Rudolf Carnap an Felix Kaufmann, 19. Dezember 1931 Dezember 1931

Lieber Herr Kaufmann!

Haben Sie herzlichen Dank für Ihre ausführliche Auskunft und die Übersendung der Devisenbestimmungen. (Falls Sie sie zurückbrauchen, bitte ich um Mitteilung.) Ich habe mir Ihren Vorschlag, selbst nach Wien zu kommen, reichlich überlegt, meine aber doch, daß die Reisespesen in keinem rechten Verhältnis zu dem voraussichtlichen Erfolg stehen würden. Schillinge aus Österreich herauszunehmen hätte gar keinen Zweck, da sie hier zu außerordentlich niedrigem Kurse angeboten werden. (Man spricht von 3-3.50 Kč). Und ob die NationalbankINationalbank Österreich mir auf persönliche Vorsprache hin einen wesentlich höheren Betrag zum Umtausch gestatten würde, als den regulären Betrag von 300 S, scheint mir doch sehr zweifelhaft. Ich habe in der Zeitung gelesen, daß viele Leute auf Grund einer Fahrkarte nach Pressburg und eines Passes für 300 S Kč erhalten haben. Ich werde nun durch Bekannte versuchen, ob das Gleiche noch möglich ist.

Falls Sie auf Ihrer Reise nach Deutschland den gestatteten Gegenwert von S 300.– in RM nicht vollständig aufbrauchen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie vor Ihrer Rückkehr nach Österreich irgendeinen Betrag in RM an die Deutsche BankIDeutsche Bank, Filiale München, für mein Konto Nr. 23020 überweisen könnten.

Ich danke Ihnen auch noch für den Aufsatz aus der Kelsen-FestschriftB, den ich inzwischen gelesen habe. In der Ablehnung des Normbegriffes stimme ich natürlich ganz mit Ihnen überein; es interessierte mich sehr, zu sehen, wie Sie versuchen, den KelsenschenPKelsen, Hans, 1881–1973, öst.-am. Rechtswiss. Standpunkt zurechtzurücken. Ob er selbst aber damit einverstanden sein wird? Den zweiten Teil des AufsatzesB habe ich nicht ganz verstanden. Diese Fragen werden ja ausführlicher in dem von Ihnen angekündigten BuchB besprochen werden, das sicherlich sehr bedeutungsvoll werden wird.

Mit herzlichen Grüßen, auch an Ihre FrauPKaufmann, Else, verh. mit Felix Kaufmann, und besten Wünschen für Ihre Reise

Ihr
R. Carnap

Brief, msl., 1 Seite, FK 008108 (Dsl. RC 028-24-01); Briefkopf: gestempelt Prof. Dr. Rudolf Carnap  /  Prag XVII.  /  N. Motol, Pod Homolkou, msl. Prag, den 19. Dezember 1931.


Processed with \(\mathsf{valep\TeX}\), Version 0.1, May 2024.