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Lieber Herr Kaufmann!
Besten Dank für Ihre beiden Briefe vom Oktober und November, und für die Rücksendung des Frege
Ich habe hier einstweilen wenige Hörer, aber darunter erfreulicherweise einige die Verständnis zeigen und sich gut beteiligen. Der weiteren Entwicklung meiner Tätigkeit hier sehe ich mit Zuversicht entgegen. Kürzlich habe ich in der Kantgesellschaft
Viel Scherereien habe ich immer noch mit den Behörden bis endlich alle Formalitäten meiner Ernennung erledigt sein werden. Ich hoffe jetzt im Januar damit fertig zu werden und dann von Januar ab auch mein Gehalt zu bekommen. Vorläufig bekomme ich nur eine Supplierungsgebühr, die ich seit Oktober monatlich ausgezahlt erhalten soll. Der endlos lange Instanzenweg für diese Gebühr ist jetzt auch schon so weit zurückgelegt, daß man mir in Aussicht gestellt hat, die erste Rate vielleicht sogar noch im Laufe des Dezember auszuzahlen.
Darf ich Sie jetzt gleich vielleicht in einer geschäftlichen Angelegenheit um Rat fragen. Ich vermute, daß Sie infolge der geschäftlichen Beziehungen Ihrer Firma zu andern Staaten über die österreichischen Devisenbestimmungen gut Bescheid wissen. Meine Wiener Vermieterin, Frau Franziska Kluch
Falls Sie keinen Ausweg wissen, (was ich bei den komplizierten und strengen Sparmaßnahmen wohl als das Wahrscheinlichere ansehen muß), so möchte ich Sie um Rat fragen, was ich mit der Rückzahlungsrate machen soll. Der Schuldschein (grundbuchlich eingetragen) lautet auf Schilling-Gold. Gibt mir das eine Möglichkeit, mich gegen die Schillingentwertung zu schützen? Kann ich vielleicht zur Zeit der Fälligkeit daraufhin Rückzahlung in Devisen verlangen? Wäre es also zweckmäßig jetzt die Rate nicht anzunehmen? Falls Sie es aber für besser halten, daß die Rate jetzt doch gezahlt wird, könnte ich sie da an Sie zahlen lassen, damit Sie mir das Geld aufheben bis die Möglichkeit besteht, es aus Österreich herauszubekommen?
Kann man kleinere Beträge ohne Bewilligung mittels Postanweisung ins Ausland schicken? Wenn ja, zu welchem Kurs wird dabei der Schilling in RM bezw. Kč umgerechnet?
Ich danke Ihnen im Voraus herzlich für alle Mühe, die Sie für meine Sache auf sich nehmen.
Ich hoffe, Sie gönnen sich ein paar Tage Erholung im Schnee. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau schöne Weihnachstage und verbleibe mit herzlichen Grüßen
Ihr
R. Carnap
P.S. Ich vergaß, Ihnen anzugeben, daß der W[iene]r Bankverein
Ich nehme an, daß ich Überweisungen von meinem Konto auf Konten von Österreichern ohne Bewilligung vornehmen darf. Trifft das zu? Oder wenigstens bis zu einem bestimmten Höchstbetrag?
Brief, msl., 2 Seiten, FK 008106-008107 (Dsl. RC 028-24-03)