\brief{Rudolf Carnap an Felix Kaufmann, 23. Februar 1928}{Februar 1928} %Davos, den 23.Febr.1928. %vom 2.März ab: Seefeld (Tirol), Rantnerhof. \anrede{Lieber Herr Kaufmann,} \haupttext{besten Dank für Ihren Brief. Auf Ihre ausführlichere Ausarbeitung der Axiomatik der Zahlen\IW{} bin ich gespannt; ich freue mich darauf, sie im Sommer lesen und mit Ihnen darüber diskutieren zu können. In den Grundgedanken liegen, glaube ich, zwischen uns keine unüberbrückbaren Divergenzen vor. An einigen Punkten haben wir zwar auseinandergehende Auffassungen; aber das ist ja nicht verwunderlich angesichts der Verwickeltheit der Probleme zumal Sie, wenn ich recht sehe, auch das Problem der psychologischen Analyse des Zählprozesses mit heranziehen. In einem einzigen Punkte jedoch scheint mir in Ihren Deduktionen ein Irrtum vorzuliegen, der, glaube ich, unschwer nachzuweisen ist; falls meine Andeutungen hier nicht genügen, müssen wir es einmal mündlich besprechen. Vielleicht könnten Sie aber diesen Punkt schon bei der von Ihnen beabsichtigten Durcharbeitung schon korrigieren. Es handelt sich darum, daß aus den von Ihnen angegebenen Axiomen die Erreichbarkeit (nämlich: Err[eichbarkeit] jeder Zahl von der Anfangszahl aus in endlich vielen Schritten) nicht deduziert werden kann. Das ist nicht (wie bei den andern Punkten) eine Sache der Auffassung (infolge schwieriger, komplizierter Problemlage), sondern eine Sache schlichten, formalen Beweises. Das früher von mir\IC{} (S.\,3 Mitte) angegebene Beispiel eines Modells erfüllt Ihre 3 Axiome; trotzdem ist z.\,B. 1/8 nicht von der Anfangszahl \blockade{Symbol} aus erreichbar. (Es kann auch leicht gezeigt werden, da Ihr AS\blockade{Sigle? Ergänzung? Axiomsystem?} nicht monomorph ist, wie Sie vermutlich annehmen). Der eigentliche Grund meines heutigen Briefes ist aber ein persönlicher. Ich habe jetzt vom Arzt die Erlaubnis bekommen, im Sommer-Sem[ester] meine Arbeit in Wien wieder aufzunehmen. Ich möchte deshalb fragen, ob ich das Zimmer von April ab wieder mieten kann (ich komme wahrscheinlich Ende April nach Wien); und zwar möchte ich es vorläufig nur bis Juli mieten, wenn das sich so einrichten läßt. In den Sommer-ferien bin ich nämlich vermutlich nicht dort, und für den Winter möchte ich mich vorläufig noch nicht binden. Darf ich Sie vielleicht bitten, gelegentlich mit Ihrer Frau Mutter darüber zu sprechen und mir dann kurze Nachricht zu geben? Ich reise nächste Woche hier ab und möchte einen Koffer als Frachtgut nach Wien schicken. Dadurch soll natürlich Ihrer Entscheidung über die Vermietung des Zimmers nicht vorgegriffen sein; falls ich das Zimmer nicht wieder bekommen kann, möchte ich bitten, den Koffer mit den andern Sachen für mich aufzuheben. Damit in Wien keine Schwierigkeiten mit der Zollrevision entstehen, werde ich (das wurde mir hier empfohlen) den Kofferschlüssel in einen Umschlag dem Frachtbrief beigeben; dann wird die Zollrevision bahnamtlich an der Grenze ausgeführt. Wenn dann das Eintreffen der Frachtsendung dort gemeldet wird, möchte ich bitten, zu veranlassen, daß der Koffer von der amtl[ichen] Rollfuhr ins Haus gebracht wird, damit nicht für die Zeit bis zu meinem Eintreffen Lagerkosten entstehen. Vielleicht ist Ihre Frau Mutter so freundlich, die Bahn- und Anfuhrkosten auszulegen und mich darüber zu benachrichtigen. Mit besten Grüßen} \grussformel{Ihr\\{} \blockade{ksl.}} \ebericht{Brief, msl. Dsl., 1 Seite, \href{https://doi.org/10.48666/870199}{RC 028-25-11}; Briefkopf: msl. \original{Davos, den 23.\,Febr.\,1928 \,/\, vom 2.\,März ab: Seefeld (Tirol), Rantnerhof}.}