\brief{Hans Reichenbach an Rudolf Carnap, 21. Oktober 1931}{Oktober 1931} %21.Oktober 1931 %Herrn Prof. Dr. Rudolf Carnap %Prag XVII, N.Motol. Pod Homolkou \anrede{Lieber Carnap,} \haupttext{beiliegend Durchschlag meines Briefes an Härlen\IN{\haerlen}. Den Betrag von \blockade{Symbol} 14,85 überweise ich Ihnen auf Ihr Postscheckkonto. Ich schicke Ihnen einliegend eine Arbeit, die einer meiner hiesigen Schüler ausgearbeitet hat. Es handelt sich um die symbolische Formulierung der Hilbertschen\IN{\hilbert} Axiomatik. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Arbeit auf ihre Richtigkeit hin durchsehen würden. Ursprünglich hatten wir die Arbeit gemeinsam im Seminar angefangen, dann stellte sich heraus, daß es doch recht schwierig war, da die Hilbertsche\IN{\hilbert} Fassung doch an manchen Stellen verschärft werden mußte. Herr Helmer\IN{\helmer} hat die Arbeit dann zu Ende geführt. Wir wollten Sie schon bitten, in Ihrem Abriß\IC{} den Schwierigkeitsgrad dieser Aufgabe doch um 1 zu erhöhen! Ich habe den Eindruck gewonnen, daß sich eine Veröffentlichung doch lohnen würde, besonders auch um der Ergebnisse willen, die Helmer\IN{\helmer} in den Vorbemerkungen mitgeteilt hat. Ich könnte es im nächsten Jahr in die ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} nehmen; wenn ich auch in der ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} nicht gern viel logische Formeln bringe, so kann man vielleicht wegen der Kürze der Arbeit und der Bedeutung der Hilbertschen\IN{\hilbert} Axiomatik mal eine Ausnahme machen. Jedenfalls wäre ich Ihnen über ein Urteil der Arbeit sehr zu Dank verpflichtet, besonders auch wegen der Fassung der Stetigkeitsaxiome, (S.\,17) die am meisten Schwierigkeiten gemacht haben. Vor der Veröffentlichung würde ich es auch noch gern an Bernays\IN{\bernays} schicken und seine Meinung bezüglich des Vollständigkeitsaxioms einholen. Evtl. könnte man auch, wenn Sie oder Bernays\IN{\bernays} noch mehr zu der Sache zu bemerken haben, Ihre Briefe in Form eines Anhangs mitteilen. \neueseite{} Hier tagt in diesen Tagen der Hegel Kongreß\II{}: wir haben uns einiges angehört, während sich unsere Haare bis zum Himmel sträubten. Nicolai Hartmann\IN{\hartmannnikolai} hat die schöne Entdeckung gemacht, daß dem \uline{Widerspruch} zwischen Aussagen in den realen D\blockade{typo?} Dingen ein \uline{Widerstreit} korrespondiert, und wir werden uns also bemühen, künftig widerspruchsvolle Satzsysteme Modelle mit ,,Widerstreit`` zu konstruieren! Dabei ist der Hegel\IN{\hegel} nun 100 Jahre tot, aber diese Leute sind wie die Schlangentiere, wenn man einen Kopf abhaut, wachsen zwei wieder und werden dann auf philosophische Ordinariate gesetzt. Ihr Psychologie Manuskript\IC{} habe ich jetzt an Köhler\IN{\koehlerwolfgang} geschickt, der sich dafür interessiert. Bitte schreiben Sie mir doch, an welche Referenten ich Schlicks\IN{\schlick} Ethik\IW{\schlickethik} und Neuraths\IN{\neurath} Soziologie\IW{\neurathsoziologie} zur Besprechung schicken soll. Mit herzlichen Grüßen} \grussformel{Ihr\\{}[Hans Reichenbach]} Anlage. \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/848600}{HR 013-41-47}; Briefkopf: msl. \original{21.\,Oktober\,1931 \,/\, Herrn Prof. Dr. Rudolf Carnap \,/\,Prag XVII, N. Motol. Pod Homolkou}.}