\brief{Heinrich Behmann an Rudolf Carnap, 6. März 1929}{März 1929} %Halle (Saale), den 6. März 1929. %Moltkestr. 5 III. \anrede{Lieber Herr Carnap!} \haupttext{Ich möchte verabredungsgemäß im folgenden einige Hauptpunkte Ihrer ,,Untersuchungen zur Axiomatik``\IC{\axiomatikms} der Reihe nach durchsprechen. \uline{S.\,9}. Meine grundsätzlichen Einwände gegen die Übertragung ursprünglich mathematischer Ausdrücke, wie z.\,B. ,,Funktion``, auf die Logik sind Ihnen ja aus Math.Ann.\blockade{Sigle?} 86, S.\,165\IW{}, bekannt. (Nicht erwähnt ist dort, daß diese Ausdrücke ja beim logischen Aufbau der Mathematik in ihrer logischen und ihrer mathematischen Bedeutung zugleich auftreten würden.) Selbstverständlich läßt sich dieser Grundsatz nicht mit voller Strenge durchführen; so wird man Worte wie ,,Variable`` und ,,Konstante`` m.\,E. unbedenklich auch in der Logik verwenden dürfen. Die nach meiner Ansicht zweckmäßigste Entscheidung dieser Frage ist in ,,M[athematik] u. L[ogik]``\IW{\behmannlogik} durchgeführt. Den Ausdruck ,,n-stellige Funktion`` -- gemäß \uline{meiner} Sprechweise: ,,n-stelliger Begriff`` -- halte ich für sehr gut. Die Worte ,,gebunden`` und ,,frei`` würde ich als relative, auf den gerade betrachteten Formelausdruck oder -bestandteil bezügliche, betrachten (vgl. Math.Ann. 86\IW{}, S.\,196 -- wo allerdings ,,veränderlich`` und ,,konstant`` gesagt ist --), also, wenn z.\,B. eine Aussage $(x)fx$ gegeben ist $x$ eine gebundene Variable in $(x)fx$, aber eine freie Variable in $fx$ nennen. Dies erscheint mir für die Praxis zweckmäßiger; doch ist dieser Punkt vielleicht nicht so sehr wesentlich. \uline{S.\,10}. Den Ausdruck ,,Relation`` als Korrelat für ,,Aussagefunktion`` halte ich für bedenklich, zum mindesten aber sprachlich für eine zu große Härte. Ich würde ,,Extension`` vorschlagen. Wenn Sie wollen, können Sie anstelle des zum mindesten unschönen Wortes ,,Aussage-Funktion \neueseite{} das Wort ,,Intension`` verwenden (wenn Sie den Ausdruck ,,Begriff`` vermeiden wollen), das jedenfalls den Vorzug hat, noch in keiner Weise ernstlich vorbelastet zu sein. Das Wort ,,Relation`` hat überdies noch den Nachteil, daß es in der gemeinten Bedeutung nicht international verwendbar sein würde. \uline{S.\,12}. Statt ,,einmehrdeutig`` sage ich lieber ,,voreindeutig`` (oder ,,linkseindeutig``). Bei ,,einmehrdeutig`` (one-many) denkt man zu leicht, daß der Fall der Eineindeutigkeit angeschlossen ist, oder gar, daß jedem Vorderglied mehr als ein Hinterglied entsprechen soll. Ist die Zuordnung n-stellig, so spricht man sinngemäß von ,,ersteindeutig``, ,,zweiteindeutig``, ,,erst-zweit-eindeutig`` usw. Statt ,,Eineind`` hätte ich lieber ein internationales Symbol, etwa ,,Unun`` oder ,,Un12`` (wo ,,Un12`` als ,,erst-zweit-eindeutig`` gemeint ist). \uline{S.\,13}. Hier habe ich verschiedenes am Rande vermerkt. An diese Stelle möchte ich nur darauf hinweisen, daß Wesenheiten, die in einem Zusammenhang gleichen Typus haben, gleichwohl in einem anderen von verschiedenem Typus sein können. Erscheinen z.\,B. in einem gegebenen Zusammenhang sowohl einstellige als auch zweistellige Extensionen als Individuen, so sind sie nach Ihrer Erklärung von gleichem Typus, dagegen von verschiedenem Typus, falls sie ,,als Extensionen`` auftreten. Soviel ich sehe, gilt dies allerdings nur auf Grund Ihrer, nicht der Russellschen\IN{\russell} Fassung der Typentheorie. Auf jeden Fall wäre es für den Leser wünschenswert, hierüber Klarheit zu gewinnen. Wenn ich Sie recht verstehe, befürworten Sie hiermit gegenüber den PM\IW{\principiamathematica} eine gewiße -- nach meiner Ansicht durchaus berechtigte -- Relativierung der Typentheorie. \uline{S.