Rudolf Carnap an Moritz Schlick, 18. August 1927 August 1927

Lieber Schlick!

Vielen Dank für Deinen Brief, den ich noch in Wien erhielt. Ich bin nämlich erst am 16. hierher gekommen. Die Reise verschob sich etwas, und zuletzt habe ich dann noch auf Frau NeurathPNeurath, Olga, 1882–1937, geb. Hahn, auch Neuräthin und Peterl, öst. Philosophin und Mathematikerin, verh. mit Otto Neurath, Schwester von Hans Hahn und Louise Fraenkel-Hahn gewartet, die vorhatte, am 16. ganz allein nach M[ünchen]Ergänzung unsicher zu fahren, und die ich dann begleitet habe. Nun ist es so spät geworden, daß ich doch bis zum Ende dieses Monats hierbleiben möchte. Und dann hat mich meine SchwesterPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann, die bis zum 4. Sept. in Baden-Baden ist, eingeladen, ein paar Tage dorthin zu kommen. So scheint es mir nun, daß ich nicht mehr nach Millstatt kommen kann. Das tut mir sehr leid, denn Du schilderst es ja wirklich sehr verlockend. Vor allem freue ich mich aber, daß Du so gute Ruhe dort findest und Dich so gut erholst.

CassirerIBruno Cassirer Verlag hat abgelehnt. Bei diesem Zuschuß sei das Risiko doch noch viel zu groß und für ihn unmöglich. Jetzt habe ich gerade an BenaryPBenary, Wilhelm, 1888-1955, dt. Psychologe und Verleger geschrieben. Wenn das auch nicht glückt, scheint es mir am besten, es auf eigene Kosten aber unter dem Namen irgendeines bekannten Verlages erscheinen zu lassen. Unser Jenaer Haus ist verkauft, und im Okt. bekomme ich Geld; sodaß es mir dann möglich wäre. Oder soll ich vielleicht vorher doch mal bei De GruyterIde Gruyter Verlag anfragen, an den ich mich bisher noch nicht gewandt habe?

MenzerPMenzer, Paul, 1873-1960, dt. Philosoph hat mir die beiden AufsätzeB zurückgeschickt. Ich hatte aus seinem Schreiben den Eindruck, daß sie ihm nicht gefallen haben. Wenn wir nur unsre eigene Zeitschrift hätten, daß wir die sämtlichen alten philos[ophischen] ZS einfach an ihrer eigenen Unfruchtbarkeit allmählich ersticken lassen könnten! Wenn das SymposionISymposion, Philosophische Zeitschrift nicht mehr erscheint (ich hörte, daß jetzt Entscheidungen fallen sollen), 🕮 so überlege ich mir, ob ich nicht die beiden Aufsätze zu einer Broschüre vereinigen und als solche veröffentlichen soll. Was meinst Du dazu? Wenn ich das Geld dazu gebe, so könnte es doch wenigstens bald erscheinen. Vielleicht würde es so sogar noch mehr beachtet, als wenn die Aufsätze in irgendeiner Zeitschrift versteckt sind.

MauePGramm, Dorothea, 1896–1975, geb. Stadler, genannt Maue, verh. mit Josef Gramm und ihrem KindPGramm, Birgit, 1927–2019, auch Gittli, Tochter von Dorothea Gramm und Rudolf Carnap geht es sehr gut. Sie hat sich sehr über Deinen Brief gefreut und läßt herzlich grüßen.

Meine FamiliePCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf CarnapPCarnap, Annemarie Hedwig, 1918–2007, auch Töchterle, Tochter von Rudolf und Elisabeth CarnapPCarnap, Eline Dorothea, *1926, verh. Angermann, auch Lini, Graphologin, Tochter von Elisabeth Carnap und Broder ChristiansenPCarnap, Hanneliese, 1920–2016, Tochter von Rudolf und Elisabeth CarnapPCarnap, Johannes, 1922–2012, auch Brüderle, Pfarrer, Sohn von Rudolf und Elisabeth Carnap kommt am 24. Sept. in Rotterdam an; ich will sie dort abholen. Sept. u. Okt. werde ich meist in Buchenbach sein.

Mit herzlichem Gruß und besten Wünschen für weitere schöne Sommerwochen, grüße bitte auch Deine FrauPSchlick, Blanche Guy, 1881–1964, geb. Hardy, verh. mit Moritz Schlick, AlbertPSchlick, Albert, 1909–1999, Elektroingenieur, Sohn von Moritz Schlick und BarbaraPSchlick, Barbara, 1914–1988, verh. van de Velde, Tochter von Moritz Schlick

Dein
R. Carnap

Brief, msl., 2 Seiten, MS 95/Carn-17 (Dsl. RC 029-32-02); Briefkopf: msl. München, den 18. Aug. 1927  /  bei Dr. Roh. Helmtrudenstr. 9.


Processed with \(\mathsf{valep\TeX}\), Version 0.1, May 2024.