Fritz Knoll an Rudolf Carnap, 21. Mai 1931 Mai 1931

Sehr geehrter Herr Kollege!

Herr Prof. FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank hat mir Ihren an ihn gerichteten Brief vom 14. Mai 1931 gezeigt. Da ich daraus entnommen habe, daß Sie von Min.-Rat HavelkaPHavelka, Doktor noch immer keine Nachricht haben, habe ich den Genannten sogleich wieder telephonisch angerufen und mich nach dem Stande Ihrer Angelegenheit erkundigt – nachdem ich eine Woche vorher mit ihm mündlich darüber verhandelt und ihn angespornt hatte. Er teilte mir mit, daß die Angelegenheit Ihrer Staatsbürgerschaft in der nächsten Sitzung des MinisterratesI (vermutlich noch vor dem Sommer) behandelt und sodann Ihre Berufung „in kurzer Zeit“ erledigt wird. Ich hoffe nun zuversichtlich, daß Ihre Lehrtätigkeit doch mit dem kommenden Wintersemester endlich beginnen kann.

Daß trotz meiner fortwährenden Urgenzen Ihre (und auch die anderer Herren!) Berufung sich so lange schon hinzieht, ist allem Anscheine nach dadurch begründet, daß die Finanzlage des Staates bekanntlich nicht sehr gut ist, und daß man lieber auf kulturellem als auf militärischem Gebiete sparen will. Man hat doch schon im alten Österreich auf solche Art bei Berufungen gespart, indem man, wie man damals sagte, „Interkalarien schinden“ wollte.

Mit den besten Grüßen

Ihr ergebener
F. Knoll
als Dekan

Brief, msl. 1 Seite, FrK; Briefkopf: msl. Herrn Prof. Dr. Rudolf Carnap  /  Wien XIII/5, Stauffergasse 4  /  Prag, am 21. Mai. 1931.


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