Felix Kaufmann an Rudolf Carnap, 7. Jänner 1932 Jänner 1932

Lieber Herr Carnap!

Vielen Dank für Ihren freundlichen Brief auch im Namen meiner FrauPKaufmann, Else, verh. mit Felix Kaufmann. Bei uns geht alles gut, nur ist noch ein ziemlicher Rummel.

Ihre Einladung zu einem Vortrag im Österreichischen ClubIÖsterreichischer Klub, Wien ist durch Hofrat DruckerPDrucker, Adolf, 1876-1967, Hofrat im Handelsministerium in Wien, Schwager von Hans Kelsen, verh. mit Karoline Drucker (einen Schwager KelsensPKelsen, Hans, 1881–1973, öst.-am. Rechtswiss.), der dort das Vortragsressort leitet, erfolgt. Er möchte Sie zu einem Vortrag im Laufe des März oder April bitten; das Vortragshonorar wäre ö.S 250.– . Das Publikum im Österreichischen ClubIÖsterreichischer Klub, Wien ist sicher nicht nach Ihrem Ideal, aber als Auditorium für einen Vortrag über Scheinprobleme der PhilosophieB1932@„Scheinprobleme der Philosophie“, Vortrag am 23.3.1932 im Österreichischen Klub in Wien nicht ungeeignet.

Sehr erfreut war ich zu hören, daß Sie Ihre Arbeit über „Metalogik“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 ausgearbeitet haben. Auch Herr BehmannPBehmann, Heinrich, 1891–1970, dt. Mathematiker hat mir geschrieben, daß er Ihr Ms.B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 gelesen hat und darin einen sehr wichtigen Fortschritt erblickt.

Ich hoffe in ca. 2 Monaten, nachdem ich die Ausarbeitung der 2. Auflage von „Logik und Rechtswissenschaft“B fertiggestellt und einige überfällige Besprechungen erledigt habe, wieder zu den logisch-mathematischen Grundlagenfragen zurückkehren zu können, um vor allem mein 🕮 Ms.B für das Husserl-JahrbuchI zu überarbeiten. Wenn Sie mir dann Ihre Arbeit über „Metalogik“B1934@Logische Syntax der Sprache, Wien, 1934 zu lesen geben wollen, werde ich mich sehr freuen.

Es tut mir sehr leid, daß die Devisenvorschriften immer weiter verschärft werden, wodurch Ihre Verfügungsmöglichkeit über Ihre hier befindlichen Schillinge immer geringer wird. Leider wird es auch von Tag zu Tag schwerer Bewilligungen zur Schilling-Ausfuhr von der NationalbankINationalbank Österreich zu erhalten. Aber vielleicht werde ich Ihnen doch dort die Wege ein bißchen ebnen können, wenn sie im März oder April nach Wien kommen.

Von Herrn HempelPHempel, Carl Gustav, 1905–1997, dt.-am. Philosoph, verh. mit Eva Hempel, ab 1947 mit Diane Hempel habe ich leider schon einige Monate nichts gehört, trotzdem ich ihm erst jüngst geschrieben habe. Ich fürchte, daß er durch die mißlichen Verhältnisse sehr in seiner wissenschaftlichen Arbeit gestört ist, denn er wollte mir seine Dissertation über WahrscheinlichkeitstheorieBHempel, Carl Gustav!1934@Beiträge zur logischen Analyse des Wahrscheinlichkeitsbegriffs, Diss., Berlin, 1934 nach deren Vollendung einschicken, aber sie ist bis heute nicht bei mir eingelangt. Ich wäre aufrichtig betrübt, wenn ihn die wirtschaftliche Not zwänge, seine wissenschaftlichen Bestrebungen ganz in den Hintergrund zu stellen. –

Viele herzliche Grüße

Ihr
Felix Kaufmann

Brief, msl., 2 Seiten, RC 028-23-24; Briefkopf: msl. Privatdozent  /  Dr. Felix Kaufmann,  /  Wien, XIX., Döblinger Hauptstr.90  /  Wien, 7. Januar 1932  /  Herrn  /  Professor  /  Dr. Rudolf Carnap,  /  Prag, XVII.,  /  N. Motol, Pod Homolkou.


Processed with \(\mathsf{valep\TeX}\), Version 0.1, May 2024.