Auf unsere ausführlichen Briefe haben wir bis jetzt nur eine Karte aus Moskau bekommen‚1Siehe oben, Brief Nr. . würden uns aber sehr über ausführlichere Nachrichten freuen, und noch mehr, wenn Du selber herkämest. Wir haben sogar einen Bettdiwan für Dich, und FranksPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef FrankPFrank, Hania, 1894–1967, geb. Gerson, verh. mit Philipp Frank wollen sich mit uns ablösen, um Dich zu beherbergen.
HempelPHempel, Carl Gustav, 1905–1997, dt.-am. Philosoph, verh. mit Eva Hempel war ein paar Tage hier. Das war sehr nett. Wir haben viel diskutiert, hauptsächlich über Metalogik und über mein vollständig neu geschriebenes MS „Die physikalische Sprache als Universalsprache der WissenschaftB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465“. Als ich diesen vor 1½ Jahren geschriebenen Aufsatz jetzt für den Druck fertig machen wollte, stellte sich nämlich heraus, daß ich ihn von A bis Z neu schreiben mußte. Ich schicke Dir gleichzeitig einen Durchschlag. Bitte nach Durchlesen bald wieder zurück, da ich keinen andern mehr hierhabe. Du ersiehst aus der jetzigen Fassung, daß die These jetzt schärfer formuliert und genauer begründet ist. Ich glaube, daß die Übereinstimmung zwischen unsern Auffassungen dadurch noch enger geworden ist. Deine energischen und temperamentvollen Äußerungen haben meinen Überlegungen einen sehr wesentlichen Anstoß gegeben, wofür ich Dir sehr dankbar bin. Die Ausarbeitung der MetalogikB1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 im Sommer hat mir auch bei der Klärung dieser Fragen sehr geholfen. Ich glaube, daß jetzt durch die Gegenüberstellung der „formalen“und der „inhaltlichen“Redeweise vielen Lesern die Sache klarer werden wird. Und die Darstellung der mit der inhaltlichen Redeweise verbundenen Gefahr, in Scheinfragen zu geraten, erscheint mir auch wichtig, nicht zuletzt auch für die Leute unseres eigenen KreisesISchlick-Zirkel, Wiener Kreis. Es ist mir jetzt ganz klar, daß Du mit Deiner Warnung vor den bei uns üblichen „Erläuterungen“recht gehabt hast. Wenn mal wieder der ZirkelISchlick-Zirkel, Wiener Kreis existiert und ich mal hinkomme, möchte ich vielleicht über diesen Punkt nochmal gründlich sprechen. Falls Du auf die veränderte Fassung meines AufsatzesB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465 hin einige Bemerkungen Deines AufsatzesBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431‚2Neurath, „Soziologie im Physikalismus“. die sich darauf beziehen, ändern möchtest, so wirst Du Dir sicher von MeinerIVerlag MeinerPMeiner, Felix, 1883–1965, dt. Verleger nochmals einen Fahnenabzug Deines AufsatzesBNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431 schicken lassen können. Er wird nämlich noch nicht zum Umbruch gekommen sein, da mein MSB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465, das ja in dasselbe Heft soll, jetzt erst zum Druck gelangt ist.
In den nächsten Tagen soll das sehr verspätete Heft 4 erscheinen; darin mein Aufsatz über „Metaphysik“.3Carnap, „Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der SpracheB1931@„Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache“, Erkenntnis 2, 1931, 219–241“. Einige Wochen später soll 5/6 als Doppelheft erscheinen; darin unsere beiden AufsätzeB1931@„Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft“, Erkenntnis 2, 1931, 423–465BNeurath, Otto!1931@„Soziologie im Physikalismus“, Erkenntnis 2, 1931, 393-431. Meinen dazugehörigen Aufsatz über PsychologieB1932@„Psychologie in physikalischer Sprache“, Erkenntnis 3, 1932/33, 107–1424Carnap, „Psychologie in physikalischer Sprache“. will ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph nun noch auf III/2 oder III/3 verschieben, „damit keine Häufungsstelle entsteht“.5Hans Reichenbach an Rudolf Carnap, 30. Dezember 1931, HR 013-41-44. Das wird also noch ½Jahr dauern.
Mein Vortrag in PreßburgB1934@1929@„Von Gott und Seele. Scheinfragen in Metaphysik und Theologie“ (RC 089-63-01), 1929 ist am 30. März. Nun hat mich der Österreichische KlubIÖsterreichischer Klub, Wien, Wien, um einen VortragB1932@„Scheinprobleme der Philosophie“, Vortrag am 23.3.1932 im Österreichischen Klub in Wien„Scheinprobleme in der Philosophie“gebeten. Da er gut zahlt, habe ich zugesagt. 🕮{}Da unbedingt Mittwoch gewünscht wurde, mußte ich 23. März nehmen. Ich werde dann also wohl eine Woche in Wien sein und hoffe sehr, daß Du nicht gerade über Ostern wegfährst.
Mein Stellungskrieg mit den Behörden nähert sich seinem Ende. Am 5. Januar habe ich die Staatsbürgerschaft bekommen und so wird „demnächst“auch die Ernennung rechtskräftig werden.
Dir und Deiner FrauPNeurath, Olga, 1882–1937, geb. Hahn, auch Neuräthin und Peterl, öst. Philosophin und Mathematikerin, verh. mit Otto Neurath, Schwester von Hans Hahn und Louise Fraenkel-Hahn herzliche Grüße, auch von InaPCarnap, Ina (eig. Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia), 1904–1964, geb. Stöger, heiratete 1933 Rudolf Carnap.