\brief{Moritz Schlick an Rudolf Carnap, 25. Dezember 1925}{Dezember 1925} %Wien IV, 25. Dez. 1925. %Prinz-Eugen-Str. 68 \anrede{Lieber Herr Carnap,} \haupttext{besten Dank für Ihre Sendung des Inhalts- und Literaturverzeichnisses. Ihre Angelegenheit ist jetzt gut in Gang gebracht, die Kommission\II{} ist meinen Wünschen entsprechend zusammengesetzt: außer den vier Ordinarien der Philosophie\IN{\reininger}\IN{\buehlerkarl}\IN{\schlick}\IN{\gomperz} der Pädagoge Meister\IN{\meister}, der Ästhetiker Reich\IN{\reichemil}, der Physiker Thirring\IN{\thirring}, ferner natürlich Hahn\IN{\hahnhans}, und schließlich der Historiker Srbik\IN{\sarbik}. Ihre Akten befinden sich gegenwärtig in Reiningers\IN{\reininger} Händen, der sie sicherlich während der Ferien behalten wird. Nach Neujahr werde ich die Zirkulation dadurch zu beschleunigen suchen, daß ich den jeweiligen Besitzer der Akten zu schneller Erledigung mahne. Bisher habe ich selbst wegen der ungeheuren Anhäufung von Beschäftigungen vor Weihnachten nur wenig in dem Manuskript\IC{\konstitutionstheorie} lesen können. Aber sobald ich einmal ordentlich daran komme, verschlinge ich den Inhalt wegen des fieberhaften Interesses am Stoffe wie einen Roman, und so werde ich mit der Lektüre in kürzester Zeit fertig sein. Hoffentlich kommt dann bald der zweite Teil -- -- Sie senden ihn mir doch sofort nach Fertigstellung? Auf Ihren in Aussicht gestellten Besuch in Wien freue ich mich sehr. Das Wintersemester dauert länger als Sie annehmen, nämlich ungefähr bis 10. oder 12.\,März. Sie haben also noch viel Zeit. Was den Verlag Ihres Buches\IC{\konstitutionstheorie} betrifft, so möchte ich Ihnen doch gerade Springer\II{\springerverlag} empfehlen, weil ich so gute Erfahrungen mit ihm gemacht \neueseite{} habe. Manuskripte sind jetzt im allgemeinen sehr schwer unterzubringen, weil die Verleger äußerst zurückhaltend sind. Sie haben Angst vor jedem Risiko und interessieren sich viel mehr für die Absatzmöglichkeiten als den inneren Wert ihrer Werke. Nach meinen Informationen bin ich sicher, daß Leute wie Barth\IN{\barth} oder Meiner\IN{\meinerfelix} sich nur unter ungünstigen Bedingungen zum Verlegen Ihres umfangreichen Buches bereit erklären würden. Springer\II{\springerverlag} ist sehr viel großzügiger und zahlt auch Anfänger. Daß er vom Autor einen Zuschuß verlangte, wie jene es häufig tun, kommt überhaupt nicht vor. Daß ein Buch in einem rein philosophischen Verlage bessere Verbreitungsmöglichkeiten hätte als bei Springer\II{\springerverlag}, scheint durch die Erfahrung widerlegt zu werden: siehe den schnellen Absatz der ,,Psychologie der Weltanschauungen``\IW{} von Jaspers\IN{\jaspers}\fnE{K. Jaspers: Psychologie der Weltanschauungen. -- Berlin, 1919.} und meiner Erkenntnislehre\IW{\schlickerkenntnislehre}. Springer\II{\springerverlag} entfaltet im Gegenteil eine so umfangreiche Propaganda, (z.\,B. auch in den philosophischen Zeitschriften), daß mir Ihr Bedenken ganz unbegründet erscheint. In den nächsten Tagen fahre ich mit meinen beiden Kindern\IN{\schlickalbert} \IN{\schlickbarbara} nach Kitzbühel zum Skilaufen und werde etwa am 7. wieder in Wien sein. Morgen erwarte ich Philipp Frank\IN{\frankphilipp} aus Prag und Pauli jun.\IN{\pauliwolfgang} aus Hamburg bei mir zum Tee. Ich wünsche Ihnen schönen Winter und ein glückliches neues Jahr und bleibe mit herzlichen Grüßen} \grussformel{Ihr\\ M. Schlick} \blockade{Ksl. Absatz} \ebericht{Brief, msl., 2 Seiten, \href{https://doi.org/10.48666/870739}{RC 029-32-30}; Briefkopf: msl. \original{Wien IV, 25.\,Dez. 1925. Prinz-Eugen-Str. 68}.}