\,14}. Hier sollte es (unten auf der Seite) sinngemäß heißen: ,,zwei Extensionen sind dann und nur dann isotyp, wenn ihre gleichstelligen Glieder -- soweit diese nicht als ,,Individuen`` fungieren, auch \neueseite{} deren entsprechend gleichstellige Glieder, usf. -- isotyp sind``. Sachlich ist Ihre Rekursionsdefinition natürlich in Ordnung; nur wird der Uneingeweihte Mühe haben, daraus zu entnehmen, daß sie wie eben angegeben gemeint ist, zumal die ,,Typenregel`` ja erst hinterher kommt. (Es scheint mir, daß Sie auch bei Ihrer Vereinfachung (Relativierung) der Typentheorie notgedrungen wieder gewiße Verwicklungen in Kauf nehmen müssen, sodaß ich auch von Ihrer vereinfachten Theorie noch sagen möchte, man ,,wäre besser ohne sie daran``.) Auf S.\,15 bemerke ich zuerst einen den amtlichen Rechtschreibungsregeln zuwiderlaufenden und daher etwas verwirrenden Gebrauch des Kommas in der Wortfolge ,,die oben dargestellte, vereinfachte Gestalt der Typentheorie``. (Am 7.\,März:) Das Komma setzt man meines Wissens nur zwischen gleichgeordneten Eigenschaftswörtern, d.\,h. wenn statt seiner auch ,,und`` stehen könnte. Hiernach kann es nur heißen: ,,die oben dargestellte vereinfachte Gestalt``, ,,die zweistelligen homogenen Relationen`` (S.\,16) usw. Ich halte diese übliche Unterscheidung für hinreichend nützlich -- ähnlich wie die in anderen Sprachen gebräuchliche Unterscheidung wesentlicher und unwesentlicher Relativsätze, daß man sie nicht ohne Not verwischen sollte. Verzeihen Sie mir, daß ich so ausführlich bei dem winzigen Komma verweile; aber ich habe die richtige Zeichensetzung immer als eine so wesentliche Hilfe für das rasche Erfassen eines Satzzusammenhanges empfunden, daß mir umgekehrt jeder Verstoß dagegen ein merkliches Lesehindernis bedeutet. Übrigens finde ich gerade diese Abweichung gelegentlich auch sonst bei wissenschaftlichen Schriftstellern (allerdings auch \uline{nur} bei solchen). (Z.\,B. ,,die orientierbare, geschlossene Fläche``,\fnC{(Bau)} wo gleichfalls ein ,,und`` statt des Kommas sinn- und sprachwidrig sein würde.) Allerdings könnte man gelegentlich wohl zweifelhaft sein, wie z.\,B. bei ,,vierwertige dreistellige fünfgliedrige \neueseite{} Relation``. Ich würde hier kein Komma setzen, da der Begriff Relation durch die drei Attribute nicht in gleichartiger Weise eingeschränkt wird, wohl aber in ,,transitive, symmetrische Relation``. Doch möchte ich diese gelegentliche Schwierigkeit nicht zum Anlaß nehmen, überhaupt auf die Unterscheidung zu verzichten. \uline{S.\,16} gefällt mir der Ausdruck ,,Doppelglieder`` nicht. Ich schlage vor ,,Innenglieder`` (vielleicht auch ,,innere Glieder`` oder ,,Zwischenglieder``). \textkritik{(Mittelglieder?)}\fnA{Hsl.} \uline{S.\,17}. Der Ausdruck ,,gespalten`` scheint mir sehr glücklich gewählt. Ich hatte mir gelegentlich überlegt, ob man nicht unter einer ,,zusammenhängenden`` Relation lieber eine solche verstehen soll, bei der das System der Pfeile ein zusammenhängendes Ganzes bildet, wo man also von einem beliebigen Glied zu einem beliebigen anderen gelangen kann, indem man eine hinreichende Zahl von Pfeilen vor -- oder rückwärts durchläuft. Eine Zuordnung, bei welcher zwei verschiedene Glieder stets \blockade{?