Friedrich Sauer an Rudolf Carnap, 23. November 1930 November 1930

Sehr verehrter Herr Professor!

Für Ihren gütigen Brief und das übersandte BuchB1929@Abriß der Logistik. Mit besonderer Berücksichtigung der Relationstheorie und ihrer Anwendungen, Wien, 1929 meinen aufrichtigen, herzlichen Dank. (Den Betrag von Mk. 7.30 habe ich bereits auf Ihr Postscheckkonto überwiesen).

Ich weiß nicht, ob Sie verstehen können, wie sehr ich Ihnen für Ihr freundliches Anerbieten dankbar bin. Umsomehr, als ich mich hier in Würzburg direkt in einem „logistischen Vakuum“ befinde.

Ich möchte mir schon heute erlauben, Sie zu bitten, daß Sie mir über einen Punkt hinweg helfen möchten, an dem ich hänge und dessen Klarstellung mir persönlich sehr wichtig erscheint.

„Log.AufbauB1928@Der logische Aufbau der Welt, Berlin-Schlachtensee, 1928 28/29. S. 38.“

1.) Der Satz „Zwei sphärenverwandte Gegenstände sind für jede beliebige Aussagenfunktion entweder beide zulässige oder beide unzulässige Argumente“, setzt doch die Möglichkeit voraus, die „Zulässigkeit“ eines Arguments feststellen zu können. Was heißt denn (s. S. 38 Zeile 8 v.u.) „mit einem ungesättigten Zeichen zusammen einen „„Sinn““ ergeben“?unklar wie im Original die Anführungszeichen gemeint sind Was heißt hier Sinn? Sie verstehen mich recht: Ich frage mich, ob man in dieser, durch das Wort Sinn bezeichneten Bewertung, gewissermaßen intuitiv (im Sinne HusserlsPHusserl, Edmund, 1859–1938, dt. Philosoph) urteilt, oder ob man eine formale Rechtfertigung dafür angeben kann.

Gibt es ein allgemein formulierbares Kriterium, zu entscheiden, wann ein Zeichen zulässiges Argument einer Aussagefunktion ist und wann nicht?

2.) Ich konnte in Ihrer LogistikB1929@Abriß der Logistik. Mit besonderer Berücksichtigung der Relationstheorie und ihrer Anwendungen, Wien, 1929, die ich mit großer Freude durcharbeite – ich bin glücklich, endlich diese umfassende und fesselnde Darstellung gefunden zu haben – bis jetzt einen expliziten Nachweis des obigen Satzes nicht finden. Offenbar ist ein solcher Nachweis aber mit den Mitteln der Typentheorie nicht schwierig. Trotzdem wollte er mir selbst auf diese Weise bis jetzt nicht gelingen, bezw. symbolisch nicht befriedigend gelingen.

Verzeihen Sie, sehr verehrter Herr Professor, bitte meine Belästigung!

In größter Ergebenheit bin ich

Ihr dankbarer
Friedrich Sauer

Brief, msl., 1 Seite, RC 029-25-04; Briefkopf: msl. Würzburg, den 23. November 1930  /  Unterer Grasweg 6 I.


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