\brief{Walter Dubislav an Rudolf Carnap, 10. Februar 1927}{Februar 1927} %Dr. Dubislav Berlin-Friedenau Gosslertsr.6. 10.2.1927. \anrede{Lieber Herr Carnap!} \haupttext{Ihre Mitteilung vom 8.\,2. habe ich erhalten und sende heute das MS\IC{\konstitutionstheorie} an Sie ab. -- Einen Brief vom 21.\,1. habe ich nicht erhalten. Mir geht es leider gesundheitlich nicht nach Wunsch: Ich habe zu allem noch Grippe bekommen und leide an den Nachwirkungen. Ihre im Entstehen begriffene oder schon fertige Abhandlung über die impliziten Definitionen würde mich sehr interessieren, um so mehr als ich mit einer Arbeit über die Definitionen (Pseudodefinitionen) beschäftigt bin, welche man ,,schöpferische Definitionen`` nennt. Bei der Analyse dieser Pseudodefinitionen behandele ich auch die impliziten Definitionen, soweit das erforderlich ist. Ich bin da u.\,a. zu folgenden Resultaten gelangt: Versteht man unter einer impliziten Definition eines Zeichens $x$ mit Gergonne\IN{\gergonne} die Angabe eines Symbolkomplexes, dessen Bedeutung als eine Bestimmungsgleichung der unbekannten Bedeutung von $x$ aufgefaßt werden kann, so sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1. $x$ ist in bezug auf das betreffende Bezugssystem ein vollständiges Zeichen; 2. $x$ ist in bezug auf das betreffende Bezugssystem ein unvollständiges Zeichen. Liegt Fall (1) vor, so muß die betreffende implizite Definition mindestens mit einem Existentialbeweis versehen werden, um völlig statthaft zu sein, was schon Frege\IN{\frege} wußte. Liegt Fall (2) vor, so ist die betreffende implizite Definition jedenfalls dann zulässig, wenn sie in eine Gleichung ausartet, die als eine Vorschrift aufgefaßt werden kann, welche einem gestattet, von jeder in bezug auf das betreffende Bezugssystem (an sich) sinnvollen Formulierung in der $x$ vorkommt, \neueseite{} eindeutig überzugehen zu einer äquivalenten, $x$ nicht mehr enthaltenden Formulierung, die als bekannt zu betrachten ist. Vgl. Seite\,51\,ff. der zweiten Aufl. meiner Studie ,,Über die Definition``\IW{}, die ich Ihnen mit gleicher Post sende. Auf die interessanten Beziehungen dieser Resultate zu den Nachweisen (nicht etwa Beweisen) der \sout{relativen} absoluten Widerspruchslosigkeit von Axiomensystemen wie deren Vollständigkeit im Veblen'schen\IN{\veblen} Sinne, den auch Weyl\IN{\weyl} akzeptiert hat, ohne Veblen\IN{\veblen} zu erwähnen, möchte [ich] hier aus Raumgründen nur hinweisen. Sobald ich die Abhandlung in Maschinenschrift habe, sende ich Ihnen ein Exemplar. Mit den besten Grüßen} \grussformel{Ihr\\ Walter Dubislav} \briefanhang{\original{N.B. Vielleicht interessiert Sie in der neuen Bearbeitung meiner ,,Definition`` die Erörterung über das ,,Schlußspiel`` S.\,40\,ff. wie die im Hinblick auf die geplante Abhandlung kurze Abschnitt über die ,,schöpferischen Def.`` S.\,60/61.}}\fnA{Hsl.} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/869935}{RC 028-13-04}; Briefkopf: msl. \original{Dr. Dubislav Berlin-Friedenau Gosslertsr. 6. 10.\,2. 1927.}.}