} durch einen Pfeil verbunden sind, würde ich dann ,,verbunden`` nennen. [Erwünscht wäre übrigens auch ein Ausdruck für das Zusammenfallen aller Bereiche einer Zuordnung`` (bei zweistelligen Relationen: Transformation in sich``).]\fnA{Eckige Klammer vom Autor} \textkritik{Vielleicht nur für den Fall der \blockade{?}lationen erforderlich.}\fnA{Hsl.} \uline{S.\,21}. Ich habe am Rande vermerkt, daß man bei ,,Strukturklasse`` zunächst an eine Klasse von Strukturen denkt und sich das Wort lieber für diesen Begriff vorbehält. Ich würde etwa ,,Isomorphieklasse`` sagen. (Allerdings könnte man hierbei an eine Klasse von Isomorphien denken; doch spielt dieser letzte Begriff wohl kaum eine Rolle.) \uline{S.\,22}. Eine von mir hinzugefügte Randbemerkung zur ,,Pfeilfigur`` erscheint mir nachträglich doch nicht ganz zutreffend, weil ich wesentlich an die Darstellung der Zuordnung (Relation), nicht, wie Sie wollen, an die der Struktur dachte. \uline{S.\,23} sind die wohl zu unterscheidenden Ausdrücke ,,n-tglied`` \neueseite{} und ,,n-tes Glied`` durcheinander geraten. \uline{S.\,31 u. 34}. (Beispiele.) \fnAmargin{\blockade{???}, daß man jede \blockade{?} Zahl durch die zugehörige \blockade{?} Gleichung (\blockade{???} mit) \blockade{Behmanns Handschrift...}} Das Beispiel ,,algebraisch`` zeigt eine gewiße hinzutretende störende Verwicklung. Sie sagen: Wenn eine algebraische Zahl gegeben ist, so kommt man, indem man sie der Reihe nach in die linken Seiten der in eine abzählbare Folge geordneten algebraischen Gleichungen einsetzt, mit Notwendigkeit nach endlich vielen Schritten auf eine Gleichung, die durch die fragliche Zahl erfüllt wird. Die Sache hat aber folgenden Haken, den man bisher anscheinend nicht beachtet hat: Die fragliche Zahl muß auf irgendeine Weise \uline{gegeben} sein. Da die Angabe der Dezimalbruchentwicklung (außer in trivialen Fällen) nicht in Frage kommt, bleibt nur übrig, daß sie durch irgendeine Beschreibung (description) festgelegt ist. Die Frage, ob die Zahl die Gleichung erfüllt, ist somit gleichbedeutend mit der Frage, ob es ein $x$ \uline{gibt}, das die gegebene Beschreibung und zugleich die vorgelegte Gleichung erfüllt; diese Frage braucht aber m.\,E. im allgemeinen nicht entscheidbar zu sein, und es läßt sich auch wohl kaum die Gesamtheit der Beschreibungen so einschränken, daß durch die zugelassenen Beschreibungen alle algebraischen Zahlen erfaßt werden und überdies die Möglichkeit der Feststellung des Einsetzungsergebnisses garantiert wird. -- Ein Beispiel, das gerade das Gewünschte leistet und von dieser Schwierigkeit frei ist, gewinnt man, indem man vor der Fermatschen Gleichung $a^n+b^n=c^n$ ausgeht. Versteht man unter $E$ die Eigenschaft einer natürlichen Zahl $n$, zusammen mit gewißen natürlichen Zahlen, $a$, $b$ und $c$ die Gleichung $a^n+b^n=c^n$ zu erfüllen, so ist, da man die Quadrupel ($a$,$b$,$c$,$n$) in eine abzählbare Folge ordnen kann, die Aussage $En$, falls sie wahr ist, auch beweisbar. \uline{S.