Meine herzlichsten Wünsche für Prag begleiteten Dich. Hoffentlich haben sie was genutzt. Ich habe das Gefühl, daß Du und FrankPFrank, Philipp, 1884–1966, öst.-am. Physiker und Philosoph, verh. mit Hania Frank, Bruder von Josef Frank die einzigen sind, mit denen ich Kontakt behalten und ausgestalten kann. Natürlich mache ichs einem nicht leicht. Aber Ihr seid geduldig und wißt das zu schätzen, was, wie mir scheint, mein Beitrag für gemeinsame Arbeit sein kann. Aber SchlickPSchlick, Moritz, 1882–1936, dt.-öst. Philosoph, verh. mit Blanche Guy Schlick und WaismannPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann sind für mich schon in weiter, weiter Ferne, wenn ich auch sachlich, was sie arbeiten, sehr hoch schätze. Ich bin sehr betrübt, daß WaismannPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann mich als einen so Fremden behandelte, daß er nicht einmal seinem Mißfallen Ausdruck gab –- meine FrauPNeurath, Olga, 1882–1937, geb. Hahn, auch Neuräthin und Peterl, öst. Philosophin und Mathematikerin, verh. mit Otto Neurath, Schwester von Hans Hahn und Louise Fraenkel-Hahn als Kontrolle, die sicherlich derlei bemerkt, während bei mir ja noch Temperamentstäuschung 🕮{}vorliegen könnte. WaismannPWaismann, Friedrich, 1896–1959, öst.-brit. Philosoph, verh. mit Hermine Waismann war eben so zu mir, wie wir zu Leuten sind, mit denen wir nichts zu tun haben wollen. Da sagt man ein paar freundliche Worte, auch wenn der Betreffende eine klare Antwort erbittet und erwartet. Ich verlange von ihm keine Freundschaftsbeweise, aber doch ein Minimum an Aufrichtigkeit. Schluß.
Du hast mich mit Deiner Frage arg getroffen, mit wem ich nun mich in meiner Arbeit verbunden fühle. Denn ich halte es nicht für einen Vorzug, original zu sein. Aber es scheint wirklich so zu sein: in der Grundeinstellung gehöre ich ganz zu Eurem KreisISchlick-Zirkel, Wiener Kreis, in der Grundeinstellung gehöre ich ganz zu den Marxisten. Aber in der Einstellung, daß man beides intensiv verbinden müsse, scheine ich sehr allein zu stehen. Richtig ist, daß unter allen kein entschiedener „Fachmarxist“ist und daß kein entschiedener „Fachmarxist“gleichzeitig auch der Logisierung streng ergeben wäre. Sie stecken in durchaus vorpräziser Begriffsbildung, wenn sie auch durchaus präzisierbar wäre. Diese Sonderstellung bringt mich sicher noch in viele Ungelegenheiten. Aber ich werde Dir für die ErkenntnisIErkenntnis, Zeitschrift über dies Thema etwas schreiben. Du hast mir noch nicht gesagt, ob Du dafür Platz hast. Soziologie und EinheitswissenschaftB. Mich freute es, daß Du das Wort „Einheitswissenschaft“angenommen hast. Ich sahs in Deinem ArtikelB1930@„Die alte und die neue Logik“, Erkenntnis 1, 1930/31, 12–26, auch im VortragB1930@„Einheitswissenschaft auf physischer Basis“, Vortrag am 20.5.1930 im Verein Ernst Mach, da hielt ichs für eine Konzession an den Genius loci. Alle anderen sind ja dagegen. Schön ists nicht. Aber welches Wort ist schön? Soziologie vielleicht?
Laß es Dir gut gehen. Grüße ReichenbachPReichenbach, Hans, 1891–1953, dt.-am. Philosoph. Grüße die anderen. Ich rede derweilen in Genf vor allerlei Freunden des VölkerbundesIVölkerbund über BildstatistikB. Gute Grüße