Punkten überhaupt nicht verstand.5Vgl. die Protokolle der Zirkelsitzungen vom 26.2. und 5. 3. 1931 in Stadler, Studien zum Wiener Kreis, S. 288–297; vgl. auch TB 4. 3. 1931 über eine entsprechende Diskussion in kleinerem Rahmen sowie das dazugehörige Typoskript „Besprechung über Physikalismus am 4. März 1931“, ON 192/K.4. Im Unterschied zu den meisten andern im ZirkelISchlick-Zirkel, Wiener Kreis war der Ansicht, daß Neuraths Thesen trotz ihrer Unklarheit sehr wichtige Hinweise für weitere Untersuchungen gaben und vielleicht auch in manchen Punkten die richtige Richtung wiesen. Diese Ansicht vertrat auch im ZirkelISchlick-Zirkel, Wiener Kreis. Diese Ansicht von war zwar ebensowenig begründet wie die Thesen Neuraths selbst. Aber neigte instinktiv zu der Vermutung, daß Neuraths instinktive Aperçus in vielem recht behalten würden; dabei hatte aber auch noch gegen manches Bedenken. Carnaps eigene Arbeit während des Jahres 1931 galt fast ausschließlich der MetalogikB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934. Nebenher gingen auch Überlegungen über physikalische Sprache und Protokollsprache, äußerlich veranlaßt anfangs durch Neurath, im Sommer durch Gespräche mit FeiglPFeigl, Herbert, 1902–1988, öst.-am. Philosoph, seit 1931 verh. mit Maria Feigl, im Dez. durch Gespräche mit HempelPHempel, Carl Gustav, 1905–1997, dt.-am. Philosoph, verh. mit Eva Hempel.6Mit Feigl verbrachte Carnap einen Teil des Urlaubs in Tirol im Sommer 1931; vgl. TB 21. und 22. 7. 1931. Hempel war ab 30. Dezember 1931 für einige Tage in Prag, genau zu der Zeit, als Carnap intensiv an der Neufassung von „Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“ arbeitete; vgl. die Einträge in TB rund um den Jahreswechsel. Inhaltlich beeinflußt waren diese Überlegungen Carnaps einerseits durch seine metalogischen Untersuchungen‚ andrerseits auch sehr stark durch Neuraths Thesen. Neuraths Thesen bestimmten vor allem die Richtung und den Zielpunkt von Carnaps Überlegungen; diese Thesen bestärkten ihn dann in der Überzeugung von der Richtigkeit des Ergebnisses seiner Überlegungen, als dieses Ergebnis mit Neuraths Standpunkt zusammentraf. Kurz: Neuraths Behauptungen haben sich für Carnaps Untersuchungen als fruchtbare Anregungen erwiesen und sind durch sie in wesentlichen Punkten bestätigt worden.
Was die (für alle Vernünftigen doch wohl unwichtige) Frage der Priorität anbetrifft, so ist also mein subjektiver Eindruck dieser: hat inbezug auf gewisse Behauptungen, die er als Aperçus aufstellte, die Priorität; hat inbezug auf die deutliche Formulierung und inbezug auf die Begründung seiner ThesengHsl. Korrektur von These. die Priorität.
Ich bin mir bewußt, daß man stets in Gefahr ist, den eigenen Anteil an seinen Überlegungen zu überschätzen. Daher möchte ich meine vorstehende Beurteilung der Sachlage und der Prioritätsfrage vorsichtigerweise nur als meinen subjektiven Eindruck hinstellen, nicht als feste Behauptung. Du tätest vielleicht gut daran, in Deinem Urteil auch eine vorsichtige Zurückhaltung zu üben, anstatt gleich die heftigsten Vorwürfe daraus herzuleiten. 🕮
Schließlich zur Frage der Verpflichtung zum Zitieren. Du bist im Irrtum mit Deiner Annahme, daß man es in wissenschaftlichen Kreisen als Pflicht ansieht, die Autoren, an deren Gedanken man anknüpft, durch wörtliche Zitate im Text anzuführen. Im allgemeinen hält man es für hinreichend, wenn man ihre Schriften (z. B. in einer Fußnote) nennt. Und auch darauf verzichtet man häufig, z. B. dann, wenn man annehmen kann, daß die Leser der betreffenden Zeitschrift die betreffenden Arbeiten kennen oder leicht finden können. hKlammer hsl. eingeschoben.(Beispiel: Ich erhalte soeben Korrekturabzug eines neuen Aufsatzes von SchlickPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick „Positivismus und Realismus“BSchlick, Moritz!Positivismus und Realismus. In: Erkenntnis, 3 (1932). S.1-31 (wird in „ErkenntnisIErkenntnis, Zeitschrift“ III 1 erscheinen), der sich in erster Linie mit PlancksPPlanck, Max, 1858–1947, dt. Physiker Angriffen gegen uns befaßt. Hierbei zitiert SchlickPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick zwar PlanckPPlanck, Max, 1858–1947, dt. Physiker, aber weder FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank, gegen dessen Prager VortragBFrank, Philipp!1930-1931@„Was bedeuten die gegenwärtigen physikalischen Theorien für die allgemeine Erkenntnislehre?“, Erkenntnis 1, 1930/31, 126-157 PlancksPPlanck, Max, 1858–1947, dt. Physiker Angriff geht‚ noch mich; meine Broschüre über den Realismusstreit („Scheinprobleme“B1928@Scheinprobleme in der Philosophie. Das Fremdpsychische und der Realismusstreit, Berlin-Schlachtensee, 1928) war vielleicht die erste Äußerung unseres KreisesISchlick-Zirkel, Wiener Kreis gegen den Realismus; SchlicksPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick Bekehrung vom Realismus zum Positivismus ist wohl auf den Einfluß von EinsteinPEinstein, Albert, 1879–1955, dt.-am. Physiker, WittgensteinPWittgenstein, Ludwig, 1889–1951, öst.-brit. Philosoph und mir zurückzuführen, von denen er aber keinen nennt. Ich finde nicht die geringste Unkorrektheit in seinem Nicht-Zitieren, bin auch überzeugt, daß niemand ihm einen Vorwurf daraus machen wird. Wer die historische Entwicklung der Auffassungen studieren will, findet ja in der „Erkenntnis“IErkenntnis, Zeitschrift und in der übrigen Literatur des Wiener KreisesISchlick-Zirkel, Wiener Kreis hinreichende Grundlagen.)iKlammer hsl. eingeschoben.
