\brief{Hans Reichenbach an Rudolf Carnap, 22. August 1931}{August 1931} %Herrn Dr.Rudolf Carnap %Wien XIII/5,Stauffergasse 4 \anrede{Lieber Carnap,} \haupttext{ich erhalte soeben Ihre Sendung mit Neuraths\IN{\neurath} Zuschrift\IW{\neurathzuschrift} über mein Buch\IW{}. Ich muß Ihnen offen sagen, daß ich aufs höchste überrascht bin, daß Sie von mir verlangen, eine derartige Veröffentlichung in die Erkenntnis\II{\erkenntnis} aufzunehmen. Ganz abgesehen von der indiskutablen Form stellt diese Zuschrift\IW{\neurathzuschrift} eine so oberflächliche und am Wort haftende Auseinandersetzung mit meinem Buch\IW{} dar, daß ich nicht anders als in sehr scharfem Ton darauf entgegnen könnte. Wir haben es bisher vermieden, unsere Differenzen in unserer Zeitschrift\II{\erkenntnis} auszutragen, und ich halte die gegenseitige Duldung für die einzige Form, in der die gemeinsame Herausgabe einer Zeitschrift\II{\erkenntnis} möglich ist. Ich habe zu den Veröffentlichungen des Wiener Kreises\II{\schlickzirkel} bisher stets geschwiegen, obwohl mir manches schwerwiegende Fehler zu enthalten scheint; und ich fühle mich andrerseits in keiner Weise veranlaßt, vor dem Wiener Kreis\II{\schlickzirkel} für meine Veröffentlichungen Rechenschaft abzulegen. Ich bitte Sie, diese Situation noch einmal zu bedenken. Schon jetzt aber möchte ich Ihnen mitteilen, daß es für mich unmöglich sein würde, die gemeinsame Arbeit an unserer Zeitschrift\II{\erkenntnis} fortzusetzen, wenn Sie auf der Aufnahme der Neurathschen\IN{\neurath} Zuschrift\IW{\neurathzuschrift} bestehen würden. Mit besten Grüßen} \grussformel{Ihr\\{}[Hans Reichenbach]} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/824965}{HR 013-41-49}; Briefkopf: msl. \original{22.\,8.\,31 \,/\, Herrn Dr. Rudolf Carnap \,/\, Wien XIII/5, Stauffergasse 4}.}