\brief[Carnap und Ina Stöger an Neurath, St.\,Jakob in Defereggen/Osttirol, 30.~Juli 1931]% {Rudolf Carnap und Ina Stöger an Otto Neurath, 30. Juli 1931}{Juli 1931}\labelcn{1931-07-30-Carnap-an-Neurath} \anrede{Lieber Neurath!} \haupttext{Herzlichen Dank für Deinen Brief. Inzwischen hat sich mit Prag folgendes zugetragen: Czech\IN{\czech} hat mir geschrieben (am 14.7.), daß\pagebreak \noindent\includegraphicscn[width=8cm]{Grafiken/Elefant-x.png}{}\newpage \noindent die Aufforderung zur Überreichung des Staatsbürgerschaftgesuches erst erfolgen würde, wenn das Ernennungsdekret vom Präsidenten unterzeichnet sei. Dann hat mir der Dekan %\IN{\traubenberg}\fnEE{Heinrich Rausch von Traubenberg} am 19.7. geschrieben, daß das Ernennungsdekret bereits unterschrieben ist, aber nach den neuesten Bestimmungen erst dann rechtswirksam werde, wenn ich im Besitze der tschech\editor{oslowakischen} Staatsbürgerschaft bin; das Ministerium\II{} werde mir eine Verständigung hierüber zuschicken. Ich nehme an, daß damit gemeint ist: die Aufforderung zur Einreichung eines Gesuches. Hierauf warte ich nun. Reichenbach\IN{\reichenbach} hat noch nicht geantwortet. Grelling\IN{\grelling} auch nicht. Dubislav\IN{\dubislav} schreibt, daß er mit Schlicks\IN{\schlick} Äußerung einverstanden sei, er sei für offenen Kampf.\fnE{Dubislav an Carnap, 14.~Juli 1931, RC 028-13-01.} Die geplante Aktion hält er für begrüßenswert;\fnSE{\labelcn{reichenbachimzentrum}Bezieht sich auf Reichenbachs Bestrebungen einer politischen Annäherung an die katholische Zentrumspartei. Diese ,,wissenschaftspolitische Aktion`` solle den Zweck haben, ,,unserem Kreis angehörigen Forschern [\ldots] Ordinariate zu verschaffen``, so Walter Dubislav an Rudolf Carnap, 14. Juli 1931 (\href{https://doi.org/10.48666/869928}{RC~028-13-01}).} sie könne nicht schaden, ob sie Erfolg habe, könne man nicht sagen. Seinen Brief würde ich Dir hier beilegen, wenn mich nicht trübe Erfahrungen davor warnen würden. Ich zeige ihn Dir dann in Wien. Deine Idee, Reichenbach\IN{\reichenbach} durch eine \glqq Zuschrift a\editor{n} d\editor{ie} H\editor{erausgeber}\IW{}\grqq\ zur deutlichen Stellungnahme in der Frage der Einheitswissenschaft zu zwingen, ist gut. Ich möchte Dich aber bitten, diese vermutlich wieder von 23.50 bis 24.00 niedergeschriebene Bemerkung nochmal in einer ruhigen Tagesstunde umzuformen. Anbei ein Exemplar zu diesem Zweck zurück.\fnE{Eine dementsprechend überarbeitete zweite Fassung dieser ,,Zuschrift`` (RC 029-19-01) muss einem der folgenden Briefe Neuraths beigelegt gewesen sein. Zur daraus resultierenden Auseinandersetzung -- Reichenbach drohte mit Auflösung der \textit{Erkenntnis}, falls Neurath auf einer Veröffentlichung bestehen würde -- siehe Milkov, ,,Einleitung``, S.~XVIIIf.} Reichenbachs\IN{\reichenbach} \glqq Naturphilosophie\IW{\rbnaturphilosophie}\grqq\ kenne ich noch nicht.\fnE{Reichenbach, \emph{Ziele und Wege der heutigen Naturphilosophie}.} Ich warte immer noch, ob ers mir nicht schickt. Hier gibts mal Regen, mal Sonne. Von der Krise hört man nur ganz von ferne. Ich lasse mir jetzt die Arbeiterz\editor{eitung}\II{\arbeiterzeitung} schicken, um wenigstens zu erfahren, was vor sich geht. An einem der Bankkräche bin ich bis jetzt nicht beteiligt. Bis jetzt betrifft mich die Krise nur durch Entwertung der Aktien und dadurch, daß man nur tropfenweise das Geld aus der Bank herausbekommt. Außerdem erklärt der W\editor{iene}r Bankverein\II{\bankvereinwien} es für unmöglich, meine aus Deutschland erhaltenen Mark gegenwärtig in Schilling umzuwechseln. Wir denken Euer in unerschütterter Wohlgewogenheit und senden Euch herzlichste Grüße} \grussformel{Carnap und Ina} \ebericht{Brief, msl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/808245}{RC 029-13-07}; Briefkopf: msl. \original{Carnap\,/\,St.~Jakob-Defereggen, Tirol} und \original{St.~Jakob, den 30.~Juli 1931}.}