\,31-35}. Mir scheint, daß der angegebene konstruktivistische Standpunkt mit seiner grundsätzlichen Ausschließung der a-Begrif\neueseite{}fe für die Durchführung Ihrer Untersuchung doch nicht der eigentlich angemessene zu sein. Ich würde demgegenüber den folgenden ,,neutralen`` Standpunkt vorziehen: Man läßt sowohl die a- als auch die k-Begriffe zu, wobei man die Sinnhaftigkeit der ersten weder behauptet noch bestreitet und wobei der richtig verstandene Satz vom ausgeschlossenen Dritten sowohl für die a- als auch für die k-Begriffe erfüllt ist. Richtet man die explizit vorkommenden Definitionen, soweit dies jeweils möglich ist, so ein, daß sie die konstruktivistische Forderung erfüllen, so wird man durch diesen maximal weitherzigen Standpunkt beiden Parteien gerecht: Der Absolutist arbeitet mit denjenigen Teilen der Theorie, die sich auf die a-Begriffe beziehen, und zieht die gleichfalls berücksichtigten k-Begriffe nur bei den speziellen Fragestellungen der Aufweisbarkeit, Konstruierbarkeit usw. in Betracht. Der Intuitionist (wie auch der Konstruktivist) beschränkt sich seinerseits auf die Teile der Theorie, die sich allein auf die k-Begriffe gründen, während er die sich wesentlich auf a-Begriffe beziehenden Teile verwirft. Jeder kann also aus der Gesamtheit der Ergebnisse die seinem Standpunkt entsprechenden akzeptieren und auf die übrigen verzichten. (Die obige Einschränkung bezüglich der explizit vorkommenden Definitionen ist wohl noch nicht ganz deutlich geworden. Sie soll natürlich besagen, daß überall, wo bei gegebenem Begriffsumfang eine konstruktivistische Definition möglich ist, man sich für eine solche entscheidet -- wobei dem Absolutisten bei Anwendung der Theorie unbenommen bleibt, seinerseits eine a-Definition vorzuziehen --, aber nicht, daß man die a-Begriffe durch gleichnamige, aber möglicherweise nicht umfangsgleiche k-Begriffe\fnC{\blockade{???}} ersetzen solle.) \uline{S.\,38}. Der enggeschriebene Absatz scheint mir durchaus entbehrlich. \neueseite{} \uline{S.\,43}. Zu der Behauptung, daß jedes $AS$, das eine Realisation besitzt, auch ein Modell (insbesondere von derselben Struktur) besitzt, vermisse ich die Begründung, wüßte mir auch selber keine zurechtzulegen. Immerhin scheint mir der Satz richtig zu sein. (Am 8.\,März) \uline{S.\,46-47}. Hier kommen wir an den kitzligsten Punkt der Untersuchung. Die Behauptung, daß ein leeres $AS$ widerspruchsvoll ist, ist natürlich intuitionistisch-konstruktivistisch zu verstehen. Vom absolutistischen (und demzufolge auch vom neutralen) Standpunkt wäre sie so zu formulieren: Ein $AS$, dessen Leerheit rein logisch bewiesen werden kann, ist widerspruchsvoll (wobei der Beweis der Leerheit unmittelbar eine widersprechende Folgerung aus den Axiomen aufzuweisen gestattet). (Im wesentlichen von Ihnen auf S.\,47 formuliert.) Kurz: Ein \blockade{k-leeres} $AS$ ist widerspruchsvoll. Nun darf man aus der festgestellten Umfangsgleichheit von k-leer und widerspruchsvoll aber nicht auf die Vollständigkeit der Disjunktion widerspruchsvoll-erfüllt schließen, da ja erfüllt nicht die Negation von k-leer, sondern von a-leer ist. In der Tat bleibt ein $AS$ unbeschadet der vorausgehenden Beweises durchaus denkbar, daß ein $AS$ gewißermaßen zufällig leer ist, weil sich unter den sämtlichen vorhandenen Systemen konkreter oder abstrakter Dinge gerade keines findet, welches das $AS$ erfüllt, ohne daß diese Leerheit aus der Betrachtung des $AS$ selbst a priori erkannt werden kann. Allerdings bleibt richtig, was Sie S.\,48 schreiben: ,,\ldots{}es kann kein $AS$ vorkommen, von dem wir \blockade{wüßten}, daß es weder widerspruchsvoll noch erfüllt ist \ldots{} \ldots{} sobald wir über das Vorliegen der Eigenschaften Bescheid wissen, so wissen wir entweder, daß die eine vorliegt, oder, daß die andere vorliegt; ein Drittes ist dann nicht möglich.