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Lieber Herr Carnap!
Ich habe heute zwei Zuschriften des „Vereines Ernst Mach“
Die erste enthält eine Aufforderung zur Beitrittsanmeldung, die ich hiemit vollziehe; die zweite betrifft die Broschüre „Die Wiener Schule der wissenschaftlichen Weltauffassung“
Wie Sie wissen verbindet mich mit der in unserem Kreise herrschenden theoretischen Weltauffassung die radikale antimetaphysische Einstellung, die, obwohl ich sie schon in meinen ersten Schriften zum Ausdruck gebracht habe, durch die im Schlick-Kreise
Diese Gemeinsamkeit ist für eine große Reihe methodologischer Probleme ausschlaggebend und so bin ich mir dessen voll bewußt, daß ich unserer Gemeinschaft eine Fülle wissenschaftstheoretischer Einsichten verdanke und daß insbesondere meine demnächst zum Druck gelangende Arbeit „Über das Unendliche in der Mathematik und seine Ausschaltung“
Die wesentliche Differenz aber, derentwegen ich glaube mich nicht als zur Wiener philosophischen Schule rechnen oder als „Autor verwandter Richtung“ bezeichnen zu dürfen, ist die Auffassung des „a priori“. Sie wissen, daß ich diesen Begriff durchaus nicht als Einfallspforte in die Metaphysik auffasse, aber trotzdem bleibt für mich eine Zweiheit der Erkenntnisweisen bestehen, die der Empirismus bestreitet.
Sie werden es am besten begreifen, daß ich nicht um persönlicher Bindungen willen eine mir wesentlich er
Mit herzlichsten Grüßen bin ich
Ihr
Felix Kaufmann
P.S. Es steht Ihnen selbstverständlich frei, diesen Brief in jeder Ihnen genehmen Weise zu verwenden, die Sie zur Vermeidung von Mißverständnissen für zweckdienlich halten.
FK.
Brief, msl., 3 Seiten, RC 028-25-03; Briefkopf: msl. Wien, am 26. Juni 1929.