Rudolf Carnap an Felix Kaufmann, 10. November 1927 November 1927

Lieber Herr Kaufmann!

Besten Dank f. Ihren Brief v. 8. Sept. und Ihrem Gruß und guten Wunsch v. 14. Okt.ahsl. Ersetzung von Sept. Ich hoffte, bald mündlich mit Ihnen über die Probleme sprechen zu können, bleibe nun aber doch den Winter über hier oben, um mich richtig auszukurieren. Ich habe soeben Ihrer Frau Mutter darüber geschrieben. Leider muß ich ja nun das Zimmer aufgeben, da es mir nicht möglich ist, es während dieser ganzen Zeit zu mieten. Ich habe auch Ihrer Frau Mutter geschrieben, daß ich gern verschiedene Sachen geschickt hätte, die Frau KohutPKohut, Frau mir wohl packen kann. Ich möchte Sie noch besonders bitten, wenn es Ihnen möglich ist, dafür zu sorgen, daß Ihre Frau Mutter hierdurch nicht selbst zu viele Unruhe und Mühe hat. Sie soll einfach das Verzeichnis mit den Sachen an KohutsPKohut, Frau geben, die ja, wie mir scheint, zuverlässige Leute sind; und die sollen mir die aufgewendete Arbeit in Rechnung stellen. Ebenso, wenn das Zimmer für anderweitige Benutzung ausgeräumt werden soll.

Zu Ihren Bem[erkungen] nur einige kurze Worte; ich denke, wir werden später ausführlicher darauf zurückkommen, besonders wenn Ihr BuchB fertig ist, dessen allg[emeiner] Teil sich vermutlich auch mit den grundlegenden erkenntnisth[eoretischen] Fragen befassen wird.

1). Die Unselbständigkeit des Fremdpsych[ischen] und Geistigen kann ich Ihnen in einem gewissen Sinne zugeben. Andrerseits liegt aber auch (unabhängig von Ihrem „phänomenolog[ischen] Sachverhalt“) eine log[ische] Selbständigkeit vor, deren ausführlichere Begründung in der Konst[itutions]-Th[eorie] liegt.

2). „real“ heiße „vom Denken unabhängig“. Bevor ich dazu Stellung nehmen kann, müßte ich wissen, wie Sie „unabhängig“ definieren. Ist das bei Ihnen viel[leicht] ein Grundbegriff? oder läßt er sich aus Ihren Grundbegr[iffen] ableiten? und wie? Den math[ematischen] Begriff der funktionellen Abhängigkeit wollen wir dabei als schon vorhanden annehmen (er läßt sich ja aus dem log[ischen] Begr[iff] der Implikation ableiten).

Ihnen und Ihrer FrauPKaufmann, Else, verh. mit Felix Kaufmann beste Grüße‚

Ihr
ksl.

Brief, msl. Dsl., 1 Seite, RC 028-25-15; Briefkopf: msl. Davos-Dorf, den 10. Nov. 1927  /  Pension Waldheim.


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