`` Dagegen bestreite ich den Satz: ,,Und das ist ja gemeint, wenn wir sagen, die Disjunktion sei vollständig.`` \neueseite{} \blockade{Randnotizen} ,,Ich weiß, daß die Disjunktion $(A,B)$ vollständig ist,`` bedeutet nach meiner Ansicht ,,ich weiß, daß für kein Ding $x$ $\overline{A}x\&\overline{B}x$ gilt`` und nicht ,,es gibt kein Ding $x$, für welches ich weiß, daß $\overline{A}x\&\overline{B}x$ gilt``. Bedeutet $(*)A$ ,,$A$ ist beweisbar (gilt logisch notwendig)`` -- wo $(*)$ sich symbolisch weitgehend wie ein gewöhnlicher Alloperator verhält --, \unll{} stellt sich ,,es ist beweisbar, dass $(x)(Ax\vee Bx)$ gilt`` symbolisch als $(*)(x)(Ax\vee Bx)$ dar, was aufgrund der bekannten Operatorenregeln mit $(*)\overline{(\exists x)(\overline{A}x\&\overline{B}x)}$ (,,es ist beweisbar, daß es kein Ding $x$ gibt, das weder die Eigenschaft $A$ noch die Eigenschaft $B$ hat``) gleichwertig ist. Dagegen würde sich \soutsp{,,es ist in keinem Falle``} ,,es gibt kein $x$, von dem wir wüßten, daß es weder $A$ nach $B$ ist`` als $\overline{(\exists x) (*)(\overline{A}x\&\overline{B}x)}$ darstellen, was nach Auflösung der Negation $(x)(\exists *) (Ax\vee Bx)$ ,,für kein Ding $x$ enthält die Annahme, daß es die Eigenschaft $A$ oder die Eigenschaft $B$ habe, einen logischen Widerspruch`` ergibt. ( $(\exists *)A$ besagt -- als gleichbedeutend mit $\overline{(*)\overline{A}}$ --: ,,$A$ ist widerspruchsfrei``.) Die Aussagen $(*)(x)(Ax\vee Bx)$ \blockade{hsl. * könnte als FN auf Rand verweisen; oder es ist ein Fleck} und $(x)(\exists *)(Ax\vee Bx)$ lassen sich aber nicht aufgrund bekannter logischer Gesetzte ineinander überführen. -- Hinsichtlich der in Rede stehenden Disjunktion dürfte also allenfalls nur gesagt werden, daß wir praktisch so tun dürften, \uline{als ob} ihre Vollständigkeit erwiesen sei, weil ein $AS$, das unter keine der beiden Alternativen fällt, uns niemals ausdrücklich als solches vorgelegt werden kann und wir daher niemals in die Verlegenheit kommen können, sie in einem Falle anzuwenden, in welchem sie nicht gelten würde. \uline{S.\,49}. Daß die Aufweisung eines Modells die einzige Methode für den Beweis der Widerspruchsfreiheit eines $AS$ sein soll, leuchtet mir nicht ein. Wenn Hilbert\IN{\hilbert} beweist, daß keine rechtmäßige Beweisfigur eine Schlußformel von der Gestalt \blockade{symbol} aufweisen kann, so sehe ich nicht, wie hier ein Modell oder eine Realisation in dem von Ihnen angenommenen Sinne hereinspielt. \neueseite{} (Am 9.\,März.) Weiter würde ich einen Hinweis für wünschenswert halten, daß der von Ihnen angenommene Sinn des Wortes ,,unabhängig`` nicht genau der übliche ist, da man gewöhnlich $gR$ schon dann unabhängig von $fR$ nennt, wenn $gR$ keine Folge von $fR$ ist. Ihre Erklärung scheint mir allerdings die zweckmäßigere. (Vielleicht könnte man auch auf eine andere mögliche Festlegung des Wortes aufmerksam machen: Man kann (in schärferem Sinne) ,,unabhängig`` solche Aussagen nennen, die keine gemeinsamen Folgerungen (außer den rein logischen) haben.) Ich möchte noch zur Erwägung stellen, ob Sie nicht schon hier lieber gleich ,,gabelbar an`` statt ,,unabhängig von`` sagen und statt des späteren absoluten ,,gabelbar`` genauer ,,formal gabelbar``, zumal das ,,formal`` ja nur in das ,,gabelbar``, nicht in das ,,gabelbar an`` hereinspielt. \uline{S.