besten Dank für Ihren Brief. Ich habe die darin angegebenen Änderungen soweit möglich noch eingetragen. Bitte verzeihen Sie, wenn ich das Wort philosophisch im Text doch beibehalten habe. Es ist mir schon schwer genug gewesen, es im Namen der TagungITagung für Erkenntnislehre@1. Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften, Prag, 15.-17.IX.1929 fortzulassen. In der Sache sind wir uns ja einig, nur scheint mir, daß Sie bei dieser Veranstaltung zu sehr die hochschulpolitische Seite außer Acht lassen. Wenn man den andern das Wort Philosophie läßt und es für sich ablehnt, so läßt man ihnen damit eben auch die philosophischen Lehrstühle und Institute. Ich meine das so: schließlich wollen wir doch einmal erreichen, daß wir mit unserer Wissenschaft an den Hochschulen vertreten sind; es ist doch kein Zustand wie bisher, daß man eben nur gerade als Privatdozent geduldet wird und die Prüfungen usw. den Ordinarien der Philosophie überlassen muß. Nach allem was ich in Erfahrung gebracht habe, ist aber die Einrichtung neuer Lehrstühle ganz unmöglich bei der Finanzlage des Staates; man muß also darauf hinarbeiten, daß philosophische Lehrstühle für uns frei gemacht werden. Ich glaube, daß so eine TagungITagung für Erkenntnislehre@1. Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften, Prag, 15.-17.IX.1929, die in der Öffentlichkeit weithin sichtbar ist, dazu ein gutes Mittel ist; nur muß man sich dann eben nicht die ganze Möglichkeit abschneiden dadurch, daß man von vornherein sagt, was wir machen, sei keine Philosophie. Und schließlich behaupten wir doch, daß wir eben diejenigen Probleme 🕮 bearbeiten, die von den Philosophen bisher bearbeitet worden sind, sei es auch in noch so verkehrter Form. Es wäre also taktisch sehr ungeschickt, das Wort Philosophie für uns aufzugeben.
Ich mußte die Sachen nun in Druck geben, weil ein längerer Aufschub nicht möglich war. Sie bekommen dann später Ihre 200 Exemplare, mit zugehöriger Anmeldepostkarte. Zunächst wird den Sendungen an die Mathematiker und Physiker (ungefähr 4000 Stück) je ein Exemplar unseres Prospektes beigelegt; Sie brauchen also nur noch an Leute zu schicken, die nicht zu den Mathematikern oder Physikern gehören.
Wegen Ihres VortragsB habe ich noch Schwierigkeiten. Ich möchte nicht gern den von Ihnen jetzt vorgeschlagenen Titel nehmen, weil der Montag Nachmittag ganz der Mathematik gewidmet sein soll; die Physik soll hier nicht mehr vorkommen. Die Formulierung „Logik und Erfahrung“ ist möglich, weil man schießlich das Anwendungsproblem der Logik mit dazu nehmen kann. Können wir nicht bei diesem Titel bleiben? Sie können dann auch die Darstellung des RussellschenPRussell, Bertrand, 1872–1970, brit. Philosoph, in zweiter Ehe verh. mit Dora Russell, ab 1936 verh. mit Patricia Russell Standpunkts besser einbeziehen; FraenkelPFraenkel, Abraham, 1891–1965, dt.-israel. Mathematiker liegt sehr viel daran, wie er mir schrieb, daß Sie gerade dies vortragen. Bitte geben Sie mir doch gleich Antwort, ich kann dann ev[entuell] bei der Korrektur der Drucksachen noch eine Änderung machen.
Ich gehe übrigens mit dem Gedanken um, daß wir in Prag eine Resolution fassen, in der zum Ausdruck zu bringen wäre, daß die von uns vertretene philosophische Richtung an den Universitäten durch Lehrstühle vertreten sein sollte. Das könnte man dann den Ministerien einreichen. Aber das können wir ja noch in Prag besprechen. – Mit herzlichem Gruß