\brief{Rudolf Carnap an Hans Reichenbach, 4. Juni 1931}{Juni 1931} %Wien, den 4.Juni 1931. \anrede{Lieber Reichenbach!} \haupttext{Ich habe mit Schlick\IN{\schlick} und Hahn\IN{\hahnhans} über die grundsätzliche Frage der Haltung den ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} Gegnern gegenüber gesprochen, nachdem Neurath uns Ihren Brief vorgelesen hatte. Unsere Stellung zu dieser Frage ist nun die folgende. Der Auffassung, die Zeitschrift\II{\erkenntnis} dürfe bei den Gegnern keinen Anstoß erregen, können wir nicht zustimmen. Wir sind der Meinung, daß Konzessionen, die nicht die Form, sondern den sachlichen Inhalt betreffen, nicht in Frage kommen. Selbst wenn Ihre Meinung zutreffen sollte, daß ein deutliches Vertreten unseres Standpunktes gewisse Schwierigkeiten hervorrufen würde, können wir doch kein Opfer unsrer Überzeugung bringen. Was die Form betrifft, so sind selbstverständlich auch wir der Auffassung, daß Wendungen vermieden werden sollen, die den Gegner verhöhnen. Von dieser grundsätzlichen Einstellung aus haben wir auch den vorliegenden Fall des Neurathschen\IN{\neurath} Vortragsberichtes\IW{} besprochen. Wir haben Neurath\IN{\neurath} geraten, an zwei Stellen mildere Formulierung zu wählen. Wir meinen zwar, daß der ursprüngliche Wortlaut auch an diesen beiden Stellen die Grenzen des Zulässigen nicht überschreitet, möchten aber mit Rücksicht auf die von Ihnen geäußerten Bedenken Ihnen hier entgegenkommen. Die Änderungen, -- Neurath\IN{\neurath} hat sich mit ihnen einverstanden erklärt -- sind die folgenden (siehe beiliegende Korrektur): \neueseite{} 1) anstatt ,,Gott ist \ldots{} getreten``: ,,nunmehr ist Gott die wirkende Kraft, und nicht mehr der Magier``. 2) anstatt ,,abgebaut``: ,,zurückgedrängt``. Die übrigen Stellen sollen bleiben; Neurath\IN{\neurath} bittet Sie aber, die Korrektur, die ich Ihnen am 29.\,Mai geschickt habe, noch zu berücksichtigen und ihm später noch eine 2. Korrektur zu schicken. Am 1.\,Juni habe ich Ihnen Ms Neurath\IN{\neurath}, Soziologie\IW{\neurathsoziologie}, zugeschickt. Die Korrektur der Königsberger Diskussion\IC{} schicke ich Ihnen jetzt. Reidemeisters Schlußbemerkung gehört doch wohl zur mathematischen, nicht zur physikalischen Diskussion. Mir scheint, auch wenn er sie zeitlich bei der letzteren gemacht hätte (was mir nicht mehr erinnerlich ist), sollte sie bei der ersteren abgedruckt werden. Ferner übersende ich Ihnen Korrektur von Gödels\IN{\goedel} ,,Nachtrag``\IW{}. Verlag Junker und Dünnhaupt\II{\junkerduennhauptverlag} schreibt mir, ob ich die ,,Deutsche systematische Philosophie`` Bd.\,I\IW{} rezensieren wolle; ich habe aber keine Lust und bitte Sie, wenn es überhaupt rezensiert werden soll, es einem anderen zu übergeben. Mit den besten Grüßen} \grussformel{Ihr\\ Carnap} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/828682}{HR 013-41-54}; briefkopf: gestempelt \original{Dr. Rudolf Carnap \,/\, Wien, XIII/5 \,/\,Stauffergasse 4}, msl. \original{Wien, den 4.\,Juni\,1931}.}