\,53}. Hier ist ,,gabelbar an`` nicht wie ,,unabhängig von`` vermittels des Nichtfolgens, sondern vermittels der Unverträglichkeit erklärt. Es erfordert einen Augenblick der Besinnung, \blockade{?} daß beides tatsächlich auf dasselbe hinauskommt. Vielleicht könnten Sie (in Klammern oder in einer Fußnote) -- etwa mit Angabe des symbolischen Überganges von \blockade{symbol} zu $(\exists R)(fR\&gR)\&(\exists R)(fR\&\overline{g}R)$ -- auf diese Äquivalenz aufmerksam machen. \uline{S.\,60}. Die Ausdrücke ,,Gegenstände von $K$`` und ,,Relationen von $K$`` gefallen mir nicht: doch weiß auch ich keinen wirklich befriedigenden Ausweg. Vielleicht könnte man von ,,mittelbaren Gliedern von $K$`` sprechen, wobei allerdings die unmittelbaren Glieder dann nicht mitgemeint sind. Will man sie mit einschließen, was wohl kaum sehr oft notwendig sein wird, so hat man von den ,,unmittelbaren und mittelbaren Gliedern von $K$`` oder von den ,,Gliedern in weiterem Sinne`` von $K$ zu sprechen. Für diese Glieder, soweit sie Relationen (Extensionen) sind, einen eigenen Namen einzuführen, scheint mir kaum erforderlich, da man \neueseite{} sich im gegebenen Fall leicht durch eine Umschreibung helfen kann. Diese Ausdrucksweise ist zwar schwerfälliger, aber, wie ich glaube, doch eine Erleichterung für den Leser, da er sogleich an das Gemeinte erinnert wird und nicht wegen der gewiß inzwischen vergessenen Erklärung der rätselhaft anmutenden ,,Gegenstände von $K$`` und ,,Relationen von $K$`` zurückzublättern braucht. Statt ,,induziert indirekt`` wird man denn folgerichtiger ,,induziert mittelbar`` sagen. Ihre Theorie der vollständigen Isomorphie findet meinen vollen Beifall. Soviel ich sehe, ist alles in Ordnung und läßt sich das Ganze wohl kaum wesentlich einfacher darstellen. Besonders wertvoll sind auch die angegebenen Gegenbeispiele. \uline{S.\,76}. Hier möchte ich anstelle der reichlich farblosen Ausdrücke ,,die Struktur \blockade{großes Gamma?} kommt vor in $fR$`` und ,,$fR$ besitzt die Struktur \blockade{großes Gamma?}`` vorschlagen: ,,ein Modell von der Struktur \blockade{gr. Gamma?} erfüllt $fR$`` und ,,die (= jedes Modell von der) Struktur \blockade{gr. Gamma?} erfüllt $fR$.`` (Am 10.\,März.) Ihre Kritik und Vergleichung der Begriffe ,,monomorph``, ,,nichtgabelbar`` und ,,entscheidungsdefinit`` ist bewundernswert, insbesondere wegen der Gründlichkeit der Begriffsbestimmungen und der verblüffenden Einfachheit der Hilfsmittel, mit denen diese vielumstrittenen Fragen in aller nur wünschenswerten Vollständigkeit erledigt werden. -- Ich habe mir überlegt, ob nicht doch noch eine weitere Verschärfung des Begriffes ,,entscheidungsdefinit`` möglich ist, dahinzielend, daß das kritische $gR$ nicht allein eine formale, sondern überdies eine ,,einschlägige`` Aussage sein soll. Betrachten wir Ihr Beispiel S.\,105 -- 196. Hier hat die Aussage ,,$R$ hat 3 Glieder, und keine Progression hat ein Fermatsches Quadrupel`` noch das Befremdende, daß sie auf unendlichvielgliedrige\blockade{unklar, ob Trennungsstrich oder Bindestrich} Zuordnungen (Relationen) anspielt und damit auf Individuen Bezug nimmt, die außerhalb des betrachteten Systems liegen. Man \neueseite{} müßte also fordern, daß ebenso wie das $AS$ $fR$ -- wo man dies als selbstverständlich vorauszusetzen gewohnt ist -- auch $gR$ keine Bezugnahme auf Individuen außerhalb des $fR$ erfüllenden Systems enthält.\fnC{D.