In unserm Fall liegt es nun so. Schon aus meiner ursprünglichen Fußnote erfährt der Leser, daß Dein AufsatzB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 früher geschrieben ist als meinerBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 und mir bekannt ist. jKlammer hsl. eingeschoben.(Ich vermutete, daß Du in Deinem AufsatzB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 Deine Polemik gegen meinen früheren AufsatzBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 streichen würdest, die ja nun gegenstandslos geworden war.)kKlammer hsl. eingeschoben. So konnte der Leser dann leicht, nachdem er beide AufsätzeBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431B1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 (in demselben Heft!) gelesen hatte, sich selbst ein Urteil darüber bilden, wie viel ich von Dir übernommen hatte. Meine neue Fußnote aber weist so deutlich auf Deine Anregungen (selbstverständlich im Sinn meiner oben genannten Beurteilung) hin, auf ihre zeitliche Priorität, ihre radikale Aufstellung, ihre Fruchtbarkeit für meine Untersuchungen und ihr inhaltliches Bestätigtsein, daß sie schon beträchtlich über das Übliche und für Korrektheit nötige Maß hinausgeht. Ich bin überzeugt, daß die Unparteiischen (z. B. Deine FrauPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap und die Leute des Wiener KreisesISchlick-Zirkel, Wiener Kreis, die ja auch Deine früheren mündlichen Äußerungen kennen) mir zugeben werden, daß ich mit dieser Fußnote Dich besonders rücksichtsvoll und bevorzugend behandle; hier noch von geringschätziger und kränkender Behandlung zu sprechen, ist äußerst ungerecht von Dir. lKlammer hsl. eingeschoben.(Auf Deine Meinung, daß ich Dich geringschätziger behandle als ich z. B. SchlickPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick behandeln würde, weil Du kein Professor bist‚7Vgl. TB 12. 2. 1932 zur Mitteilung Franks einer brieflichen Äußerung Neuraths. sage ich lieber gar nichts; das wird wohl niemand ernst nehmen.)mKlammer hsl. eingeschoben.
Damit das Zeitverhältnis unserer AufsätzeBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431B1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 noch deutlicher wird, habe ich ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph gebeten, Deinen AufsatzB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 nicht nur voranzustellennHsl. Ersetzung von vorauszustellen., sondern außerdem am Schluß noch die Bemerkung hinzuzufügen „eingegangen am 16. Mai 1931“. Bei der Revision werde ich dann unter meinen AufsatzBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 setzen „Jan. 1932“. (Du verlangst, daß ich dem Leser mitteile, daß mein AufsatzBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 geändert worden ist; daß aber meine frühere Auffassung schon schriftlich niedergelegt war, geht doch den Leser nichts an.) 🕮
Nach all diesem liegt also die Sache jetzt glücklicherweise so, daß wir beide gar nicht nötig haben, die Frage unserer beiden „Beurteilungen“ zu entscheiden. Der Leser hat ja alles Material in der Hand und da kann sich jeder selbst sein Urteil bilden. Ich habe nichts dagegen, wenn dieses Urteil mehr zu Deinen Gunsten ausfällt, d. h. wenn Dein Anteil an den Darlegungen meines AufsatzesBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 größer ist, als ich geglaubt habe. Das ist für mich auch gar keine wichtige Frage. Wesentlich ist nur, und das glaube ich allerdings behaupten zu können, daß ich Dich vollkommen korrekt behandelt habe, und daß besonders Deine letzten heftigen Vorwürfe, die Du noch nach meiner neuen ausführlichen Fußnote in Telegrammen und Briefen an FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank und mich erhoben hast, eine arge Ungerechtigkeit darstellen.
Ich möchte wünschen, daß Du Dich einmal bemühst, unbeeinflußt von Deinen allzuheftigen Gefühlen zu einem ruhigen und objektiven Urteil zu kommen.
Ich wollte mit meiner Antwort warten, bis FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank wieder in Prag ist. Ich will aber jetzt nicht länger warten, da FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank, eben von Berlin gekommen, gleich wieder nach Wien abgereist ist.
Mit bestem GrußoHsl. Einschub.