\,h. die Entscheidung über die Entscheidbarkeit von $gR$ \blockade{Behmanns Handschrift...}} (Das einzige bekannte ,,Axiom``, das diese Forderung verletzt, ist das Hilbertsche Vollständigkeitsaxiom.) Wie ich vermute, wird man zu dem Ergebnis kommen, daß alle und nur die $AS$, die monomorph sind und eine Struktur von endlicher Gliederzahl bedingen, entscheidungsdefinit im angegebenen Sinne sind, sodaß auch dieser Begriff ohne praktische Bedeutung sein würde, da man ihn durch den einfacheren der Endlichkeit ersetzen kann. Was mein Gesamturteil betrifft, so möchte ich sagen, daß ich aufgrund der erneuten Durchsicht im ganzen doch zu einer günstigeren Beurteilung gekommen bin, als ich auf meiner Karte mitgeteilt habe. Mein einziger ernstlicher Einwand richtet sich gegen S.\,47, und auch dieser betrifft ja im Grunde mehr die Form als die Sache. Daß ich beim ersten Studium das Spätere noch nicht voll gewürdigt habe, liegt daran, weil ich es von der Behauptung der Vollständigkeit jener Disjunktion abhängig glaubte, was in Wirklichkeit ja nicht der Fall ist. (Am 11.\,März) Soeben traf Ihre Karte ein. Ich hatte bereits im Sinne Ihres Wunsches gehandelt, da eine wesentliche Mehrarbeit damit nicht verbunden war, weil es doch nötig wurde, die ganze Arbeit während des Schreibens nochmals genau durchzusehen. Im ganzen erscheint mir die wünschenswerte Umarbeitung doch weniger eingreifend zu sein, als ich erst angenommen hatte, da entgegen meinem ursprünglichen Eindruck Ihre entscheidenden Ergebnisse doch hinreichend gesichert und begründet erscheinen. Eine Kürzung wäre natürlich auf jeden Fall erwünscht; allerdings ist nicht leicht zu sagen, wie man sie ohne Beeinträchtigung der sachlichen Vollständigkeit und Geschlossenheit am zweckmäßigsten durchführt. \neueseite{} Als Hauptpunkte der Umarbeitung möchte ich einerseits befürworten, daß S.\,47 auf eine für jeden in Betracht kommenden Leser verständliche und annehmbare Form gebraucht wird, weil sonst ein unberechtigtes Mißtrauen gegenüber den weiteren Ausführungen und Ergebnissen mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge sein würde, und andererseits, daß Sie, um Ihren Ergebnissen die Anerkennung der diesen wirklich zukommenden Unabhängigkeit von jedem speziellen Standpunkt zu sichern, für Ihre Untersuchung -- unbeschadet natürlich Ihrer persönlicher Einstellung -- als den weitherzigsten, alle anderen mit umfassenden den von mir gekennzeichneten ,,neutralen`` Standpunkt zu Grunde zu legen. Natürlich hindert dies nicht, bedingt vielmehr, daß Sie, wie geschehen, die explizit auftretenden Definition stets -- bezw. nach Möglichkeit -- im Sinne der konstruktivistischen Anforderung formulieren.) Mit den angegebenen Vorbehalten scheint mir nach meinem gegenwärtigen Eindruck die Arbeit den Anforderungen hinsichtlich Strenge und Geschlossenheit doch in dem Grade zu entsprechen, -- daß -- entgegen meiner mitgeteilten ersten Beurteilung -- eine Veröffentlichung in den Math.Ann.\II{} oder der Math.Zeitschr.\II{} durchaus in Frage kommen würde. Es grüßt Sie bestens} \grussformel{Ihr\\ H. Behmann} \briefanhang{Über die Grundgedanken meiner Theorie der Paradoxien denke ich Ihnen bei nächster Gelegenheit einiges zu schreiben.} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 12 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/871187}{RC 115-10-10}; Briefkopf: msl. \original{Halle (Saale), den 6.\,März 1929 \,/\, Moltkestr. 5 III}.}